Innenminister Gerhard Karner bei der ORF Pressestunde
ORF
WhatsApp & Co. im Visier

Karner will mehr Befugnisse für Polizei

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat angesichts der erhöhten Terrorgefahr einmal mehr für eine Ausweitung der Befugnisse für den Sicherheitsapparat geworben. In der ORF-„Pressestunde“ am Sonntag sprach er sich dafür aus, die Observierung von Messenger-Diensten zu ermöglichen. Das Verhalten der Polizei bei einem Vorfall am Stadttempel und einer verbotenen propalästinensischen Demo in Wien verteidigte Karner.

Österreich sei das einzige Land in der EU, in dem man nicht einmal überwachen dürfe, ob zwei Personen eine WhatsApp-Nachricht ausgetauscht haben, unabhängig von den Inhalten, so der Innenminister, der eine Gesetzesänderung forderte. Es gebe intensive Gespräche mit dem Justizministerium von Alma Zadic (Grüne). Man werde darum ringen, das noch umzusetzen – es stehe ja auch im Regierungsprogramm.

Karner veranschaulichte das Problem anhand eines Beispiels: Wenn zwei Attentäter miteinander via Telefon oder SMS kommunizierten, könne die Polizei das nach entsprechenden Genehmigungen überwachen. Steigen die beiden jedoch auf WhatsApp oder Telegram um, fällt diese Möglichkeit weg: „Dann sind wir auf diesem Auge völlig blind.“ Manchmal habe er den Eindruck, dass das Schützen von Daten wichtiger sei als das Schützen von Menschen.

ORF-„Pressestunde“ mit Innenminister Karner

Innenminister mit Gerhard Karner (ÖVP) stellt sich den Fragen von Doris Vettermann von der „Kronen Zeitung“ und des Innenressortchefs des ORF, Hans Bürger.

„Kein Platz dafür in Österreich“

Die Situation in Israel habe natürlich auch Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Europa, sagte Karner. „Die Situation in Österreich ist sensibel und herausfordernd.“ Nach den Terroranschlägen in Frankreich und Belgien erhöhte Österreich auch deshalb die Terrorwarnstufe auf Stufe zwei.

Die Erhöhung der Warnstufe verhinderte aber nicht, dass in der Nacht auf Samstag Jugendliche die Fahne Israels vom Wiener Stadttempel herunterrissen. Ein Mädchen, das daneben stand, schrie „pui-pui-pui“ und imitierte Schüsse mit einem Maschinengewehr – Richtung Stadttempel.

Karner, der den Vorfall „aufs Schärfste“ verurteilte, zeigte sich in der ORF-„Pressestunde“ überzeugt, die Täter ausforschen zu können: „Wir werden die Täter dingfest machen.“ Das dürfe in Österreich keinen Platz haben, so Karner. Zugleich verteidigte er das Verhalten der Exekutive, die bisher sichtbar nur zu den Öffnungszeiten der Synagoge präsent war.

Minister verteidigt Polizei

Die Landespolizei Wien stehe in enger Absprache mit der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien. Man evaluiere die Sicherheitsvorkehrungen ständig. „Uns war bewusst, der Polizei in Wien und dem Staatsschutz, dass unmittelbar nach dem Terrorangriff am 7. Oktober die Gefahr für die jüdische Gemeinde besonders groß ist.“ Deshalb habe man die sichtbare und verdeckte Präsenz erhöht.

„Faktum ist: In solchen sensiblen Zeiten ist es notwendig, klar und konsequent vorzugehen“, sagte der Innenminister. Vorrang sei aber zunächst der Schutz von Menschen u. a. vor jüdischen Schulen, Geschäften und Sporteinrichtungen gewesen. Der Objektschutz für den Wiener Stadttempel wurde unterdessen auf rund um die Uhr ausgeweitet, wie es in einer Aussendung der Wiener Polizei am Sonntag hieß.

Auf die Kritik am Vorgehen der Polizei bei einer in Wien untersagten Pro-Palästina-Demo vor eineinhalb Wochen antwortete Karner, entscheidend sei, dass es keine Verletzten gegeben habe. In Berlin habe es vor drei Tagen bei einer untersagten Kundgebung über 60 verletzte Polizisten gegeben. „Das sind Bilder, die wir in Österreich nicht haben wollen, dass der Terror der Hamas auf die österreichischen Straßen und Gassen getragen wird.“

Kickl „Hassprediger“ und „Sicherheitsrisiko“

Einmal mehr abgelehnt wurde von Karner eine Regierung unter FPÖ-Obmann Herbert Kickl: „Dieser Mensch will bewusst Hass säen, manche sagen dazu auch Hassprediger. Mit so einem Menschen will ich nicht zusammenarbeiten“, sagte der Innenminister. „Dieser Mensch ist ein Sicherheitsrisiko.“ Kickl habe als Innenminister den Staatsschutz zerschlagen, Österreich habe danach keine internationalen Kontakte mehr gehabt.

Nein zu Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens

Weiter ablehnend steht der Innenminister einem Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens gegenüber. Derzeit gebe es so viele Kontrollen zwischen Ländern wie noch nie: „Schengen ist völlig kaputt.“ In dieser Situation darüber zu diskutieren, an anderen Grenzen die Kontrollen fallen zu lassen, hielte er für „völlig falsch“.

FPÖ ortet „Totalversagen“ in Asylpolitik

Nicht zuletzt auch die Sympathiekundgebungen für islamistische Terrorangriffe und die gestiegene islamistische Terrorgefahr würden einen sofortigen Asylstopp notwendig machen, forderte FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer. Karner solle „seine ‚Tür-auf-Politik‘ endlich stoppen, anstatt über neue und noch mehr Überwachungsmaßnahmen zu sinnieren“. Die Frage, ob Karner in einer FPÖ-geführten Regierung zu einer Zusammenarbeit mit einem Kanzler Kickl bereit sei, werde sich gar nicht stellen, so Amesbauer, der ein „Totalversagen in der Asyl- und Migrationspolitik“ Karners ortet.

NEOS fordert „lückenlose Aufklärung“

„Wie kann es sein, dass trotz erhöhter Terrorwarnstufe, verstärktem Objektschutz und Krisenkabinett die Sicherheit der jüdischen Gemeinde nicht gewährleistet ist? Wie kann es sein, dass nach dem antisemitischen Angriff am Wochenende in Wien, bei dem die Fahne Israels vom Stadttempel gerissen wurde, der zuständige Innenminister keine Worte der Entschuldigung findet?“ fragte NEOS-Sprecherin Stephanie Krisper, die „rasche und lückenlose Aufklärung und Konsequenzen“ forderte und eine parlamentarische Anfrage ankündigte. „Ein derartiger Fehler darf nicht ohne Konsequenzen bleiben.“