Autos auf einem Parkplatz
ORF.at/Lukas Krummholz
Kogler-Kritik

Neuer Schlagabtausch über Bodenverbrauch

Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler schießt sich beim Bodenverbrauch auf das Land Oberösterreich und den Gemeindebund ein. Diese würden konkrete Zielvereinbarungen für mehr Bodenschutz „weiterhin vehement torpedieren“, kritisieren die Grünen. „‚Neuer Beton und altes Denken‘ – das scheint bei jenen, die sich mit aller Kraft gegen ein ehrliches und verbindliches Ziel wehren, das Motto zu sein“, sagte Kogler. Die Hagelversicherung, Greenpeace und der WWF schließen sich der Kritik an. Der Gemeindebund und Oberösterreich weisen die Kritik indes zurück.

2022 wurden in Österreich täglich etwa 13 Hektar Acker- und Naturflächen versiegelt, verbaut und planiert. Schon länger laufen Verhandlungen zwischen Bund, Ländern, Städten und Gemeinden zu einer Bodenschutzstrategie, mit der der Flächenverbrauch eingedämmt werden soll.

Nachdem bei der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) im Juni keine Einigung zur Verankerung konkreter Ziele in der Bodenschutzstrategie zustande gekommen war, fanden über den Sommer und Herbst weitere Gespräche und Abstimmungen statt. Die meisten Beteiligten seien sich mittlerweile beim Zielwert von maximal 2,5 Hektar Bodenverbrauch pro Tag einig. Doch auch eine Sitzung am Mittwoch sei in der entscheidenden Frage ergebnislos geblieben – weil „insbesondere das Land Oberösterreich wie auch der Gemeindebund konkrete Zielvereinbarungen weiterhin vehement torpedieren“, so die Grünen gegenüber der APA.

Werner Kogler (Grüne)
APA/Georg Hochmuth
Grünen-Chef Vizekanzler Werner Kogler macht sich für ein Eindämmen des Bodenverbrauchs stark

„Verweigerung einer sinnvollen Lösung“

„Ausgerechnet vom Bundesland der größten Bodenschutzsünden und vom Gemeindebund würden sich die Menschen, die ihre Heimat vor exzessivem Betonieren schützen wollen, eigentlich Beichte, Buße, Besserung erwarten – und nicht die Verweigerung einer sinnvollen und wirksamen Lösung“, so Kogler.

„Wenn wir mit dem Flächenverbrauch so weitermachen, dann haben unsere Enkel keinen Quadratmeter fruchtbaren Boden mehr übrig, um Getreide oder Gemüse anzubauen. Bodenschutz ist aber darüber hinaus Artenschutz, Hochwasserschutz – denn im Asphalt versickert kein Regenwasser – und Klimaschutz, weil gesunde Böden CO2 speichern“, so Kogler.

Hagelversicherung: Grob fahrlässiges Verhalten

Auch die Hagelversicherung spricht sich für ein Eindämmen des Bodenverbrauchs auf. „Der Boden ist ein begrenztes, wertvolles, nicht vermehrbares Gut, das viele lebenswichtige Funktionen wie Nahrungsmittelproduktion oder Schutz vor Naturkatastrophen bietet“, so die Hagelversicherung in einer Aussendung am Freitag. Dennoch werde unser Boden täglich durch grob fahrlässiges Verhalten durch Verbauung weniger. Die Haltung des Gemeindebunds sei nicht zukunftsorientiert und nicht mehr zeitgemäß. „Damit diese Fehlentwicklung und dieses alte Denken beim Bodenverbrauch endlich korrigiert wird, muss das im Regierungsprogramm festgelegte 2,5-Hektar-Ziel unbedingt eingehalten werden“, heißt es von der Hagelversicherung.

Kritik auch von Greenpeace und WWF

Greenpeace schloss sich der Kritik an. „Es ist inakzeptabel, dass Oberösterreich und der Gemeindebund nach wie vor beim Bodenschutz blockieren und unsere Zukunft aufs Spiel setzen“, so Sebastian Theissing-Matei von der Umwelorganisation. Der Gemeindebund und das Land Oberösterreich müssten endlich die Interessen der österreichischen Bevölkerung an erste Stelle setzen und einen klaren Zielwert in der nationalen Bodenschutzstrategie beschließen – „sonst ist sie nichts anderes als ein Freibrief für das weitere Zubetonieren Österreichs“.

Der WWF schlägt in dieselbe Kerbe und kritisiert in seiner Aussendung die „bremsenden Bundesländer und Gemeindevertreter“. Die Umweltorganisation nimmt auch den zuständigen Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) in die Pflicht, so die Aussendung weiter. „Jeden Tag, an dem nicht gehandelt wird, werden weitere Äcker, Wiesen und Wälder zubetoniert. Dadurch verlieren wir fruchtbares Ackerland, wichtige CO2-Speicher und Lebensräume für Tiere und Pflanzen“, so der WWF.

Oberösterreich bleibt bei Veto

Oberösterreich hält die Ziele weiterhin für unrealistisch. Der für Raumordnung zuständige oberösterreichische Landesrat Markus Achleitner (ÖVP) bleibt bei seinem Veto, wie es Freitag hieß. Das 2,5-Hektar-Ziel sei nicht realistisch. Damit würde jeder Gemeinde in Oberösterreich pro Jahr nur mehr eine Fläche von 3.000 Quadratmetern für Umwidmungen bleiben, egal ob für Bauparzellen oder Unternehmenserweiterungen – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Gemeindebund: Nicht Entwicklungschancen nehmen

Der Gemeindebund wehrte sich am Freitag indes gegen die Vorwürfe. Der Schutz des Bodens für die zukünftigen Generationen sei allen Gemeinden und Städten ein wichtiges Anliegen, heißt es in einer Aussendung am Freitag. Der Gemeindebund habe sich über Monate hinweg intensiv in die Verhandlungen zur neuen Bodenstrategie eingebracht. Allein die Debatte über das 2,5-Hektar-Ziel habe den Beschluss dieser wichtigen Strategie bisher verhindert, so der Generalsekretär des Gemeindebundes, Walter Leiss.

Aus Sicht des Gemeindebundes gebe es bezüglich des verpflichtenden 2,5-Hektar-Ziels zu viele offene Fragen. Die Gemeinden und Städte seien in vielfältiger Hinsicht gefordert. Von Kindergartenbau und Wohnraumschaffung, über Wirtschaft und Arbeitsplätze bis hin zu Energieversorgung oder auch die überregionale Infrastruktur, wie etwa der Bahnausbau zählt der Gemeindebund in seiner Aussendung „viele Herausforderungen, die auch Bodeninanspruchnahme bedeuten“, auf. Man dürfe den Kommunen nicht die Entwicklungschancen nehmen.

Außerdem sei es wichtig, zwischen Umwidmung, Bodenverbrauch und Bodenversiegelung zu unterscheiden. In der Debatte würden alle Begriffe in einen Topf geworfen. Der Gemeindebund forderte eine Einigung auf klare Definitionen. Davor könne es keine Zustimmung geben. Man werde sich weiterhin in die Diskussion einbringen, heißt es in der Aussendung.