Rauchsäulen über Gaza
AP/Tsafrir Abayov
Israelisches Militär

Angriffe „in allen Teilen des Gazastreifens“

Die israelischen Streitkräfte treiben ihre Offensive gegen die radikalislamische Terrororganisation Hamas im Gazastreifen voran. Im Fokus stehe nach wie vor der nördliche Teil des Gazastreifens, den Militärsprecher Jonathan Conricus Dienstagfrüh als „Gravitationszentrum der Hamas“ bezeichnete. Im Kampf gegen die Hamas schlage man aber weiterhin „in allen Teilen des Gazastreifens zu“.

„Wir jagen ihre Kommandeure, wir greifen ihre Infrastruktur an, und wann immer es ein wichtiges Ziel gibt, schlagen wir zu“, zitierte unter anderem die BBC den Militärsprecher. Conricus erneuerte zudem Israels Vorwurf, dass die Hamas zivile Infrastruktur im Gazastreifen als Versteck und Zivilisten als Schutzschilde benutze. Konkret verwies er auf das Al-Schifa-Spital, das größte Krankenhaus von Gaza-Stadt.

Israelische Panzer waren Berichten zufolge am Vortag bis an die Randbezirke von Gaza-Stadt vorgerückt. Mit dem Einsatz von Bodentruppen wurde israelischen Angaben zufolge die „nächste Phase“ im Gaza-Krieg eingeleitet. So wie das israelische Militär legen auch Angaben der Al-Kassam-Brigaden, des bewaffneten Arms der Hamas, schwere Gefechte nahe. „Die Hamas meldet Zusammenstöße mit Israels Streitkräften im Norden und Süden“, berichtete am Dienstag der britische „Guardian“, wobei offen bleibt, ob das Gaza-Stadt und damit den Norden oder auch den südlichen Gazastreifen betrifft.

Israel treibt Offensive gegen Hamas voran

Die israelischen Streitkräfte treiben ihre Offensive gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen voran. Im Fokus stehe nach wie vor der nördliche Teil des Gazastreifens. Im Kampf gegen die Hamas schlage man aber weiterhin „in allen Teilen des Gazastreifens zu“. Außerdem lehnt Ministerpräsident Netanjahu – trotz internationaler Rufe – eine Feuerpause ausdrücklich ab. Der UNO-Sicherheitsrat warnt unterdessen vor einem Zusammenbruch der zivilen Ordnung.

Neue Angriffe gegen Hisbollah im Libanon

Israel meldete Dienstagfrüh auch neue Angriffe auf Hisbollah-Stellungen im Libanon. Kampfflugzeuge hätten „Terrorinfrastruktur“ der schiitischen Hisbollah-Miliz im Südlibanon angegriffen, teilte Israels Armee in der Nacht auf Dienstag mit. Zu den Zielen gehörten Waffen und Stellungen der Hisbollah.

In den Tagen zuvor waren nach Angaben der Armee erneut Raketen aus dem Libanon auf Israel abgefeuert worden. An der israelisch-libanesischen Grenze kommt es seit Beginn des Gaza-Krieges zu Kampfhandlungen. Auf beiden Seiten gab es bereits Tote. Die Hisbollah hat Verbindungen zur im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas.

Waffenruhe für Netanjahu derzeit keine Option

Israels Premier Benjamin Netanjahu sprach am Montag bei einer Pressekonferenz indes von „Fortschritten“ im Kampf gegen die Hamas – und schloss eine unter anderem von der UNO geforderte Waffenruhe weiter kategorisch aus.

Netanjahu sagte, in jedem Krieg gebe es ungewollte zivile Opfer. Israel habe den Krieg nicht begonnen, werde ihn aber gewinnen – der Einsatz im Gazastreifen sei ein Kampf zwischen „Zivilisation und Barbarei“. Er rief die Verbündeten auf, Israel zu unterstützen. Eine Waffenruhe wäre für ihn eine „Kapitulation vor der Hamas“.

„So wie die USA nach der Bombardierung von Pearl Harbor oder dem Terroranschlag vom 11. September keiner Waffenruhe zugestimmt hätten, wird Israel einem Stopp der Kämpfe mit der Hamas nach den schrecklichen Angriffen des 7. Oktobers nicht zustimmen“, sagte Netanjahu am Montag. „Aufrufe an Israel, einer Waffenruhe zuzustimmen, sind Aufrufe, gegenüber der Hamas, gegenüber Terrorismus, gegenüber der Barbarei zu kapitulieren. Das wird nicht passieren.“

Zu Opfern in der Zivilbevölkerung im Gazastreifen sagte er, das könne verhindert werden, wenn die Menschen wie von Israel gefordert in eine sichere Zone im Süden gingen. „Kein einziger Zivilist muss sterben“, sagte Netanjahu. Er warf der islamistischen Hamas erneut vor, die Menschen daran zu hindern, den Norden des Küstenstreifens zu verlassen.

USA: „Wir unterstützen eine Waffenruhe derzeit nicht“

Die USA wollen sich den international lauter werdenden Rufen nach einer Waffenruhe bewusst nicht anschließen. „Wir glauben nicht, dass eine Waffenruhe im Moment die richtige Antwort ist“, sagte am Montag der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, John Kirby. „Wir unterstützen eine Waffenruhe derzeit nicht“, sagte Kirby.

Stattdessen sollte über „Pausen“ nachgedacht werden, um Hilfe für die Zivilbevölkerung in den Gazastreifen zu bringen. Zugleich zeigte sich Kirby überzeugt, dass es „in den kommenden Tagen“ gelingen könne, „täglich hundert Lastwagen“ mit Hilfsgütern in das von der Hamas beherrschte Palästinensergebiet zu bringen. Israel kündigte für Dienstag 80 Lkws mit Lebensmitteln, Medikamenten und weiteren Hilfsgütern an. Das sei „der größte Hilfstransport seit Beginn des Krieges“, wie die dafür zuständige COGAT-Behörde auf Twitter (X) mitteilte.

Karte von Gaza
Grafik: APA/ORF; Quelle: New York Times/IDF

UNO-Palästinenserhilfswerk: Mehr Hilfe nötig

Scharfe Kritik am bisherigen Verlauf der Hilfslieferungen kam zuvor unter anderen vom Chef des UNO-Palästinenserhilfswerks (UNRWA). Eine Handvoll Konvois wie bisher reiche für mehr als zwei Millionen Notleidende nicht aus, sagte UNWRA-Generalkommissar Philippe Lazzarini bei einer Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrates.

ORF-Korrespondent Cupal zur humanitären Situation in Gaza

ORF-Korrespondent Tim Cupal berichtet unter anderem über die anstehenden humanitären Hilfslieferungen nach Gaza.

Lazzarini wählte drastische Worte, um die Notlage der palästinensischen Bevölkerung deutlich zu machen. Die Menschen im Gazastreifen hätten das Gefühl, „nicht wie andere Zivilisten behandelt zu werden“. Die meisten von ihnen fühlten sich in einem Krieg gefangen, mit dem sie nichts zu tun hätten. „Sie haben das Gefühl, dass die Welt sie alle mit der Hamas gleichsetzt. Das ist gefährlich. Und das wissen wir nur zu gut aus früheren Konflikten und Krisen. Eine ganze Bevölkerung wird entmenschlicht.“

Zerstörung nach Luftschlag in Gaza
Reuters
Rettungsarbeiten nach einem Luftangriff

Das US-Außenministerium forderte Israel unterdessen auf, die Gewalt jüdischer Siedler im besetzten Westjordanland gegen Palästinenser zu stoppen. Es müssten Maßnahmen zum Schutz der palästinensischen Einwohner getroffen werden. Man habe der israelischen Regierung klargemacht, dass die Angriffe der Siedler inakzeptabel seien und dass sie zur Verantwortung gezogen werden müssten.

Verschleppte israelische Soldatin befreit

Unterdessen ist bei dem Einsatz der Bodentruppen im Gazastreifen nach Angaben der israelischen Armee eine israelische Soldatin befreit worden. Die am 7. Oktober von der Hamas entführte Frau sei in gutem Zustand und habe ihre Familie bereits getroffen, teilte die Armee am Montag auf Twitter (X) mit. Die Befreiung habe in der Nacht stattgefunden. Auf einem vom Militär verbreiteten Bild war sie in den Armen ihrer Familie zu sehen. Einzelheiten zur Befreiung sind derzeit nicht bekannt.

Nach Angaben des US-Außenministeriums stellt die Hamas eine Reihe von Bedingungen für die Freilassung der Geiseln. Sprecher Matthew Miller sagte allerdings nicht, um welche Bedingungen es sich handelt. Er forderte, die Hamas sollte alle US-Amerikaner und ausländischen Bürger und Bürgerinnen freilassen. Israel bezifferte die Zahl der Geiseln am Dienstag mit 240.