Portugals Ministerpräsident Antonio Costa
AP/Ana Brigida
Korruptionsskandal

Portugals Premier tritt ab

Der portugiesische Regierungschef Antonio Costa ist überraschend zurückgetreten. Er begründete seinen Schritt am Dienstag in einer kurzen Erklärung mit Ermittlungen der Justiz wegen des Verdachts der Korruption in seiner Regierung. Zuvor hatte die Polizei unter anderem Costas Residenz durchsucht und Medienberichten zufolge den Kabinettschef des Premiers festgenommen.

Costa betonte, Präsident Marcelo Rebelo de Sousa habe sein Rücktrittsgesuch angenommen. Das Amt des Regierungschefs sei mit den erhobenen Vorwürfen nicht vereinbar, sagte der Sozialist. Er sei Dienstagfrüh von der Nachricht überrascht worden, dass sich die Vorwürfe auch gegen ihn richteten.

„Nach meinem Verständnis ist die Position des Regierungschefs nicht mit einem Verdacht auf Integrität oder gutes Benehmen und schon gar nicht mit dem Verdacht, eine Straftat begangen zu haben, vereinbar“, so der 62-Jährige. Sein Gewissen sei aber rein. Die portugiesische Polizei hatte in der Früh zahlreiche Wohnungen und Büros, darunter auch die Residenz Costas, durchsucht. Medienberichten zufolge wurden fünf Personen festgenommen, darunter Costas Kabinettschef Vitor Escaria.

Konzessionsvergabe zu Lithiumabbau im Visier

Es gehe um den Verdacht illegaler Praktiken wie Bestechlichkeit und Vorteilsnahme bei der Vergabe von Konzessionen zum Lithiumabbau in Montalegre sowie der Produktion „grünen Wasserstoffs“ und den Bau eines Rechenzentrums bei der Stadt Sines, berichteten die portugiesische Medien. Bei den Festgenommenen handle es sich neben dem Kabinettschef um den einflussreichen Unternehmer Diogo Lacerda und den Bürgermeister von Sines, Nuno Mascarenhas, sowie zwei weitere Geschäftsleute.

Durchsuchung bei Portugals Premier

Die portugiesische Polizei hat die Residenz von Regierungschef Antonio Costa sowie zwei Ministerien und andere Gebäude durchsucht. Die Justiz ermittelt wegen des Verdachts der Korruption in der Regierung. Costa gab schließlich seinen Rücktritt bekannt.

Zwei Minister als Verdächtige geführt

Insgesamt seien 40 Wohnungen und Büros durchsucht worden, darunter die Ministerien für Infrastruktur und Umwelt. Infrastrukturminister Joao Galamba und Umweltminister Duarte Cordeiro sowie dessen Vorgänger im Amt, Joao Pedro Matos Fernandes, würden als Verdächtige geführt. Formelle Ermittlungen laufen auch gegen den Leiter der Umweltbehörde APA.

Größte Lithiumvorkommen Europas

„Grüner Wasserstoff“ wird mit Strom aus erneuerbaren Energien produziert. Lithium wird zur Herstellung von Batterien verwendet und ist daher für die Energiewende unerlässlich. Portugal verfügt über die vermutlich größten Lithiumvorkommen in Europa.

Die Umweltbehörde APA hatte im September unter Auflagen grünes Licht für ein zweites Projekt zum Abbau von Lithium im Norden Portugals gegeben. Umweltschutzorganisationen sowie Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Gebiete lehnen die riesige Mine ab. Der Lithiumabbau gilt als extrem umweltgefährdend.

Costas Name bei Befragungen genannt

Bei der Befragung von Verdächtigen seien den Korruptionsermittlern auch Costas „Name und Amt“ genannt worden, erklärte die Staatsanwaltschaft. Der Verdacht gegen ihn sei Gegenstand einer separaten Ermittlung.

Land vor Neuwahl

Präsident Rebelo de Sousa kann nun einen Interimsregierungschef ernennen, das Parlament auflösen. Dann muss es eine Neuwahl geben. Der Ausgang ist schwer prognostizierbar. Bis Dienstagfrüh galt Costa Umfragen zufolge als Favorit bei der nächsten regulären Parlamentswahl, die erst für 2026 erwartet worden war.

Mit dem Rücktritt Costas wird eine knapp achtjährige Erfolgsstory jäh unterbrochen. Im Jänner 2022 hatte Costa mit seiner Sozialistischen Partei (PS) eine absolute Mehrheit im Lissabonner Nationalparlament, der Assembleia da Republica, errungen. Davor hatte er seit Ende 2015 linke Minderheitsregierungen angeführt. Einer der Hauptgründe für Costas Wahlerfolge liegen in der Wirtschaftsentwicklung. Nach der Euro-Krise der früheren 2010er Jahren wuchs Portugals Wirtschaft ab 2016 aufgrund des boomenden Tourismus über dem EU-Durchschnitt.