Ungarn: „Homophobiegesetz“ kostet Museumsdirektor Job

Wegen der angeblich zu laschen Anwendung eines umstrittenen Gesetzes hat der ungarische Kultusminister Janos Csak den Direktor des Nationalmuseums, Laszlo L. Simon, entlassen. Dieser habe Gesetzeswidrigkeiten in seinem Haus geduldet und könne deshalb nicht weiter im Amt bleiben, teilte das Kultusministerium in einer Erklärung heute mit.

Stein des Anstoßes war eine Ausstellung der internationalen Stiftung World Press Photo, die auf dem Gelände des Nationalmuseums weltweit preisgekrönte Pressefotos zeigte. Auf einigen Fotos waren die Bewohner eines Altenheimes auf den Philippinen dargestellt, in dem Homosexuelle und andere LGBTQ-Menschen leben. Einige von ihnen waren in Frauenkleidern zu sehen.

Beschwerde von rechtsradikaler Abgeordneter

Das vom rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orban kontrollierte Parlament hatte 2021 ein Kinderschutzgesetz geschaffen. Dieses verbietet, dass Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren Inhalte zugänglich gemacht werden, die Homosexualität, Transsexualität oder Geschlechtsanpassungen darstellen. Kritiker bezeichnen die Regelung als „Homophobiegesetz“.

Über die LGBTQ-Darstellungen von den Philippinen hatte sich eine rechtsradikale Parlamentsabgeordnete beschwert. Das Kultusministerium wies daraufhin Direktor Simon an, unter 18-Jährigen den Zugang zum Museum zu verwehren. Das Museum meinte, dass es über keine Befugnis zu Ausweiskontrollen verfüge.

Für EU-Kommission Fall für EuGH

Nach seiner Entlassung hielt Simon in einer Erklärung fest, dass er die Entscheidung nicht akzeptieren könne. „Mit der World-Press-Photo-Ausstellung hat sich das Museum keines absichtlichen Gesetzesverstoßes schuldig gemacht.“ Simon gehört der Regierungspartei FIDESZ an. Als langjähriger Kulturfunktionär war er 2021 zum Direktor des Nationalmuseums ernannt worden.

Zuletzt hatten ungarische Behörden unter Berufung auf das „Homophobiegesetz“ Buchhandlungen bestraft, wenn diese Jugendbücher zu LGBTQ-Themen nicht in eine Folie eingeschweißt hatten. Die EU-Kommission strengte gegen das Gesetz ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) an.