Signa-Firmengründer Rene Benko
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Benko schweigt

Signas Zukunft weiter im Dunkeln

Die Zukunft der schlingernden Signa-Gruppe rund um Firmengründer Rene Benko steht derzeit in den Sternen. Der von Signa-Holding-Mitgesellschafter Hans Peter Haselsteiner am Freitag angekündigte Rückzug von Benko ist weiterhin offen. Investoren und Gesellschafter beraten, wie viel Kapital nötig ist, um das Unternehmen zu stabilisieren. Wie hoch der Schuldenstand genau ist, ist unklar.

Einige Signa-Mitgesellschafter hatten vergangene Woche in einem persönlichen Schreiben den Rückzug von Benko als Signa-Lenker, die treuhändische Übergabe seiner Stimmrechte und die Einsetzung des deutschen Sanierungsexperten Arndt Geiwitz als Generalbevollmächtigten gefordert. „Dieser Wunsch wurde von Rene Benko einmal grundsätzlich positiv beantwortet, und seine Bereitschaft ist evident“, sagte Haselsteiner dem Ö1-Mittagsjournal am Freitag. „Er möchte nur von seiner Seite her wissen, ob die Gesellschafter mit einer solchen weitgehenden Lösung auch bereit wären, einen Beitrag zu leisten zur Sanierung der Gruppe“, sagte Haselsteiner.

„Keiner kann sich erklären, auf welcher Grundlage Haselsteiner zu dieser Einschätzung gekommen ist“, sagte indessen ein Insider dem „Handelsblatt“. Es gebe keine Zustimmung, nichts liege schriftlich vor. Auch ist unklar, wie der Beitrag der Gesellschafter aussehen könnte und ob eventuell neue Geldgeber zu gewinnen sind. Zumindest nicht dementiert sind Gespräche des Benko-Lagers mit Investoren aus den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie Saudi-Arabien, wie das Ö1-Mittagsjournal am Montag berichtete. Es soll jeweils um dreistellige Millionenbeträge gehen.

Suche nach etwas Transparenz

Derzeit versucht der deutsche Topsanierer Geiwitz Einblick in Signas verschlungenes Imperium zu bekommen. Benko hat ihn als Berater geholt, die Gesellschafter präferieren Geiwitz als neuen starken Mann an der Spitze der Gruppe. Er soll auch Transparenz in das verschachtelte Konglomerat bringen. Die finanzielle Lage der Signa-Gruppe ist von außen schwer einschätzbar, weil kein Konzernabschluss für die gesamte Firmengruppe öffentlich einsehbar ist.

Sanierungsexperte Arndt Geiwitz
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Sanierungsexperte Arndt Geiwitz

Die Signa-Prime-Gruppe schrieb laut im Firmenbuch hinterlegtem Jahresabschluss 2022 einen Jahresverlust von einer Milliarde Euro, nach einem Gewinn von 732 Mio. Euro im Jahr davor. Die langfristigen Verbindlichkeiten belaufen sich Ende 2022 auf 8,9 Mrd. Euro und die kurzfristigen auf 2,7 Mrd. Euro.

Die Sparte Signa Retail Selection, in der wesentliche Handelsaktivitäten gebündelt sind, weist im Jahresabschluss per Ende September 2022 einen Verlust von 1,4 Mrd. Euro aus. Signa Sports United meldete kürzlich Insolvenz an und für die Signa RFR US Selection AG (u. a. Chrysler Building) liegen keine aktuellen Geschäftszahlen vor. „Wie schlimm es ist, weiß man noch nicht“, sagte Haselsteiner der „Tiroler Tageszeitung“ (Samstag-Ausgabe). Ohne neues Geld aller Mitinvestoren werde es nichts.

Banken beruhigen

Laut Medienberichten soll der Kapitalbedarf bis Jahresende bis zu 400 Mio. Euro betragen. Die deutschen Signa-Investoren Roland Berger und Torsten Toeller haben offenbar eine Verkaufsoption für ihre Anteile und wollen sich nun auszahlen lassen. Vonseiten der kreditgebenden Banken war zur Entwicklung kein Kommentar zu bekommen. In Österreich geht es um etwa zwei Milliarden Euro, involviert sind vor allem Raiffeisen und Bank Austria. Von ihnen heißt es unisono, die Kredite seien über Hypotheken ausreichend gesichert.

Signas Zukunft weiter im Dunkeln

Die Zukunft der angeschlagenen Signa-Gruppe. Der angekündigte Rückzug von Rene Benko, den sein Mitgesellschafter Hans Peter Haselsteiner am Freitag bekanntgab, steht noch aus. Investoren und Gesellschafter befinden sich in Beratungen, um festzustellen, wie viel Kapital benötigt wird, um das Unternehmen zu stabilisieren. Es besteht Unklarheit über die genaue Höhe der Schulden des Unternehmens.

Hochkarätiger Beirat

Benko hat in seiner von ihm konzipierten Signa-Gruppe seit 2013 keine operative Funktion mehr, verfügt aber mit seinen Familienstiftungen über die Mehrheit der Stimmrechte und gilt als Signa-Lenker. Die Signa Holding GmbH hat einen hochkarätig besetzten Beirat, Benko fungiert als Beiratsvorsitzender. Im Beirat sitzen Ex-SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, der ehemalige Bank-Austria-Chef Karl Samstag, der deutsche Berater Roland Berger, der ehemalige Morgan-Stanley-Banker Walid Chammah, die Wüstenrot-Chefin und Ex-FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn, der Präsident des Österreichischen Olympischen Comites (OÖC), Karl Stoss, Ex-RBI-Chef Karl Sevelda und Lindt-&-Sprüngli-Präsident Ernst Tanner.

Grafik zeigt ausgewählte Standorte von Signa-Gebäuden
Grafik: APA/ORF; Quelle: APA

Leonard Dobusch, Ökonom an der Uni Innsbruck und wissenschaftlicher Leiter des arbeitnehmernahen Momentum Instituts im Studio, bezeichnete es am Montag im Ö1-Mittagsjournal als „auffällig, dass eigentlich jedem klar war, dass Benko der Chef der Signa war, gleichzeitig aber er bewusst offensichtlich jede formale offizielle Rolle als Geschäftsführer, als Vorstandsvorsitzender oder Ähnliches vermieden hat. Und da kann man sich natürlich schon die Frage stellen: Warum macht man das?“ „Solche Umgehungskonstruktionen“ sollten in Zukunft ein Warnsignal sein, sagte Dobusch.

Absturz mit Anlauf

Für Dobusch kommen die plötzlichen Turbulenzen bei Signa nicht wirklich überraschend: Bereits 2019, im letzten Jahr vor der Pandemie, sei die Bilanz unter Berücksichtigung der Zinszahlungen negativ gewesen. „Der Wachstumskurs, den Benko verfolgt hat, der war nur möglich, weil man Immobilien sehr aggressiv, sehr hoch bewertet hat und diese hoch bewerteten Immobilien dann wiederum als Sicherheit für Kredite gedient haben.“ So eine Strategie könne nur aufgehen, wenn die Zinsen niedrig bleiben und die Preise steigen. Der Immobiliensektor habe sich aber genau gegenteilig entwickelt.