Menschen verschiedener Hautfarbe in einer Wiener U-Bahn
Getty Images/Urbazon
EU-Studie

Rassismus in Österreich stark gestiegen

Rassismus gegen Schwarze hat in Österreich erheblich zugenommen. In einer am Mittwoch präsentierten Studie der EU-Grundrechteagentur (FRA) liegt Österreich gemeinsam mit Deutschland an der negativen Spitze. Große Diskriminierung wird bei der Arbeitssuche, beim Wohnen und im Gesundheitsbereich wahrgenommen. Für FRA-Direktor Michael O’Flaherty ist dieser Trend „schockierend“.

Denn das Problem sei deutlich größer geworden. In einer Studie im Jahr 2016 gaben 51 Prozent der Befragten mit afrikanischer Herkunft an, wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert worden zu sein. Bei der aktuellen Studie „Being Black in the EU“, die in 13 EU-Ländern durchgeführt wurde, gaben von den in Österreich Befragten 72 Prozent an, benachteiligt worden zu sein.

Als Gründe für Diskriminierung wurden vor allem die Hautfarbe und der Migrationshintergrund genannt. Zu einem geringeren Prozentsatz wurden auch Religion – etwa das Tragen religiöser Kleidung –, Alter und Geschlecht angegeben. Manche Befragten gaben auch mehrere Gründe für Diskriminierungserfahrungen an.

Auch Deutschland stach mit 76 Prozent negativ hervor. Im Durchschnitt aller 13 Länder hatten 45 Prozent der Befragten von Diskriminierungserfahrungen berichtet, die geringsten Werte wiesen Polen (20 Prozent), Schweden (25 Prozent) und Portugal (26 Prozent) auf. Auch im Durchschnitt der untersuchten Länder nahmen die Rassismuserfahrungen zu. Bei der Studie 2016 war der durchschnittliche Anteil noch bei 39 Prozent gelegen.

Schwarze Schüler betroffen

Im Durchschnitt der Länder berichteten 38 Prozent der befragten Männer und 13 Prozent der befragten Frauen von Anhaltungen durch die Polizei in den vergangenen fünf Jahren, knapp ein Viertel von ihnen gab an, von der Polizei „sehr respektvoll“ behandelt worden zu sein. In Österreich ist das Thema noch virulenter. Es führt die Länderliste bei möglicher Polizeidiskriminierung an. Mehr als die Hälfte der befragten Männer und 24 Prozent der befragten Frauen gaben an, von der Polizei angehalten worden zu sein.

Demonstration #BLACKLIVESMATTERVIENNA gegen Polizeigewalt am Freitag, 05. Juni 2020, vor der US-Botschaft in Wien.
APA/Hans Punz
Demonstration gegen Polizeigewalt vor der US-Botschaft in Wien im Juni 2020

Im vorderen Feld liegt Österreich bei rassistisch motivierten Übergriffen. 46 Prozent der Befragten erlebten Belästigungen, in Deutschland waren es mit 54 Prozent noch mehr. Sechs Prozent der Befragten in Österreich berichteten von persönlichen Gewalterfahrungen, was ebenfalls überdurchschnittlich ist. Den höchsten Wert zeigte in dieser Kategorie Finnland mit elf Prozent.

In österreichischen Schulen sind der Umfrage zufolge 37 Prozent der schwarzen Schülerinnen und Schüler mit rassistischen Beleidigungen oder Drohungen konfrontiert. Dieser Wert wird nur von Irland, Finnland und Deutschland knapp übertroffen, während der Durchschnitt bei 23 Prozent liegt.

Rassismus von der Arbeits- bis zur Wohnungssuche

Der in Österreich verbreitete Rassismus zeigt sich besonders drastisch in vielen Bereichen des Alltags – von der Arbeits- und Wohnungssuche bis zum Bildungs- und Gesundheitsbereich. Nirgends fühlen sich Schwarze so stark bei der Arbeitssuche diskriminiert wie in Österreich (59 Prozent). Im Durchschnitt der Befragungen in den 13 EU-Ländern waren damit 34 Prozent der Befragten konfrontiert. Auch im Gesundheitsbereich fühlen sich in Österreich mehr als dreimal so viele Befragte (36 Prozent) diskriminiert wie im internationalen Schnitt (elf Prozent).

Es müsse sichergestellt werden, „dass auch Menschen afrikanischer Herkunft ihre Rechte wahrnehmen können – ohne Rassismus und Diskriminierung“, sagte FRA-Direktor O’Flaherty. Er forderte die EU-Staaten unter anderem auf, genauere Daten zu rassistischen Vorfällen zu sammeln und rassistisch motivierte Straftaten härter zu bestrafen. Laut FRA ist rassistische Diskriminierung kaum sichtbar, denn nur neun Prozent der Betroffenen melden sie.

Der FPÖ-EU-Abgeordnete Harald Vilimsky kritisierte die FRA, dass sie Österreich Rassismus unterstelle, und forderte die Auflösung der Agentur. Der Vorwurf sei eine „Sauerei und durch nichts Substanzielles begründbar“.