Donald Trump vor Gericht
Reuters/Brendan McDermid
„Will nicht alles hören“

Trump reizte Geduld des Gerichts aus

Der frühere US-Präsident Donald Trump hat sich am Montag wortreich gegen die Vorwürfe im Betrugsprozess gegen ihn gewehrt. Er habe seine Immobilienwerte nicht aufgebläht, um an günstige Kredite zu kommen, sagte er vor Gericht. Doch dabei blieb es nicht. Der Republikaner sparte nämlich nicht mit Tiraden gegen die Justiz. Richter Arthur Engoron ermahnte Trumps Anwalt: „Können Sie Ihren Klienten zügeln?“

Trump traf am Montagvormittag (Ortszeit) im Gericht in New York ein. Es handelt sich um die erste Aussage eines früheren US-Präsidenten als Beschuldigter vor Gericht seit mehr als hundert Jahren. Vor seiner Ankunft hatte er in sozialen Netzwerken erneut von einer „Hexenjagd“ seiner „politischen Gegner“ gesprochen. „Es ist eine sehr traurige Situation für unser Land“, sagte er vor dem Gerichtsgebäude.

Die Staatsanwaltschaft wirft Trump, seinen Söhnen, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vor, den Wert der Trump Organization über viele Jahre hinweg manipuliert zu haben, um an günstigere Kredite und Versicherungsverträge zu kommen. Richter Engoron hatte das vor dem Prozess bereits bestätigt – in dem Verfahren geht es nun vor allem um die Festlegung möglicher Strafen.

Donald Trump auf dem Weg zum Gericht
AP/Stefan Jeremiah
Vor seiner Ankunft sprach Trump bereits in sozialen Netzwerken von einer „Hexenjagd“ gegen ihn

„Ich will nicht alles hören, was er zu sagen hat“

Schon nach wenigen Minuten wurde Trump zu den Finanzdokumenten befragt, die im Mittelpunkt des Verfahrens stehen – seine jährlichen Finanzberichte, von denen die Staatsanwaltschaft behauptet, diese seien stark aufgebläht worden. Trump spielte die Bedeutung dieser Finanzberichte und Bewertungen herunter und verwies auf eine Klausel, die seiner Meinung nach darauf hinauslief, dass die Empfänger ihre eigenen Berechnungen anstellen sollten.

Trump reizte Geduld des Gerichts aus

Im Betrugsprozess gegen Donald Trump in New York ist der frühere US-Präsident persönlich zu einer Aussage unter Eid erschienen. Schon zuvor sprach Trump von einer „unfairen Situation“. Generalstaatsanwältin Letitia James hatte vor Beginn des Gerichtstermins gesagt, sie erwarte, dass Trump sich wieder daneben benehmen werde.

Er betonte, dass er nach Jahrzehnten in der Immobilienbranche „die Banken so gut kennt wie kein anderer. Ich weiß, worauf sie achten. Sie schauen auf das Geschäft, sie schauen auf den Standort.“ Der frühere Präsident beschwerte sich, dass die Berichte überhaupt nicht Gegenstand der Klage sein sollten. „Das ist schon so lange her, dass es längst verjährt ist“, sagte Trump und richtete sich dann gegen den Richter: „Sie sind gegen mich, sie entscheiden immer gegen mich.“

Richter Arthur F. Engoron
Reuters/Brendan McDermid
Richter Engoron ermahnte Trump mehrmals, dass er auf Fragen antworten soll

Der Richter reagierte auf die Aussagen des Ex-Präsidenten prompt: „Sie können mich angreifen, wie Sie wollen, aber bitte beantworten Sie die Fragen.“ Mehrmals bat er Trump, keine Reden zu halten. Es sei keine „politische Kundgebung“. „Wir haben keine Zeit zu verschwenden.“ Später verlor Engoron dann endgültig die Geduld. Er forderte Trumps Anwalt auf, seinen Klienten zu zügeln, und warnte: „Wenn Sie das nicht können, werde ich es tun. Ich werde alle negativen Schlüsse ziehen, die ich ziehen kann.“

Trump war „zu beschäftigt“ als Präsident

Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Frage gestellt, auf die Trump mit Ja oder Nein antworten hätte können. Stattdessen schweifte der Ex-Präsident wortreich aus. Der Anwalt von Trump meinte, dass das Gericht Trumps Ausführungen anhören müsse. Engoron entgegnete: „Nein, ich will nicht alles hören, was er zu sagen hat. Er hat eine Menge zu sagen, das nichts mit dem Fall oder den Fragen zu tun hat.“ Trump rückte nach vor und sagte ins Mikrofon: „Das ist ein sehr unfaires Verfahren. Sehr, sehr, und ich hoffe, die Öffentlichkeit sieht zu.“

Donald Trump vor Gericht
AP/Eduardo Munoz Alvarez
Trump führte ausführlich aus, warum die Vorwürfe gegen ihn nicht stimmen

Trump erklärte der Anklage, dass er als Präsident „zu beschäftigt“ gewesen sei, um ein Finanzdokument über die Bewertung von Immobilien zu prüfen. Auf die Frage, ob er an der Vorbereitung von Finanzdokumenten beteiligt war, sagte der Ex-Präsident, dass sein Hauptaugenmerk im Weißen Haus „auf China, Russland und der Sicherheit unseres Landes“ gelegen sei.

Trump wurde sechs Stunden befragt

Wenig später echauffierte sich Trump weiter gegen Engoron. Der frühere Präsident warf dem Richter vor, in seiner rechtlichen Einschätzung, was den Fall betrifft, falsch zu liegen. „Er hat gegen mich entschieden, ohne etwas über mich zu wissen. Der Betrug geschieht im Namen des Gerichts“, sagte Trump und zeigte wiederholt auf Engoron. „Er sagt, dass ich ein Betrüger bin. Er ist derjenige, der das Eigentum nicht richtig bewertet hat.“ Die Anklage fragte, ob der Ex-Präsident nun fertig sei. Trump: „Fertig.“

Nach rund sechs Stunden war die Befragung Trumps zu Ende. Vor dem Gerichtssaal gab er der anwesenden Presse ein kurzes Statement und forderte die Einstellung des Verfahrens. „Ich denke, es ist ein sehr trauriger Tag für Amerika“, sagte Trump. „Das ist ein Fall, der niemals hätte vorgebracht werden dürfen, und es ist ein Fall, der sofort eingestellt werden sollte“, so Trump weiter.

Hasstiraden gegen Justiz

Trump will kommendes Jahr erneut für die Republikaner zum US-Präsidenten gewählt werden. Eine Gefängnisstrafe oder direkte Auswirkungen auf seine Bewerbung um das Präsidentenamt drohen Trump zwar nicht, doch geschäftlich könnte ihm eine Verurteilung großen Schaden zufügen. Generalstaatsanwältin Letitia James will erreichen, dass Trump 250 Millionen US-Dollar (rund 239 Millionen Euro) zahlen muss und in New York keine Geschäfte mehr machen darf.

Zuletzt hatten bereits mehrere Kinder Trumps ausgesagt. Donald Jr. und Eric wiesen vor Gericht aber jegliche Vorwürfe zurück und sagten aus, sie hätten mit der Buchhaltung und den Abrechnungen der Trump Organization nichts zu tun gehabt. Wegen der Ladungen seiner Kinder hatte Trump – allen voran in sozialen Netzwerken – gegen den Richter Engoron, Gerichtsmitarbeiter und -mitarbeiterinnen sowie gegen die Staatsanwaltschaft gewettert.

Schon zum Prozessbeginn vor wenigen Wochen hatte Trump dem Gericht einen Schlagabtausch geliefert. Der Richter sei „schurkisch“ und Generalstaatsanwältin Letitia James, die ihn 2022 angeklagt hatte, sei „rassistisch“ und eine „Horrorshow“, sagte der Rechtspopulist. Wegen der verbalen Entgleisungen Trumps hatte Richter Engoron ihm mit ernsthaften Konsequenzen gedroht, eine Geldstrafe und ein Verbot der Verunglimpfung von Gerichtsangestellten verhängt.

Demonstranten vor dem Gericht
AP/Stefan Jeremiah
Sowohl Befürworter als auch Gegner versammelten sich vor dem Gerichtsgebäude

Am Freitag verbot Engoron Trumps Anwälten, weitere Kommentare über die vertrauliche Kommunikation zwischen dem Richter und seinen Mitarbeitern innerhalb oder außerhalb des Gerichtssaals abzugeben. Sein Büro sei seit Prozessbeginn mit Hunderten belästigenden und bedrohenden Anrufen, Sprachnachrichten, E-Mails, Briefen und Paketen überschwemmt worden, teilte der Richter mit. Er müsse seine Mitarbeiter vor Drohungen und körperlichen Schäden schützen.

In vier Strafverfahren angeklagt

Bei dem Zivilprozess, der auf mehrere Monate angesetzt wurde, sollen Dutzende Zeugen und Zeuginnen sowie Fachleute aussagen. Neben dem Zivilverfahren wurde der Ex-Präsident in vier Strafverfahren angeklagt. Bei zwei Anklagen geht es um Trumps Versuche, den Ausgang der Präsidentschaftswahl 2020 zu kippen und sich damit an der Macht zu halten.

Letitia James
AP/Eduardo Munoz Alvarez
Generalstaatsanwältin James fordert eine hohe Strafe für Trump

Der 77-Jährige ist haushoher Favorit im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der oppositionellen Republikaner und will bei der Präsidentschaftswahl im November 2024 Amtsinhaber Joe Biden herausfordern. Die „New York Times“ berichtete kürzlich über eine Umfrage zusammen mit dem Siena College, wonach Biden in fünf der sechs wichtigsten umkämpften Staaten hinter Trump liegt. Die Fehlertoleranzen liegen allerdings zwischen 1,8 und 4,8 Prozentpunkten.

Für die Umfrage wurden insgesamt 3.662 Wähler und Wählerinnen in den sechs US-Staaten Wisconsin, Arizona, Georgia, Nevada, Michigan und Pennsylvania im Zeitraum zwischen dem 22. Oktober und dem 3. November befragt. Nur in Wisconsin führt Biden, in den „Swing States“ Arizona, Georgia, Nevada, Michigan und Pennsylvania – allesamt Staaten, die zwischen Demokraten und Republikanern besonders umkämpft sind – liegt Trump vorne.