Bundespräsident Van der Bellen bei Rede
APA/Bundesheer/Peter Lechner
Van der Bellen am Nationalfeiertag

Appell an Gemeinschaftlichkeit

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich in seiner traditionellen Ansprache am Nationalfeiertag gegen Spaltung ausgesprochen und die Bedeutung von Frieden angesichts der kriegerischen Handlungen in der Ukraine und dem Nahen Osten betont. Deutliche Worte fand er gegen Antisemitismus und Hass. Die Politik rief er dazu auf, auf Populismus in der angespannten Zeit zu verzichten. Der Bevölkerung wünschte er „Unterscheidungskraft“.

Van der Bellen begann seine TV-Ansprache auch heuer mit den Worten: „Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle, die in Österreich leben. Ich wünsche Ihnen einen schönen Nationalfeiertag.“

Vor 68 Jahren habe der österreichische Nationalrat die immerwährende Neutralität beschlossen. „Und heute vor 68 Jahren war der erste Tag, an dem nach Ende des Zweiten Weltkrieges keine fremden Truppen mehr auf unserem Hoheitsgebiet stehen durften. Ein großer Tag, ein wichtiger Tag für unser Land und alle, die hier leben.“

Am 26. Oktober feiere man „unsere Heimat. Wir feiern Österreich als selbstbestimmtes, durch repräsentative Demokratie von seinem Volk regiertes Land im Herzen Europas“. Österreich sei ein freies, wirtschaftlich starkes Land, in dem die Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern sowie Menschenrechte ein hohes Gut seien. „Wir feiern, dass wir ein friedvolles, friedliebendes Land sind“, so Van der Bellen.

„Können für Frieden nicht dankbar genug sein“

„Meine Damen und Herren, wir können für diesen Frieden nicht dankbar genug sein. Denn wir leben in einer Welt, in der dieser Friede alles andere als selbstverständlich ist“, erinnerte Van der Bellen an den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die Attacke der Terrororganisation Hamas auf Israel.

„Der terroristische Angriff der Hamas auf Israel ist schrecklich und verachtenswert. Die kalte, berechnende und systematische Art, wie gegen Kinder, Mütter, Väter gezielt vorgegangen wurde, wie sie gequält und getötet wurden ohne jedes Mitgefühl, das erinnert in ihrer tiefen, hoffnungslosen Dunkelheit an die schwärzesten Zeiten unserer Geschichte.“

„Es ist unsere immerwährende Verantwortung, gerade auch angesichts der schrecklichen, barbarischen Taten, die auf unserem Boden an jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern verübt wurden, strikt und entschieden und aus tiefstem Herzen gegen jede Form von Antisemitismus aufzutreten“, so der Bundespräsident.

Rede des Bundespräsidenten

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hält seine traditionelle Rede am Nationalfeiertag.

Kein Platz für Antisemitismus

„Antisemitismus hat hier keinen Platz. Hass hat hier keinen Platz.“ Die Folgen des Hamas-Terrors „trugen und tragen zum überwiegenden Teil Zivilisten auf beiden Seiten“, so Van der Bellen. „Am Ende sind es die Unschuldigen, unbeteiligte Kinder, Frauen, Männer, Familien, jene, die sich am wenigsten wehren können, die es am schrecklichsten trifft. Das ist die unerbittliche Logik von Hass, Aggression, Terror und Krieg.“

Wenn man täglich mit immer neuen schlimmen Nachrichten konfrontiert sei, „die einen mit dem Gefühl zurücklassen, eh nichts ändern zu können, dann gerät man in Gefahr, abzustumpfen“, so Van der Bellen. Er bitte die Bevölkerung dennoch: „Verlieren Sie trotz allem das Wesentliche nie ganz aus den Augen. Es darf uns niemals egal sein, wohin sich unser Land und unsere Welt bewegen.“

Vertrauen in Qualitätsmedien

Allen Bürgerinnen und Bürgern wünscht der Bundespräsident „Unterscheidungskraft. Zu erkennen, welche Nachrichten nur gemacht wurden, um Klicks zu generieren, Aufmerksamkeit zu binden und so zu einer Überreizung und Abstumpfung beitragen“, so Van der Bellen. „Vertrauen Sie dabei auf die zahlreichen Journalistinnen und Journalisten, die ernsthaft und mit glaubwürdigen Quellen recherchieren“, so der Bundespräsident.

Zudem sei es Verantwortung der Politikerinnen und Politiker, „dass wir nicht aus Gründen der Stimmenmaximierung in vermeintlich simple Erklärungsmodelle fallen, die unsere Gesellschaft am Ende auseinandertreiben“, so das Staatsoberhaupt. „Populismus löst unsere Probleme nicht.“

Politiker dürften sich nicht in „Nebenschauplätzen und Scheindiskussionen“ verlieren. „Konzentrieren Sie sich auf Ihre wesentlichen Aufgaben und die Lösung von konkreten Problemen und verzichten Sie auf Vernebelung und Ablenkung“, forderte Van der Bellen von Politikern explizit aller Parteien.

„Land und einander wertschätzen“

In dunklen und verwirrenden Zeiten dürfe man nicht vergessen, dass es „immer noch Licht gibt: uns selber“, meinte Van der Bellen. „Wir gehören zusammen und wir sollten füreinander da sein. Trotz all der Meinungsverschiedenheiten, die es geben mag: Österreich ist unser aller Heimat.“

Das Österreich, an das er glaube, sei „mitfühlend, hilfsbereit, intelligent, vorausschauend, liberal, gastfreundlich, gesellig, frei und friedliebend“, erklärte Van der Bellen. „Lassen Sie uns dieses Land und einander wertschätzen.“