Hand tippt auf Smartphone mit Social-Media-Apps am Bildschirm
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UNESCO-Umfrage

„Fake News“ beschädigen Politik

Weltweit machen sich die Menschen große Sorgen über die Ausbreitung und Wirkung von Desinformation in den sozialen Netzwerken. In einer Umfrage im Auftrag der UNO, die auch Österreich umfasst, zeigten sich 87 Prozent überzeugt, dass die Politik in ihrem Land durch „Fake News“ und Hassrede bereits beschädigt wurde. Die UNO fordert daher die staatliche Regulierung von sozialen Netzwerken.

In insgesamt 16 Ländern, in denen im nächsten Jahr Wahlen stattfinden, wurden vom Meinungsforschungsinstitut Ipsos im Auftrag der für Erziehung, Gesellschaft und Kultur zuständigen UNESCO 8.000 Menschen befragt. Neben Österreich fand die Umfrage unter anderem auch in Kroatien, den USA, Algerien, Mexiko, Ghana und Indien statt.

Demnach beziehen 56 Prozent aller Internet-User Nachrichten aus sozialen Netzwerken – weit mehr als via TV (44 Prozent) oder Nachrichtenwebsiten (29 Prozent). In Österreich ist allerdings noch TV mit 45 Prozent führend, gefolgt von Feeds der sozialen Netzwerke (36 Prozent), Radio (31 Prozent) und Nachrichtenwebsiten (25 Prozent).

„Fake News“ prägen Politik bereits

68 Prozent aller Befragten gaben an, dass „Fake News“ in sozialen Netzwerken am stärksten verbreitet sind – noch vor Messaging Apps wie WhatsApp (38 Prozent). 85 Prozent zeigten sich besorgt über Rolle und Einfluss der sozialen Netzwerke. 87 Prozent sind überzeugt, dass Desinformation die nationale Politik bereits stark beeinflusst und auch bei den Wahlen im kommenden Jahr eine Rolle spielen wird.

Bereits der letzte Nationalratswahlkampf war geprägt von „Fake News“, „Dirty Campaigning“ und Desinformationskampagnen im Netz – und man muss wohl davon ausgehen, dass sich dieser Trend bei der 2024 anstehenden Parlamentswahl fortsetzen wird.

„Zwei Drittel sehr besorgt“

Zwei Drittel gaben an, selbst schon auf Hassrede getroffen zu sein. Und fast 90 Prozent forderten, dass Regierung und Regulatoren diese Probleme angehen müssen. 90 Prozent der Befragten sehen zudem die Plattformbetreiber selbst in der Pflicht.

Die Menschen seien „sehr besorgt bezüglich Desinformation – und zwar in jedem Land und unabhängig von Alter, Bildung und Wohnort“, so Mathieu Gallard von Ipsos laut der britischen Tageszeitung „Guardian“. Besonders in Sorge seien sie in Bezug auf Wahlen, „und sie wollen, dass alle Akteure etwas dagegen unternehmen“.

UNESCO-Plan mit sieben Grundsätzen

UNESCO-Chefin Audrey Azoulay warnte vor einer Zunahme von Desinformation und Hassrede im Netz und betonte, diese seien „eine große Gefahr für Stabilität und sozialen Zusammenhalt“. Laut Guilherme Canela de Souza Godoi, Leiter der UNESCO-Abteilung für Meinungsfreiheit, haben mehr als 50 Länder bereits Regeln für soziale Netzwerke eingeführt. Diese würden aber oft nicht den Grundsätzen der Meinungsfreiheit gerecht.

Die UNESCO forderte ihrerseits am Montag aber die weltweite staatliche Regulierung sozialer Netzwerke – und legte dafür einen Plan – aufbauend auf sieben Prinzipien – vor. Grundlage dafür war ein eineinhalb Jahre langer Prozess, in dem weltweit mehr als 10.000 Vorschläge gesammelt und verarbeitet wurden.

Unter anderem fordert die UNESCO die Schaffung unabhängiger öffentlicher Regulierungsbehörden. Diese müssten mit einem klaren Auftrag und ausreichend Mitteln zur Umsetzung ihrer Aufgaben ausgestattet werden.

Gegen „ethisches Dumping“

Diese nationalen Behörden müssten untereinander eng zusammenarbeiten, um jegliche Form des „ethischen Dumpings“ zu vermeiden. Von den Plattformen selbst verlangte die UNESCO mehr Initiativen zur Schulung ihrer Nutzerinnen und Nutzer, unter anderem zu einem kritischen Blick.

Transparenz bei Algorithmen

In sensiblen Phasen wie bei Wahlen müssten Regulierungsbehörden und Plattformen verstärkte Schutzmaßnahmen ergreifen. Bei den verwendeten Algorithmen müssten Transparenz und eine Rechenschaftspflicht geschaffen werden. Die Moderation von Inhalten müsse in allen Regionen und allen Sprachen möglich und wirksam sein. Die Auswirkungen auf die Menschenrechte müssten der Kompass für alle Entscheidungen bei der Ausgestaltung der Plattformen sein.

Die UNESCO will, dass ihre Mitgliedsstaaten die formulierten Grundsätze umsetzen. Eine erste weltweite Konferenz von Regulierungsbehörden digitaler Plattformen will die UNO-Kulturorganisation Mitte nächsten Jahres organisieren.