Journalisten und Rettungsautos an der Grenze zwischen Gaza und Ägypten
APA/AFP/Mohammed Abed
Gazastreifen

31 Österreicher nach Ägypten gebracht

Unter den ersten Menschen, die am Mittwoch den Gazastreifen Richtung Ägypten verlassen konnten, waren auch 31 Österreicherinnen und Österreicher. Das teilte das Außenministerium am Abend in einer Aussendung mit. Insgesamt konnten einige hundert Personen ausreisen, darunter Dutzende verletzte Palästinenser und zahlreiche Ausländer.

Bei den 31 Österreichern und Österreicherinnen, die am Nachmittag über den am Mittwoch dafür geöffneten Grenzübergang Rafah im Süden des Gazastreifens nach Ägypten ausreisen konnten, handle es sich hauptsächlich um Doppelstaatsbürger, die in Gaza ihren Lebensmittelpunkt haben oder auf Familienbesuch waren, darunter zehn Minderjährige, so das Außenministerium. Man sei „sehr erleichtert, dass es heute am späten Nachmittag gelungen ist, eine erste Gruppe von 31 Österreicher:innen (…) in Sicherheit zu bringen“.

Auch ein Mitarbeiter des österreichischen Vertretungsbüros Ramallah samt Familie sowie zwei österreichische Ärztinnen, die für eine internationale Organisation in Gaza tätig waren, seien darunter. Den Menschen gehe es „den Umständen entsprechend gut, sie sind physisch wohlauf“. An Ort und Stelle sei noch eine Handvoll ausreisewilliger Österreicher und deren Angehörige. „Wir werden weiterhin nichts unversucht lassen, um auch ihnen eine rasche und vor allem sichere Ausreise zu ermöglichen“, so das Außenministerium.

Cupal (ORF) über Österreicher in Gaza

ORF-Korrespondent Tim Cupal über die aktuelle Lage der ausreisenden Österreicher und Österreicherinnen im Gazastreifen.

„In den letzten Wochen sind die diplomatischen Kanäle heiß gelaufen, um bei Partnern in der Region auf eine Öffnung des Grenzübergangs Rafah hinzuwirken“, so Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Sein Dank gelte „den ägyptischen und israelischen Partnern, dass sie die Ausreise ermöglicht haben“, sowie seinen Mitarbeitern in Ramallah, Tel Aviv und Kairo. Die Ausgereisten werden von einem Krisenteam der österreichischen Botschaft in Ägypten empfangen, die Botschaft hilft auch bei der Organisation der Weiterreise.

Erste Möglichkeit für Ausreise

Es war das erste Mal, dass Menschen über den einzigen Grenzübergang, der nicht von Israel kontrolliert wird, ausreisen konnten. Zunächst wurden Verletzte zur Behandlung über die Grenze nach Ägypten gebracht, ägyptische TV-Sender zeigten Bilder von Krankenwagen, die den erstmals für Personen geöffneten Grenzübergang Rafah überquerten. Laut einer Mitteilung der Grenzbehörde in Gaza sollten am Mittwoch 81 Schwerverletzte über die Grenze gebracht werden.

Erste Verletzte aus Gaza in Ägypten

Erste Verletzte aus dem Gazastreifen sind am Mittwoch zur Behandlung über die Grenze nach Ägypten gebracht worden. Auch Ausländer konnten ausreisen.

Ägypten hat ein Feldlazarett in Scheich Suweid eingerichtet, etwa 15 Kilometer von Rafah entfernt. Die schwersten Fälle sollen in Krankenhäuser in der Region Sinai und bis nach Ismailia gebracht werden. 19 Personen der ersten Gruppe sollen in kritischem Zustand sein. Laut der Hamas wurden mehr als 20.000 Menschen bisher im Gazastreifen verletzt. 1,4 Millionen Menschen sind nach UNO-Angaben auf der Flucht.

verletzte Palästinenser in einem Rettungswagen
Reuters/Ibraheem Abu Mustafa
Neben verletzten Zivilisten durften erstmals auch ausländische (Doppel-)Staatsbürger nach Ägypten ausreisen

Hunderte Ausländer konnten ausreisen

Ausreisen konnte auch Hunderte Ausländer und Ausländerinnen, darunter aus Deutschland, wie das deutsche Außenministerium bestätigte. Laut Augenzeugen und dem Roten Halbmond sind unter den Ausreisenden anderen Bürgerinnen und Bürger mit der Staatsangehörigkeit der USA, Kanadas, Finnlands, Tschechiens, Bulgariens, Frankreichs und Italiens sowie Japans, Australiens und Indonesiens. Auch Menschen aus Ägypten, Jordanien und Algerien warteten auf eine Ausreise.

Menschen überqueren den Grenzübergang in Rafah
APA/AFP/Mohammed Abed
Zahlreiche Menschen kamen zum Grenzübergang Rafah

Über 500 Menschen dürften am Mittwoch ausreisen, hieß es vom Roten Halbmond und einem Regierungsvertreter Ägyptens, die tatsächliche Zahl der Ausreisen war am frühen Abend unklar. Wie viele Ausländer und Palästinenser mit zweitem Pass sich derzeit im Gazastreifen aufhalten und wie viele ihn verlassen wollen, ist unklar. Von Deutschland und den USA hieß es, man werde daran arbeiten, dass weitere Personen den Gazastreifen verlassen können.

Internationale Vermittlung

Schon seit Dienstagabend hatten sich Berichte verdichtet, wonach Ägypten den Grenzübergang öffnen könnte. Kairo wolle verwundete Palästinenser in Ägypten medizinisch versorgen, wie mehrere Quellen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP angaben. Am Dienstagabend hatte ein Sprecher des US-Außenministeriums von „sehr guten Fortschritten“ bei der Frage der Ausreise von US-Bürgern aus dem Gazastreifen gesprochen.

Gaza: Personen passieren ägyptische Grenze

Es ist das erste Mal seit dem Angriff der Hamas auf Israel, dass der Grenzübergang Rafah für Menschen geöffnet worden ist. Eine Gruppe von Ausländerinnen und Ausländern verließ den Gazastreifen Richtung Ägypten. Außerdem wurden Verletzte aus dem Gebiet mit Krankenwagen über die Grenze gebracht.

Ägypten, Israel und die Hamas hatten sich einem Insider zufolge unter Vermittlung Katars darauf geeinigt, Inhabern ausländischer Pässe und einigen Schwerverletzten zu erlauben, den Gazastreifen zu verlassen. Ägypten soll eine Liste mit 4.000 Verletzten übermittelt worden sein, zitierte AFP einen Hamas-Sprecher.

Tote bei Angriff auf Flüchtlingslager

Unterdessen soll es bei neuen Angriffen Israels auf das Flüchtlingslager Dschabalja im Gazastreifen laut Hamas Dutzende Tote und Verletzte gegeben haben. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig bestätigt werden. Schon am Dienstag gab es einen Angriff mit zahlreichen Toten. Die israelische Armee erklärte, Ziel des Angriffs seien Hamas-Stellungen gewesen, unter den Toten sei ein Hamas-Kommandeur. UNO-Nothilfekoordinator Martin Griffiths verurteilte den Angriff vom Dienstag scharf.

Laut eigenen Angaben kann Israels Armee noch nicht sagen, wie viele Zivilisten und Zivilistinnen im Flüchtlingslager Dschabalja getötet wurden. Die im Gazastreifen herrschende Hamas verschanze sich dort absichtlich hinter ziviler Infrastruktur, sagte Militärsprecher Daniel Hagari am Mittwoch vor Journalisten. „Sie wollen dieses Bild der Zerstörung.“ Er sprach von einem Dilemma für die Armee.

UNO schließt Kriegsverbrechen nicht aus

Zahlreiche Staaten kritisierten den Angriff auf das Flüchtlingslager. Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen schloss unterdessen nicht aus, dass der Luftangriff auf das Flüchtlingslager ein Kriegsverbrechen darstellen könnte. „Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und des Ausmaßes der Zerstörung (…) sind wir ernsthaft besorgt, dass es sich um unverhältnismäßige Angriffe handelt, die Kriegsverbrechen darstellen könnten“, so das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte auf Twitter (X).

Aufnahmen zeigen die verheerenden Folgen des Angriffs, bei dem Armeeangaben zufolge auch Tunnel der Hamas einstürzten und einen Krater hinterließen. Unter den Opfern sind nach palästinensischen Angaben viele Zivilisten. Die Kämpfe im Gazastreifen richteten sich aber nicht gegen die dortige Zivilbevölkerung, so Hagari, der erneut an die Menschen in Dschabalja und anderen Gebieten im Norden des Küstengebiets appellierte, sich in den Süden zu begeben. Die Armee schaffe dafür weiterhin „sichere Korridore“.

Ägypten machte Grenzen dicht

Ägypten lehnte bisher eine Grenzöffnung ab. In der ägyptischen Führung gestaltet sich die Unterstützung für die „palästinensische Sache“ anders als in anderen arabischen Ländern. Zwar werden die Angriffe Israels auf Palästinenserinnen und Palästinenser als Zwangsmaßnahmen eines „Besatzungsstaates“ verurteilt.

Andererseits wird aber laut betont, dass man Ägyptens Sicherheit und Interessen verteidigen werde – damit ist auch die Verweigerung weiterer Aufnahmen gemeint, im Land sind bereits neun Millionen Geflüchtete. Man will Hilfe für Gaza ermöglichen, aber die Grenze soll dicht bleiben. Dazu, so meldete die Nachrichtenagentur AP, ergreife Ägypten derzeit auch „beispiellose Maßnahmen“, um die Grenze zu sichern.