Flagge Frankreichs und EU-Flagge in der Europäischen Kommission
APA/AFP/Aurore Belot
Klage bei EU-Gericht

Frankreich kämpft für „die Sprache Molieres“

In der EU gibt es 24 Amtssprachen, in den EU-Institutionen drei Arbeitssprachen: Englisch, Französisch und Deutsch. In der Praxis etablierte sich Englisch als kleinster gemeinsamer Nenner im Alltag. Dass in Einstellungsverfahren für EU-Kommissionsjobs gewisse Tests nun ausschließlich in dieser Sprache gemacht werden können, geht der französischen Regierung aber zu weit: Per EU-Gericht soll der Diskriminierung „der Sprache Molieres“ ein Ende bereitet werden.

Globish oder Eurospeak – eine Form von Englisch, oft mit gut erkennbarem Akzent gesprochen und mit nicht wirklich englischen Wortneuschöpfungen garniert: In den Büros der EU-Kommission dominiert eindeutig jene Sprache, die offiziell die meistgesprochene und -gelernte in den 27 Mitgliedsländern ist.

Dass Bewerberinnen und Bewerber für einige der derzeit offenen Stellen Tests auf Englisch absolvieren müssen, sei eine Diskriminierung „basierend auf der Sprache“, heißt es in der Klage, die laut dem Onlinemagazin Politico am Montag bekanntwurde.

Ähnliche Klage hatte Erfolg

Die Chancen, dass sich Frankreich vor Gericht mit dieser Position durchsetzt, stehen nicht schlecht. In ähnlich gelagerten, von Spanien und Italien im Vorjahr eingebrachten Fällen hatte der Europäische Gerichtshof ein Urteil des Europäischen Gerichts bestätigt, wonach selbst die Bedingung guter Kenntnisse einer der drei Arbeitssprachen (zusätzlich zu ausgezeichneten Kenntnissen in einer der 24 Amtssprachen) objektiv durch ein dienstliches Interesse gerechtfertigt sein müsste.

In der Praxis wird das natürlich anders gehandhabt: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde müssen ein aufwendiges Bewerbungsverfahren durchlaufen, bevor sie einen der begehrten Jobs in den zahlreichen Abteilungen ergattern. Gute Fremdsprachenkenntnisse sind dabei gefragt, auch wenn sie eben laut EU-Gesetz nicht für die Auswahl ausschlaggebend sein dürften – abgesehen von begründeten Fällen, etwa wenn Stellen in den Übersetzungs- oder Dolmetschabteilungen ausgeschrieben sind.

Flaggen der Mitglieder der EU in der Europäischen Kommission
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27 EU-Länder, 24 Amts- und drei Arbeitssprachen: Babylonische Sprachverwirrung braucht dank Eurospeak und geölter Übersetzungs- und Dolmetschapparate niemand zu fürchten.

Frankreichs Kampf für seine Sprache

Dass sich nun ausgerechnet Frankreich gegen die Diskriminierung seiner Sprache in der EU auflehnt, überrasche nicht, urteilt Politico. Es spiegle vielmehr die innenpolitische Debatte über den Verlust von Frankreichs Einfluss in der Welt wider. Deutlich wurde das auch vor der Ratspräsidentschaft Frankreichs. Im ersten Halbjahr 2022 kündigte die Regierung an, diese zu nutzen, um die Mehrsprachigkeit in den EU-Institutionen wiederzubeleben.

Auch wenn es Frankreich – zumindest vordergründig – nicht darum gegangen sein soll, die eigene Sprache zu pushen, sondern generell durch die Mehrsprachigkeit größere Nähe zwischen der EU und dem Volk zu erzeugen: Initiativen wie ausschließlich französische Treffen und Protokolle verfehlten ihren Zweck und verliefen im Sand.

Das von Frankreich so ungeliebte Englisch als Hauptarbeitssprache des Staatenverbunds hätte – so argumentiert man nach dem Brexit in Brüssel aber immer öfter – auch Vorteile. Da nach dem Ausscheiden Großbritanniens nur mehr etwa ein Prozent der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger Englisch als Muttersprache hat, jene aus Malta und Irland, hat nur mehr eine sehr kleine Zahl an Menschen einen – womöglich unfairen – Vorteil im EU-Arbeitsleben.

Emmanuel Macron
Reuters/Christian Hartmann
Emmanuel Macron hat sich die Verteidigung der französischen Sprache auf die Fahnen geschrieben

Macron sieht Sprache als Chefsache

Nichtsdestoweniger ist die Bemühung für die Wiederbelebung des Französischen als Weltsprache in Paris Chefsache: Präsident Emmanuel Macron, der als großer Liebhaber seiner Sprache gilt und sie gerne mit altmodischen Ausdrücken garniert, engagiert sich auch politisch für die Frankophonie.

Sinnbild dafür ist die am Montag eröffnete Cite internationale de la langue francaise, ein Museum für die französische Sprache im renovierten Schloss von Villers-Cotterets nordöstlich von Paris. Das Museum ist das mit einem Budget von 210 Mio. Euro zweitteuerste Projekt von Macrons bisheriger Amtszeit – nach der Renovierung der abgebrannten Kathedrale Notre-Dame.

In seiner Eröffnungsrede betonte Macron die Vielfalt und Modernität der französischen Sprache – zog aber gleichzeitig enge Grenzen: Gendern etwa, geht ihm zu weit. „Wir müssen dieser Sprache erlauben zu leben, sich inspirieren zu lassen und Worte am anderen Ende der Welt zu stehlen“, so der französische Präsident. Aber man müsse nicht dem Zeitgeist nachgeben: „Das Maskulinum ist das Neutrum, man muss keine Punkte in die Mitte der Wörter setzen oder Bindestriche oder andere Dinge, um sie lesbar zu machen.“