Herbstimpressionen aus Salzburg
ORF/Georg Hummer
Nächster Rekordmonat

Auch Oktober war deutlich zu warm

Dieser Herbst schreibt die Klimabücher in Österreich neu. Nach dem wärmsten September war auch der Oktober der wärmste der Messgeschichte. Weltweit war der Oktober gar schon der fünfte Rekordmonat in Folge. Der Hauptgrund für die Rekordflut 2023 ist vor allem die menschengemachte Klimaerwärmung, die immer stärker durchschlägt. Aber auch andere Phänomene haben einen Anteil.

Dass in Zeiten der globalen Klimaerwärmung immer neue Rekorde auftreten, ist keine Überraschung. Österreich kann sich dem Trend nicht entziehen. Hierzulande fällt die Erwärmung sogar mehr als doppelt so hoch aus wie im globalen Mittel.

Die derzeitige Fülle und Dichte an Rekorden ist aber mehr als auffällig. Die Temperaturen scheinen kaum Grenzen zu kennen, alte Höchstwerte werden regelrecht pulverisiert. Wie schon im September war das auch im Oktober der Fall.

Bisheriger Oktober-Rekord war nur ein Jahr alt

„Nach dem wärmsten September haben wir auch den wärmsten Oktober der 257-jährigen Messgeschichte erlebt“, sagt Klimatologe Hans Ressl von der GeoSphere Austria. „Der Oktober 2023 lag im Tiefland Österreichs nach vorläufiger Auswertung um 3,0 Grad über dem Mittel der Klimaperiode 1991 bis 2020.“ Er überbietet den Oktober 2022 noch einmal um 0,2 Grad. Der erst im letzten Jahr aufgestellte Höchstwert ist damit schon wieder Geschichte.

Man konnte in diesem Oktober fast von mediterranen Verhältnissen sprechen. In Wien war es so warm wie normalerweise in Triest, also an der Oberen Adria. Nach Herbst fühlte sich der Monat lange nicht an, sondern nach Sommer. Am 3. Oktober zeigte das Thermometer in Langenlebarn (Niederösterreich) 30,3 Grad. Es war die höchste Temperatur, die in Österreich je in einem Oktober gemessen wurde. Und auch in den folgenden Wochen war es immer wieder extrem warm.

So viele Sommertage wie noch nie

Quer durch alle Bundesländer wurde eine Vielzahl an Wärmerekorden aufgestellt, in den Niederungen wie auf den Bergen, bei Tag und bei Nacht. Außergewöhnlich dabei die Nacht von 7. auf 8. Oktober, als es in Eisenstadt nur auf 21,3 Grad abkühlte. Die bis dahin wärmste Oktober-Nacht der Messgeschichte hatte ein Minimum von 17 Grad. Nur wenige Tage Mitte des Monats waren kühl. Für Salzburg, St. Pölten und am Stadtrand von Wien reichte es aber immerhin für den ersten Morgenfrost einer Landeshauptstadt in diesem Herbst.

Die Kältephase wurde vom Rest des Monats mehr als kompensiert. Noch nie steckte so viel Sommer in einem Oktober. In Bad Radkersburg (Steiermark) wurden im ganzen Monat neun Sommertage gezählt, so viele wie zuvor noch an keiner Station in Österreich im Oktober. Ab 25 Grad spricht man von einem Sommertag. Noch am 20. Oktober wurde bei einem Föhnsturm abgesehen von Wien in allen Bundesländern die 25-Grad-Marke geknackt. Für Bad Ischl (Oberösterreich) war es mit knapp 28 Grad der wärmste Tag im Oktober seit Messbeginn im Jahr 1936.

Orkan mit fast 200 km/h

Der Föhn ist eigentlich ein typisches Wetterelement im Herbst in Österreich, aber die Heftigkeit des Sturmes am 20. Oktober war außergewöhnlich. Der Föhn erfasste weite Teile des Bundesgebietes und wuchs auf manchen Bergen zum Orkan an. Mit bis zu 197 km/h fegte der Wind über den Patscherkofel (Tirol). Selbst für den föhnerprobten Berg eine der höchsten Windgeschwindigkeiten, seit dort Messungen stattfinden. An einer Station des Lawinenwarndienstes Tirol, auf der Elferspitze im Stubaital, wurden sogar 233 km/h registriert.

Umgestüzte Bäume am Gerlospass zwischen Hainzenberg und Gmünd
APA/Zoom.tirol
Heftige Stürme sorgten im Oktober für Schäden in vielen Bundesländern

Der Sturm hielt die Einsatzkräfte auf Trab, denn immer wieder stürzten Bäume um. Tausende Haushalte waren etwa in Kärnten und Salzburg zeitweise ohne Strom, zahlreiche Straßen wurden vorübergehend gesperrt, und auch im Bahnverkehr kam es zu Behinderungen. So war in Vorarlberg beispielsweise die Strecke Bregenz – Lauterach blockiert, in Tirol die Brenner-Strecke. In Landeck (Tirol) wurde ein Mann von einem umstürzenden Baum erschlagen.

Entwicklung deutet auf bisher wärmsten Herbst hin

Schon der September war mit einer Abweichung von 3,2 Grad der wärmste seit Messbeginn in Österreich. Zwei Monate in einem Jahr mit neuen Wärmerekorden hat es noch nie gegeben. Dass es zwei aufeinanderfolgende Monate und ausgerechnet September und Oktober trifft, ist als noch außergewöhnlicher einzustufen. Beide Monate haben sich in den letzten Jahrzehnten nämlich noch am wenigsten von allen erwärmt, hatten also am wenigsten den Stempel der Klimaerwärmung drauf.

Bis zum nächsten Rekord dauert es wahrscheinlich nicht lange. Auch der Herbst als Ganzes wird wahrscheinlich einen neuen Höchstwert aufstellen. Hans Ressl rechnet vor: „Selbst wenn der November knapp ein Grad kühler als im langjährigen Schnitt ausfällt, überbietet der meteorologische Herbst 2023 den bisherigen Rekordhalter.“ Der bis dato wärmste Herbst in der Geschichte Österreichs war jener 2014 mit einer Abweichung von 1,8 Grad gegenüber dem Mittel 1991 bis 2020.

Für einen allzu kalten, gar frühwinterlichen November spricht derzeit wenig. Die Langfristprognosen verschiedener Wettermodelle zeigen eher durchschnittliche Temperaturen, auch wenn es langsam, aber sicher abkühlen wird. Wetterexperten orientieren sich an den meteorologischen, nicht astronomischen Jahreszeiten, der Herbst dauert vom 1. September bis zu 30. November. Auch aus statistischen Gründen berechnen die Forscher ihre Daten in ganzen Monaten.

Noch nicht das „neue Normal“

Dieser warme Oktober bleibt vorerst ein Extrem, er kann nicht als das neue Normal angesehen werden, zumindest noch nicht. So weit ist die Klimaerwärmung noch nicht fortgeschritten, dass es nun dauerhaft so warme Oktober wie diesen geben wird. Doch die Wahrscheinlichkeit für Monate mit so hohen Abweichungen von früheren Mittelwerten nehmen zu.

Wie kalt oder warm ein Monat ausfällt, wird im Wesentlichen von den Wetterlagen bestimmt. In diesem Oktober waren Nordwetterlagen die Ausnahme, die Luft ist häufig aus dem Mittelmeer-Raum gekommen. Wenn es aber so gut wie auf der ganzen Erde wärmer als normal ist, ist jede nach Österreich transportierte Luft um ein Stück wärmer, als sie es ohne menschengemachte Klimaerwärmung wäre.

„Genaugenommen wird jedes Wetterereignis bereits durch den Klimawandel beeinflusst, schlicht und einfach weil sich der Grundzustand des Klimas geändert hat, das Energiegleichgewicht“, sagt der Klimaforscher Douglas Maraun vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz. Die Erde nimmt durch die Ansammlung von Treibhausgasen in der Atmosphäre mehr Energie auf, als sie abgibt.

Global schon der fünfte Rekordmonat

Dieses Energieungleichgewicht wirkt sich in diesem Jahr global massiv aus. Die Temperaturentwicklung übertrifft alles bisher Dagewesene, teils sogar deutlich. Seit Juni war jeder Monat auf der Erde so warm wie noch nie, im September betrug die Abweichung zum bisherigen Rekord laut EU-Klimawandeldienst Copernicus sogar 0,5 Grad. Auch der Oktober bricht den alten Höchstwert und ist damit schon der fünfte Monat hintereinander.

2023 wird aller Voraussicht nach das weltweit wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen Mitte des 18. Jahrhunderts. „Wahrscheinlich sogar seit Jahrtausenden“, wie Klimawissenschaftler Zeke Hausfather auf dem Portal Carbon Brief kürzlich schrieb. Der Hauptgrund dafür ist die menschengemachte Klimaerwärmung durch das Verbrennen von Erdöl, Gas und Kohle und die dabei entstehenden Treibhausgase. Aber auch das Klimaphänomen „El Nino“ gilt als Treiber.

„El Nino“ macht es noch wärmer

Die Weltmeere nehmen über 90 Prozent der Energie auf, die durch die anthropogenen Treibhausgase von der Atmosphäre zurückgehalten werden. Die Termperatur der Ozeane steigt und steigt daher immer weiter. Derzeit geben die Meere einen Teil der Wärme vor allem im tropischen Pazifik durch „El Nino“ wieder an die Luft ab. „El Nino“ hat aber eigentlich erst begonnen und kann nicht das volle Ausmaß der extremen Temperaturen in den letzten Monaten erklären.

Eine kleine Ursache kann aber auch der außergewöhnlich starke Ausbruch des Vulkans Hunga Tonga-Hunga Ha’apai im Pazifik 2022 haben. Dabei wurde eine riesige Menge Wasserdampf in die Stratosphäre gebracht. Wasserdampf ist wie Kohlendioxid ein Treibhausgas, das das Klima erwärmt. Ein sehr geringer Einfluss kann auch der Sonne zugeschrieben werden. Im elfjährigen Sonnenzyklus nimmt die Aktivität der Sonne nach einigen schwächeren Jahren nun wieder zu.

Heftig diskutiert wird in Wissenschaftskreisen die Rolle der Schifffahrt. Um die Luftverschmutzung zu verringern, wurden im Jahr 2020 international strenge Grenzwerte für den Schwefelgehalt von Schiffskraftstoffen eingeführt. Das ist gelungen, doch es gibt eine weitere Folge. Die in den Abgasen der Schiffe enthaltenen Schwefelpartikel haben jahrelang der weltweiten Erwärmung etwas entgegengewirkt. Nun hat sich dieser Maskierungseffekt abgeschwächt, und die menschengemachten Klimaerwärmung schlägt stärker durch.