Warnstreik bei der Metalltechnischen Industrie (FMTI) nach dem Scheitern der vierten Verhandlungsrunde um den Metaller-KV
APA/Roland Schlager
Metallerwarnstreiks

Beide Seiten demonstrieren Härte

Mit einer Straßenblockade in Wien und Versammlungen in zahlreichen Betrieben in den Bundesländern haben die Beschäftigten der Metallbranche am Montag ihre dreitägigen Warnstreiks begonnen. Im Ringen um einen neuen Kollektivvertrag demonstrieren beide Seiten weiter Härte: Die Arbeitergeber warfen der Gewerkschaft vor, die Realität zu ignorieren. Die Gewerkschaft sah die Verantwortung für die Warnstreiks bei den Arbeitgebern.

Die Warnstreiks begannen Montagvormittag mit einer über dreistündigen öffentlichen Betriebsversammlung auf der Wiener Triester Straße. Aufgrund der Straßenblockade kam es zu längeren Staus – mehr dazu in wien.ORF.at. Am Montag wurden laut Gewerkschaft rund 100 Unternehmen, darunter, Bosch, Blum, Kone, Knorr Heid, Otis, PEWAG und voestalpine, für jeweils drei Stunden bestreikt.

In der Steiermark und in Oberösterreich beteiligten sich rund 100 Betriebe an den Streiks – mehr dazu in steiermark.ORF.at und ooe.ORF.at. Auch in Salzburg, Kärnten und dem Burgenland gab es bei einigen Unternehmen aus der Branche am Montag Warnstreiks – mehr dazu in salzburg.ORF.at, kaernten.ORF.at und burgenland.ORF.at.

Arbeitgeber: Warnstreiks „nicht zielführend“

Nach dem „einseitigen Abbruch“ der vierten KV-Verhandlungsrunde setzte die Gewerkschaft auf „Warnstreiks als Verhandlungsführung“ – diese Vorgangsweise sei eine „verantwortungslos und standortschädigend“, kritisierte der Fachverband Metalltechnische Industrie (FMTI) am Montag in einer Aussendung.

Wien: Warnstreiks der Metaller gestartet

Der Startschuss für die Warnstreiks in der Metalltechnischen Industrie ist gefallen. Den Anfang machten die rund 500 Monteurinnen und Monteure der Wiener Aufzugsfirmen. Auf der Triester Straße fand eine Informationsveranstaltung im Beisein von Gewerkschaften und Arbeiterkammer statt.

„Warnstreiks während einer Rezession, in der die Unternehmen um Aufträge kämpfen und viele von ihnen bereits Arbeitsplätze abbauen müssen, sind unverantwortlich“, so FMTI-Obmann Christian Knill. Eine Lösung könne nur am Verhandlungstisch gefunden werden, „und dazu müssen sich beide Seiten bewegen“. Der FMTI sei auf die Gewerkschaften zugegangen, „sie aber gehen lieber auf die Straße und machen Stimmung. Das ist gerade in diesen aufgeheizten Zeiten nicht zielführend“, so Knill weiter.

Gewerkschaften: „Voodoo-Mathematik“

Der FMTI wies in seiner Aussendung darauf hin, dass das vorgelegte Angebot „in zwei Varianten“ jeweils rund fünf Prozent nachhaltige Lohnerhöhung beinhalte und sich mit den zusätzlichen Einmalzahlungen für die Beschäftigten eine Lohnerhöhung zwischen acht und zehn Prozent ergebe. „Dies liegt deutlich über der aktuellen Inflationsrate“, hieß es.

Die Gewerkschaften bezeichneten die bisherigen Angebote neuerlich als „Provokation“. „Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchschauen die Voodoo-Mathematik der Arbeitgeber, mit der in Wirklichkeit die Reallohnverluste nur schöngerechnet werden sollen“, teilten die Chefverhandler Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA) in einer Aussendung mit.

„Es gab Rekordergebnisse in den vergangenen Jahren, und auch noch im Jahr 2023 wurden hohe Gewinnausschüttungen an Eigentümer und Aktionäre vorgenommen. Jetzt soll plötzlich kein Geld mehr für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter da sein. Diese sichtliche Geringschätzung der harten Arbeit von 200.000 Beschäftigten muss aufhören“, so Binder und Dürtscher.

Warnstreiks auch Dienstag und Mittwoch

Am Dienstag gibt es Warnstreiks bei Unternehmen wie Palfinger, Berndorf, Collini und Otto Bock. Am Mittwoch kommt es zu Arbeitsniederlegungen unter anderem bei BMW Motoren, Liebherr, Hella, Steyr Arms, Diamond Aircraft und Rheinmetall MAN Military. Insgesamt rechnet die Gewerkschaft mit Warnstreiks in über 400 Betrieben. Die nächste Verhandlungsrunde zwischen den Vertretungen von Arbeitgebern und Arbeiternehmern findet am Donnerstag statt.

Vergangene Woche waren die Sozialpartner nach achtstündigen Verhandlungen für einen neuen Metaller-KV in der Wirtschaftskammer in Wien einander nur ein wenig nähergekommen. Die Gewerkschaften pochen weiterhin auf ein Lohn- und Gehaltsplus von 11,6 Prozent, die Arbeitgeber haben ihr bisheriges prozentuelles Plus nachgebessert und bieten zudem Einmalzahlungen. Neben einem einjährigen Abschluss brachte der Fachverband der Metalltechnischen Industrie auch einen zweijährigen Abschluss aufs Tapet.

Die Streikstatistik in der Metallindustrie weist zwei größere Arbeitsniederlegungen in der jüngeren Vergangenheit aus: 2011 kam es zu Streiks in rund 200 Betrieben mit 100.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und 2018 in über 240 Betrieben mit mehr als 70.000 Beschäftigten.

WIFO: Keine „Lohn-Preis-Spirale“

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) gab indes seine aktuelle Einschätzung zur Herbstlohnrunde ab. „Die Tariflohnsteigerungen bewirkten bislang keine zusätzlichen Preisanstiege, sondern ergaben sich aus diesen“, teilte das Institut in einem am Montag veröffentlichten „Reasearch Brief“ mit.

„Während eine Kompensation von Reallohnverlusten keine ‚Lohn-Preis-Spirale‘ auslösen wird, wird sie die Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit, die sich aus der Überinflation in Österreich ergibt, verstärken“, warnte WIFO-Ökonom Stefan Schiman-Vukan.

Plakat mit der Aufschrift „Streik!“ und zahlreiche Personen bei einem Warnstreik der Metalltechnischen Industrie (FMTI)
APA/Roland Schlager
Bei den Metallern liegen die Vorstellungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern noch weit auseinander

Zudem gehe die gesunkene Wettbewerbskraft zulasten der Unternehmen, da der Kapitalabfluss an das rohstoffexportierende Ausland den Verteilungsspielraum geschmälert habe. „Das beschleunigte Tariflohnwachstum ab Jänner 2023 erhöhte die Inflation in jenem Monat tatsächlich um etwa einen halben Prozentpunkt. Der Effekt war jedoch nicht von Dauer, sondern klang bis März 2023 wieder ab“, so Schiman-Vukan. Neben den Metallern verhandelt aktuell auch der Handel über den Kollektivvertrag 2024.

NEOS: Spielraum für höhere Löhne schaffen

NEOS übte im Zusammenhang mit den Streiks Kritik an der Regierung. „Diese Situation wäre vermeidbar gewesen“, sagte NEOS-Wirtschafts- und -Sozialsprecher Gerald Loacker. „Die Bundesregierung ist in der Pflicht, den Spielraum für höhere Löhne zu schaffen. Dass ÖVP und Grüne das unterlassen haben, fällt jetzt Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf den Kopf.“

Loacker forderte ein klares Bekenntnis „zu einer deutlichen Steuer- und Lohnnebenkostensenkung und damit einer deutlichen Entlastung für beide Seiten“. So könne die Regierung „Druck“ aus den Verhandlungen nehmen.

Telekom Austria: Ruf nach 11,6 Prozent Lohnplus

Ebenfalls 11,6 Prozent mehr Gehalt für die Beschäftigten verlangt die Gewerkschaft für die teilstaatliche A1 Telekom Austria. Ausgangsbasis ist eine rollierende Inflation von 9,17 Prozent, die höher liegende Forderung trage dabei den „hervorragenden“ Geschäftsergebnissen sowie einer erhöhten Dividendenausschüttung bei dem Unternehmen Rechnung, schrieb die Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) in einer Aussendung. Es geht um gut 10.000 Beschäftigte. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 20. November statt.