Israelischer Militäreinsatz in Gaza
Reuters/Israel Defense Forces
Gaza

Israels Armee meldet „schwere Kämpfe“

Israel setzt den Militäreinsatz gegen die Hamas im Gazastreifen fort. In Gaza gebe es „schwere Kämpfe“, so die Armee. Die Hamas spricht nach einem von Israel nicht bestätigten Angriff auf ein Flüchtlingslager von Dutzenden Toten. Alle Forderungen nach einer Waffenruhe lehnt Israel weiterhin ab.

Nach eigenen Angaben griff Israels Armee inzwischen mehr als 2.500 Ziele im Gazastreifen an. Die Truppen setzten die „Ausschaltung von Terroristen“ im Nahkampf fort, hieß es am Sonntag. Auch in der Nacht seien Luftangriffe auf ein Militärgelände der Hamas geflogen worden, in dem sich Kommando- und Kontrollzentren, Beobachtungsposten und weitere terroristische Infrastruktur befänden.

Israels Verteidigungsminister Joav Galant sprach von „schweren Kämpfen“, Truppen seien in Wohngebiete eingedrungen. Galant kündigte zudem an, den Chef der Hamas im Gazastreifen aufzuspüren und zu töten. „Wir werden (Jahja, Anm.) Sinwar finden und eliminieren“, so der Minister. Sinwar gilt als einer der Drahtzieher des Großangriffs auf Israel am 7. Oktober. Der 61-Jährige ist seit 2017 der politische Anführer der im Gazastreifen herrschenden Hamas.

Nach Angaben aus Sicherheitskreisen verstecken sich Sinwar und der militärische Hamas-Anführer Mohammed Deif im Tunnelsystem im Gazastreifen. Ihre Kämpfer hatten vor vier Wochen rund 1.400 Menschen in Israel grausam ermordet und mehr als 240 weitere entführt. Durch die anschließenden israelischen Angriffe in dem dicht besiedelten Palästinensergebiet wurden nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bis Samstag 9.770 Menschen getötet.

Unbestätigt: Angriff auf Flüchtlingslager

Die Hamas meldete in der Nacht auf Sonntag mindestens 30 Tote bei einem von der israelischen Armee zunächst nicht bestätigten Angriff auf das Flüchtlingslager al-Maghasi im Gazastreifen. Die Mehrheit der Opfer seien Frauen und Kinder. Ein israelischer Militärsprecher sagte, es werde geprüft, ob die israelische Armee zu dem Zeitpunkt in dem Gebiet im Einsatz war. Israel wirft der Hamas vor, Flüchtlingslager sowie UNO-Schulen und Krankenhäuser als Verstecke und Waffenlager zu missbrauchen.

Flüchtlingslager getroffen

In der Nacht auf Sonntag gab es wieder gegenseitige Angriffe von Israel und der Hamas. Die Hamas meldete erneut israelische Raketen auf ein Flüchtlingslager im Gazastreifen. Die Angaben blieben unbestätigt.

Die Hamas setzte unterdessen die Ausreise von Ausländern und Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft aus dem Gazastreifen nach Ägypten aus. Grund sei die Weigerung Israels, verletzte Palästinenserinnen und Palästinenser in ägyptische Krankenhäuser bringen zu lassen, sagte ein Vertreter der Grenzübergangsverwaltung der Nachrichtenagentur AFP.

„Kein ausländischer Passinhaber darf den Gazastreifen verlassen, bevor die Verletzten, die aus den Krankenhäusern im nördlichen Gazastreifen in Sicherheit werden müssen, zum Grenzübergang Rafah transportiert werden können“, sagte der Beamte. Nach US-Angaben hatte die Hamas versucht, über den zeitweise geöffneten Grenzübergang Rafah eigene Kämpfer aus dem Gazastreifen hinaus zu schleusen.

Weitere Hilfsgüter eingetroffen

In Gaza trafen unterdessen weitere 30 Lastwagen mit Hilfsgütern ein. Die Güter seien dort an Teams des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) sowie des UNO-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) übergeben worden, teilte der palästinensische Rote Halbmond mit. Zudem habe der ägyptische Rote Halbmond Güter geliefert.

Israelischer Militäreinsatz in Gaza
Reuters/Israel Defense Forces
In den Trümmern von Gaza gibt es laut Israels Armee weiter „schwere Kämpfe“

Das UNO-Welternährungsprogramms (WFP) forderte am Sonntag einen sicheren und erweiterten Zugang für humanitäre Hilfe. Der Bedarf an humanitären Hilfsgütern sei sprunghaft angestiegen, die kritischen Nahrungsmittelvorräte hätten einen gefährlichen Tiefstand erreicht, sagte WFP-Exekutivdirektorin Cindy McCain nach einem Besuch am Grenzübergang Rafah am Sonntag.

Massendemos gegen Israel

Angesichts der Bilder von immer mehr Toten und drastischer Zerstörung im Gazastreifen kam es in vielen Städten in den USA, Frankreich, Deutschland und Großbritannien zu teilweise wütenden Protesten.

In Deutschland berichtete die Polizei von Plakaten mit strafbaren Inhalten, sie fertigte Dutzende Anzeigen aus und ermittelt nun unter anderem wegen Volksverhetzung. In Washington forderten Zehntausende Menschen „Freiheit für Palästina“, viele Demonstrierende zogen bis vor das Weiße Haus und versammelten sich vor dem Eingangstor, das mit Handabdrücken in roter Farbe beschmiert wurde.

In London waren 30.000 Menschen an Protesten gegen die israelischen Angriffe beteiligt, wie die BBC unter Berufung auf Schätzungen der Polizei berichtete. Auch in französischen Städten gingen Tausende Menschen auf die Straße.

Protest vor Netanjahus Haus

Auch in Israel kam es zu Protesten, und zwar gegen Regierungschef Netanjahu. Einem Medienbericht zufolge protestierten Hunderte Menschen in Jerusalem vor dem Haus von Netanjahu und forderten seinen Rücktritt. Dabei kam es am Samstagabend in Jerusalem der Onlinezeitung The Times of Israel zufolge zu Zusammenstößen mit der Polizei, als Demonstranten versuchten, durch die Absperrungen zu drängen. Drei Personen seien festgenommen worden. Die Menschen warfen Netanjahu demnach vor, dass unter seiner Führung die Hamas am 7. Oktober das schlimmste Massaker der Geschichte Israels anrichten konnte. Zudem hätten sie einen Gefangenenaustausch gefordert, hieß es weiter.