Australiens Premierminister Anthony Albanese und Tuvalus Premierminister Kausea Natano
IMAGO/Mick Tsikas
Vertrag mit Tuvalu

Australien nimmt Klimaflüchtlinge auf

Kaum ein Ort ist von der Klimakrise so betroffen wie das Südseearchipel Tuvalu. In 100 Jahren könnte die Heimat von rund 11.200 Menschen komplett versunken sein. Australien bot den Betroffenen am Freitag in einem historischen Abkommen ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht an.

Der australische Premier Anthony Albanese und sein Amtskollege aus Tuvalu, Kausea Natano, unterzeichneten einen entsprechenden Vertrag bei einem Treffen von Inselstaaten auf den Cookinseln im Südpazifik. Damit biete Australien erstmals aufgrund der Bedrohung durch die Klimakrise einem Staat Aufenthalts- oder Staatsbürgerrechte an, berichtete der Sender ABC.

„Wir denken, dass die Bevölkerung von Tuvalu die Wahl haben sollte, anderswo zu leben, zu studieren und zu arbeiten, während sich der Klimawandel verschärft“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der beiden Staatsoberhäupter. Australien will zunächst jährlich 280 Bürgerinnen und Bürger aus dem Inselstaat aufnehmen.

Bericht: Angebot an alle Tuvaluaner

Das gemeinsame Abkommen soll letztlich aber allen Bewohnerinnen und Bewohnern von Tuvalu die Möglichkeit auf Klimaasyl geben. Laut einem Bericht der Zeitung „Sydney Morning Herald“ („SMH“) wird sich Albanese dazu noch konkret äußern. Die Tageszeitung beruft sich hierbei auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.

Funafuti Atoll des Inselstaates Tuvalu
APA/AFP/Torsten Blackwood
Luftaufnahmen zeigen deutlich, wie knapp die Landmasse Tuvalus aktuell ist

In dem Abkommen der beiden Staaten heißt es, dass die Menschen in Tuvalu „tiefe, überlieferte Bindungen zu ihrem Land und dem Meer“ hätten. Es räumt allerdings auch ein, dass im Kampf gegen die Klimakrise nicht rasch genug gehandelt worden und diese bereits deutlich zu spüren sei.

Deshalb verpflichtet sich Australien in dem Abkommen, den Menschen von Tuvalu einen Umzug „in aller Würde“ zu ermöglichen. Tuvalus Regierungschef Natano bezeichnete das Abkommen als „eine Hoffnung“ und „großen Schritt nach vorn“ für die Stabilität in der Region. Um in Kraft zu treten, muss dieses allerdings noch von beiden Seiten ratifiziert werden.

„Industrienationen haben Verantwortung, Hilfe zu leisten“

„Als niedrig gelegenes Land ist Tuvalu besonders vom Klimawandel betroffen“, sagte Albanese bei einer Pressekonferenz. „Seine Existenz ist bedroht. Ich glaube, dass die Industrienationen die Verantwortung haben, Hilfe zu leisten, und genau das tun wir.“

Australien nimmt Einwohner von Tuvalu auf

Australien und Tuvalu haben am Rande des regionalen Pazifik-Insel-Forums ein Abkommen unterzeichnet, das es den Einwohnerinnen und Einwohnern des Inselstaates ermöglichen soll, nach Australien zu kommen, um dort zu leben und zu arbeiten. Tuvalu ist eines der am stärksten vom Klimawandel bedrohten Länder der Welt.

Albanese bezeichnete die Vereinbarung als „bedeutendstes Abkommen zwischen Australien und einem pazifischen Inselstaat aller Zeiten“. Auch Tuvalus Regierungschef Natano sprach von einem „Meilenstein“. ABC berichtete, dass mit dem Abkommen ein Vetorecht Australiens bei Sicherheitsvereinbarungen einhergehe, die Tuvalu mit anderen Ländern treffe.

Restriktive Einwanderungspolitik Australiens

Australien ist eigentlich für seine restriktive Einwanderungspolitik bekannt, was Asylwerberinnen und Asylwerber angeht. Arbeitsmigration allerdings will das Land stärker fördern. Australien gehört laut OECD mit den USA, Japan und Kanada zu jenen Industrienationen mit der niedrigsten Arbeitslosenrate, allerdings hat das Land auch einen hohen Arbeitskräftemangel.

Die USA haben bereits ähnliche Vereinbarungen mit sinkenden Pazifikstaaten getroffen, darunter Palau und die Marshallinseln. Dabei geht es stark um wirtschaftliche Unterstützung im Gegenzug für militärischen Zugang zu strategischen Meeresgebieten.

Überschwemmte Straße in Funafuti, Tuvalu,
REUTERS/AAP
Schon heute stehen Überschwemmungen in Tuvalu an der Tagesordnung

Meeresspiegel steigt sehr schnell

Australiens wirtschaftliche Abhängigkeit von den klimaschädlichen fossilen Brennstoffen Kohle und Gas ist seit Langem Streitpunkt mit seinen Pazifiknachbarn, die bereits mit erheblichen wirtschaftlichen und sozialen Kosten der Klimaerwärmung zu kämpfen haben. Im Südpazifik steigt der Meeresspiegel im Zuge der globalen Erderwärmung besonders schnell.

Tuvalu wird – wie andere Inseln in der Region auch – in den nächsten Jahrzehnten weitgehend überschwemmt werden. Expertinnen und Experten schätzen, dass das Archipel in nicht allzu langer Zeit komplett im Meer verschwunden sein könnte. Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen sich bald eine neue Heimat suchen. Tuvalu besteht aus neun Inseln und ist Mitglied des Commonwealth. Das Archipel liegt nördlich von Neuseeland und östlich von Papua-Neuguinea.