Eine junge Frau inhaliert Lachgas aus einem Luftballon
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Partydroge

Großbritannien verbietet Besitz von Lachgas

Der Besitz von Lachgas (Distickstoffoxid) als Partydroge ist in Großbritannien seit Mittwoch verboten. Lachgas ist laut britischem Innenministerium derzeit die am dritthäufigsten konsumierte Droge bei 16- bis 24-Jährigen. Bis zu 14 Jahre Haft drohen Herstellern und Dealern, Ausnahmen gibt es nur beim Einsatz im medizinischen Bereich und in der Gastronomie.

Nutzer und Nutzerinnen von Lachgas als Droge können künftig eine Geldstrafe in unbegrenzter Höhe, eine sichtbare Gemeinschaftsstrafe oder eine Verwarnung im Strafregister erhalten. Wiederholungstätern drohen bis zu zwei Jahre Haft. Die Höchststrafe für Hersteller und Dealer beträgt 14 Jahre Haft. Beim Inhalieren des farb- und geruchslosen Lachgases, etwa direkt aus Kapseln oder aus Luftballons, tritt ein kurzer Rausch teils mit Glücksgefühlen und Euphorie ein – daher auch der Name.

Es wird in der Medizin als Betäubungsmittel und Schmerzmittel, darunter bei Geburten und beim Zahnarzt, genutzt. Bei genügender Sauerstoffversorgung gilt Lachgas als ungefährlich und ohne große Nebenwirkungen. Es findet aber auch in Küchen Anwendung, etwa zum Aufschäumen von Schlagobers in speziellen Spendern (Sahnesiphon). Dafür gibt es in Großbritannien Ausnahmen.

Lachgaspatronen auf einem Gehsteig
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Lachgaskartuschen sind in jedem Supermarkt zu finden

Der britische Premierminister Rishi Sunak hatte bei der Ankündigung des Verbots vor wenigen Wochen gesagt, er halte sein Versprechen, „antisoziales Verhalten“ möglichst schnell zu beenden. Der Polizei würden mehr und mehr Vorfälle gemeldet, bei denen Lachgas eine Rolle spiele, etwa „einschüchternde Versammlungen“ sowie weggeworfene Kanister auf den Straßen.

Steigender Konsum in Europa

Laut dem jüngsten europäischen Drogenbericht gibt der zunehmende Freizeitkonsum von Lachgas in einigen Teilen Europas „Anlass zu gesundheitlichen Bedenken“, gerade bei jungen Menschen. Die möglichen Risiken durch Lachgas umfassen laut Experten Vergiftungen, Verbrennungen und Lungenverletzungen sowie in einigen Fällen bei längerem Gebrauch auch Nervenschäden bis zu Lähmungen. Im Gegensatz zu anderen Drogen hinterlässt Lachgas laut Experten keine messbaren Spuren.

Lachgas sei mittlerweile einfach und kostengünstig erhältlich, so der Drogenbericht weiter, auch in größeren Mengen. Gerade größere Zylinder und Behälter mit Lachgas seien aber gefährlich, weil sie durch den höheren Druck die Lunge eher schädigen könnten, gerade beim direkten Konsum aus dem Behälter. Der Bericht empfiehlt auch in Hinsicht auf die möglichen Schäden für die Gesundheit verstärktes Monitoring und auch Forschung in dem Bereich.

Festivalbesucher auf dem Glastonbury Music Festival inhalieren Lachgas aus einem Luftballon
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Seit einigen Jahren nimmt der Missbrauch von Lachgas zu

Verbote werden auch kritisch gesehen

Großbritannien ist nicht das erste Land in Europa mit einem schärferen Kurs. Die Niederlande haben Besitz und Verkauf bis auf Ausnahmen bereits verboten, auch Dänemark erließ strengere Vorgaben. In diesen Ländern stieg die Nutzung von Lachgas als Droge zuletzt laut EU-Drogenbericht deutlich, ebenso in Irland, Frankreich, Litauen und Portugal. In Deutschland gibt es ebenfalls Stimmen, die strengere Regeln verlangen.

Es gibt aber auch kritischen Stimmen zum Verbot in Großbritannien, wie die BBC berichtet. Dieses stehe in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen gesundheitlichen Schäden und Risiken, so das britische Beratungsgremium für Drogenmissbrauch, und könne zu ungewollten Konsequenzen führen, etwa dass Nutzer und Nutzerinnen keine medizinische Hilfe in Anspruch nehmen würden. Die britische Regierung argumentierte ihre Entscheidung damit, dass man viele Faktoren einbeziehen müsse.

Abfall bereitet zusätzliche Probleme

Lachgas sorgt offenbar auch mit dem zurückbleibenden Mist für Unfrieden. Beim Notting Hill Carnival, einem großen Straßenfest in London, mussten der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge Tausende Patronen entsorgt werden. „Die Briten haben die Nase voll von Rüpeln, die im öffentlichen Raum Drogen nehmen und eine schändliche Sauerei hinterlassen, die andere aufräumen müssen“, so Innenministerin Suella Braverman laut PA. Ähnliche Beschwerden gibt es aus anderen Ländern mit hohem Konsum.

2021 gab es in französischen Müllverbrennungsanlagen auch viele Probleme durch falsch entsorgte Lachgasbehälter. Immer wieder sei es in den Verbrennungsöfen zu Explosionen gekommen, wenn die nicht komplett entleerten Behälter achtlos mit dem Hausmüll entsorgt werden, berichtete die Zeitung „Le Parisien“. Für die Reparatur müssten die Öfen heruntergefahren werden, sagten mehrere Betreiber von Müllverbrennungsanlagen.

„Es friert dein Hirn ein“

In Großbritannien häufen sich laut BBC allerdings auch die gesundheitlichen Schäden durch Missbrauch von Lachgas. So soll es bereits mehrere Tote bei Autounfällen in Zusammenhang mit Lachgasmissbrauch gegeben haben. Birmingham verzeichnet aktuell die höchste Rate an Krankenhauseinweisungen nach dem übermäßigen Konsum von Lachgas. Eine BBC-Doku zeigte kürzlich, dass für den Gastrobedarf gedachte größere Lachgasbehälter des Herstellers Smartwhip mittlerweile auf der Straße erhältlich sind.

In der Doku erzählen ein Nutzer und eine Nutzerin über die Auswirkungen. „Es friert dein Hirn ein“, sagt etwa Ali, der nach einem Jahr Lachgaskonsum auf Entzug gehen musste. Er sei oft ein, zwei Stunden weggetreten gewesen, ständig müde, konnte nicht essen oder duschen. Das sei die fünf Sekunden High einfach nicht wert. Eine Nutzerin meinte, Lachgas zähle für die zu den am meisten süchtig machenden „bösen Dingen“. Sie habe einen Ballon nach dem anderen konsumiert.

Lachgas besonders schädlich fürs Klima

Schon im 19. Jahrhundert wurde Lachgas neben seiner schmerzstillenden Wirkung in der Medizin auch zum Vergnügen eingesetzt, etwa auf Jahrmärkten und bei „Lachgaspartys“. Seitdem gab es immer wieder Wellen bei der Nutzung. Mittlerweile ist die medizinische Nutzung teilweise zurückgegangen bzw. hat sich verlagert, darunter in den psychiatrischen Bereich. Lachgas selbst ist nicht brennbar, aber kann brennfördernd wirken und wird daher auch zum Tunen von Autos eingesetzt.

Lachgas wird auch in der konventionellen und intensiv betriebenen Landwirtschaft freigesetzt, gerade durch stickstoffhaltige Düngemittel. Auch Kläranlagen sind ein Quell von Lachgas, das als besonders effektives Treibhausgas die Ozonschicht direkt in der Stratosphäre schädigt und rund zehn Prozent zur globalen Erwärmung beiträgt. Lachgas (N2O) ist nach Kohlendioxid (CO2) und Methan das drittwichtigste langlebige Treibhausgas und dabei rund 300-mal schädlicher als CO2.