Bauarbeiter auf einer Baustelle
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Umsatzrückgang

Weiter Abwärtstrend in Industrie und Bau

In der Industrie und im Baugewerbe hält der Abwärtstrend an. Die Umsätze sanken im September verglichen zum Vorjahresmonat um 16,5 Prozent, wie die am Freitag veröffentlichten Frühschätzungen der Statistik Austria zeigen. Es ist der siebente monatliche Rückgang in Folge. Ein anderer Index deutet unterdessen darauf hin, dass sich die wirtschaftliche Lage wieder leicht bessern könnte.

„Die österreichische Konjunktur hat sich im September 2023 weiter deutlich eingetrübt“, so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas in einer Aussendung. Der Umsatz des Produzierenden Bereichs sei im Vergleich zum Vorjahresmonat bereits zum siebenten Mal in Folge zurückgegangen, erklärte Thomas.

Besonders kräftig fiel der Umsatzrückgang laut Statistik-Austria-Frühschätzung in der Industrie aus: Hier beträgt das Minus im Vergleich zum Vorjahr fast ein Fünftel (18,4 Prozent). Der Baubereich entwickelte sich mit einem Minus von 4,1 Prozent ebenfalls negativ.

Weniger geleistete Arbeitsstunden

Das Arbeitsvolumen ging sowohl in der Industrie als auch auf dem Bau zurück. Während der Beschäftigtenindex leicht stieg, schrumpfte der Index der geleisteten Arbeitsstunden um 2,5 Prozent.

Ein Mann sitzt in einer Produktionshalle an einem Computer
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Die Industrie verzeichnet weiter Umsatzrückgänge – eine sanfte Besserung der Lage deutet sich jedoch an

Das Transportaufkommen österreichischer Firmen im Gütertransport auf der Straße lag laut Frühschätzung im dritten Quartal bei 97,9 Millionen Tonnen – im Vergleichszeitraum 2022 waren es noch 102,3 Millionen Tonnen.

„Milde Rezession“

Die Zahlen der Frühschätzungen passen in das große Bild. Die Wirtschaftsforschungsinstitute WIFO und IHS (Institut für Höhere Studien) erwarten für heuer eine „milde Rezession“. Für 2023 wird ein Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,8 bzw. 0,4 Prozent erwartet, bei der Sommerprognose war noch ein Wirtschaftswachstum von 0,3 bzw. 0,5 Prozent prognostiziert worden. Kommendes Jahr soll es einen leichten Aufschwung geben.

„Konjunkturell ist das Jahr 2023 zum Vergessen“, sagte WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr bei der Präsentation der Konjunkturprognose Anfang Oktober. „Die gute Nachricht ist, dass die Rezession in ihren letzten Zügen liegt.“ Die Frühindikatoren würden „zaghaft auf eine Trendumkehr“ hinweisen, so Felbermayr. Für IHS-Chef Holger Bonin hat Österreichs Wirtschaft „das Schlimmste schon hinter sich“. Im nächsten Jahr gehe „es schon wieder konjunkturell aufwärts“.

Ökonom: „Talsohle bei Industriekonjunktur erreicht“

Leicht positive Signale lassen sich aus einer anderen Aufstellung herauslesen. Der Einkaufsmanagerindex der UniCredit Bank Austria stieg im Oktober leicht auf 41,7 Punkte – der beste Wert seit einem halben Jahr. Damit liegt der Index aber nach wie vor unter dem Schwellenwert von 50 Punkten, der auf ein Wachstum hinweist.

Lkw auf Schnellstraße
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Ein Minus gab es auch im Gütertransport auf den Straßen

Der Rückgang des Neugeschäfts hat sich verlangsamt, daher haben auch die heimischen Betriebe die Produktion geringer reduziert als im Monat zuvor. Der Kostenrückgang dürfte sich laut dem Einkaufsmanagerindex im Oktober zwar verlangsamt haben, aber die durchschnittliche Ertragslage scheint sich verbessert zu haben – trotz leicht niedrigerer Verkaufspreise. Allerdings gab es in der Industrie einen Beschäftigungsabbau.

Gab es in den vergangenen Monaten einen deutlichen Rückgang bei den Einkäufen, so zeichnet sich hier eine Besserung ab. „Die Industrie in Österreich befindet sich weiterhin in einer Rezession“, sagte UniCredit-Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer: „Aber die Talsohle der Industriekonjunktur dürfte erreicht worden sein, denn die negativen Trends verlangsamten sich. Zudem dürfte der markante Lagerabbau der vergangenen Monate langsam enden und der Lagerzyklus somit drehen.“

Schwierige Gespräche über Metaller-KV

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld wirft einen Schatten auf die Kollektivvertragsverhandlungen in der Metalltechnischen Industrie und der Metallindustrie. Nach dem Scheitern der Gespräche in der dritten Runde setzte die Gewerkschaft österreichweit Betriebsversammlungen an.

Die Gewerkschaften fordern für die Beschäftigten 11,6 Prozent mehr Lohn, das Angebot der Arbeitgeber liegt bei 2,5 Prozent und einer Einmalzahlung von 1.050 Euro. Zusammen mit den Antiteuerungsmaßnahmen der Regierung würde dadurch die Inflation abgedeckt, argumentiert die Arbeitgeberseite. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 2. November statt. Bleibt sie ohne Einigung, könnte es ab 6. November Maßnahmen der Gewerkschaft geben.

Ruf nach Unterstützung für schwachen Bausektor

Wenig optimistisch zeigt man sich in der Bauwirtschaft. „Im heurigen Jahr werden voraussichtlich um 28 Prozent weniger Wohneinheiten bewilligt als im Jahr davor“, teilte das Marktforschungsinstitut Branchenradar mit. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern wird ein Rückgang um 35 Prozent prognostiziert, bei Objekten mit mehreren Wohneinheiten sinkt das Bewilligungsvolumen laut Branchenradar um 24 Prozent. Als Ursachen werden die Restriktionen bei der Finanzierung, insbesondere aber die anhaltend hohen Baupreise ausgemacht.

Was die Finanzierung betrifft, gab es in den vergangenen Monaten heftige Debatten über die verschärften Kriterien für Wohnkredite. Zuletzt regte WIFO-Direktor Felbermayr an, die Bestimmungen der
Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-Verordnung) zu überdenken.

Lockerung bei Kreditvergabe gefordert

Diese Flaute am Bau könnte länger andauern, sagt der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO, Gabriel Felbermayr. Er sagt, über die strengen Kreditregeln sollte noch einmal nachgedacht werden.

So könne man etwa überlegen, ob man anstatt der monatlichen Tilgungsrate von derzeit höchstens 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens absolute Euro-Beträge heranzieht. Das wäre ein Ansatz, um den schwächelnden Bausektor zumindest ein wenig zu unterstützen, so Felbermayr.

Grundsätzlich sei er der Überzeugung, „dass dieses Regelwerk wichtig ist“, sagte der Ökonom. Gleichermaßen gab er zu bedenken, dass sich die Krise in der Baubranche mit rückläufiger Bautätigkeit längerfristig negativ auswirken könnte, etwa mit Blick auf die grüne Transformation der Wirtschaft.