Paul McCartney, George Harrison, Ringo Starr und John Lennon, 1967
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„Now and Then“

„Letzter“ Song der Beatles erscheint

Die Beatles bringen einen „letzten“ Song heraus: Basierend auf einer Demoaufnahme von John Lennon aus den 1970er Jahren haben Paul McCartney und Ringo Starr den Track mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) fertiggestellt. Auch George Harrison wird zu hören sein. „Now and Then“ erscheint am 2. November.

In einem Interview mit der BBC hatte McCartney im Sommer ein „letztes neues“ Lied der Beatles angekündigt. Am Donnerstag wurde offiziell bekanntgegeben, dass „Now and Then“ nun bald erscheint.

Basierend auf einer Demoaufnahme von Lennon, dessen Stimme dank modernster KI-Technik von sämtlichen Nebengeräuschen befreit worden ist, stellten McCartney und Starr den Track fertig. Elektrische und akustische Gitarren von Harrison stammen von 1995.

Lied auf umschlungenen Wegen

Die Geschichte von „Now and Then“ beginnt in den späten 1970er Jahren, als Lennon im New Yorker Dakota Building eine Demoaufnahme mit Gesang und Klavier einspielt. 1994 übergab seine Frau Yoko Ono die Aufnahme Paul, George und Ringo – zusammen mit Lennons Demos für „Free as a Bird“ und „Real Love“. Die letzten zwei Songs wurden für das Projekt „Anthology“ fertiggestellt und als „neue“ Beatles-Songs veröffentlicht.

Das Trio arbeitete mit dem Produzenten Jeff Lynne an einem Rohmix für „Now and Then“. Allerdings war es zu diesem Zeitpunkt aufgrund technischer Einschränkungen nicht möglich, Lennons Gesang und Klavier zu trennen – das Lieb blieb daher im Archiv.

Peter Jacksons Magie

Hier kam nun Peter Jackson ins Spiel. Für die Dokumentation „The Beatles: Get Back“ konnten der Neuseeländer und sein Team mit Hilfe der MAL-Audiotechnologie von WingNut Films Monoaufnahmen entmischen und Instrumente, Gesang und alle einzelnen Stimmen in Gesprächen der Beatles isolieren. Das ebnete 2022 den Weg für einen Mix des „Revolver“-Albums aus 1966, der direkt von den vierspurigen Masterbändern stammt.

Damit stellte sich auch die Frage: Was könnte nun mit dem „Now and Then“-Demo gemacht werden? Dem Team gelang es tatsächlich, Lennons Stimme zufriedenstellend zu isolieren.

McCartney: „Echte Beatles-Aufnahme“

„Da war sie, Johns Stimme, kristallklar“, wird McCartney in einer Aussendung zitiert. „Es ist ziemlich emotional. Und wir alle spielen darauf, es ist eine echte Beatles-Aufnahme.“ Starr ergänzt: „Noch dichter an das Gefühl, ihn (Lennon, Anm.) wieder bei uns im Raum zu haben, werden wir niemals kommen.“

2022 machten sich McCartney und Starr schließlich daran, das Lied zu vollenden. Den Lead-Gesang auf „Now and Then“ teilen sich Lennon und McCartney. Die Gitarrenparts von Harrison stammen vom damals gescheiterten Versuch, den Song für die „Anthology“-Reihe fertigzustellen. Starr und McCartney spielten Schlagzeug und Bass neu ein, McCartney fügte „ein von George inspiriertes Slide-Gitarrensolo hinzu“, wie es in der Aussendung heißt.

In den Capitol Studios in Los Angeles wurden Streicher aufgenommen. Produzent Giles Martin und McCartney verwendeten außerdem Original-Background-Gesangsspuren von „Here, There and Everywhere“, „Eleanor Rigby“ und „Because“ und ließen sie in „Now and Then“ einfließen.

Angehörige gerührt

Harrisons Witwe Olivia Harrison gab dem Projekt ihren Segen: „Nachdem George damals, im Jahr 1995, tagelang im Studio an diesem Song gearbeitet hatte, war er schließlich zu der Überzeugung gelangt, dass die technischen Probleme, die mit dieser Demoaufnahme verbunden waren, einfach unüberwindbar bleiben würden. Er hielt es für unmöglich, diesen Song so fertigzustellen, dass er den klanglichen Standards entspricht. Wenn er heute noch unter uns wäre, hätte er Paul und Ringo mit aller Kraft unterstützt, ‚Now and Then‘ fertigzustellen.“

Lennons Sohn Sean zeigte sich bewegt: „Es ist der letzte Song, den mein Dad und Paul und George und Ringo zusammen machen konnten. Er funktioniert wie eine Zeitkapsel. Und man hat das Gefühl, dass alles einfach so kommen musste.“

Neuauflagen von Rotem und Blauem Album

Die Single kommt digital und auf Vinyl in den Handel. Am 10. November folgen um insgesamt 21 Songs erweiterte Neuauflagen der Werkschauen „1962–1966“ („The Red Album“) und „1967–1970“ („The Blue Album“) von 1973, die für viele der Einstieg in die Welt der Beatles sind. Auf beiden Alben (CD und Vinyl) zusammen sind nun 75 Titel vertreten – von der ersten Single „Love Me Do“ bis zum finalen „Now and Then“.

Martin und Sam Okell haben die Songs in den Abbey Road Studios neu gemixt. Der Journalist und Autor John Harris steuerte neue Essays bei.