Greta Thunberg bei einem Klimaprotest in Amsterdam
AP/Peter Dejong
Nach Klimademo

Empörung über Thunbergs Gaza-Aussagen

85.000 Menschen haben am Wochenende in Amsterdam an einer Klimademo teilgenommen – nach Angaben der Veranstalter handelte es sich um den bisher größten derartigen Protestzug in den Niederlanden. Mit der Aktivistin Greta Thunberg war auch Protestprominenz vertreten. Doch sorgte sie für einen Eklat, denn erneut ergriff Thunberg anlässlich einer Klimademo Partei für die Palästinenser. Protest gegen diese Agenda wurde sogar auf der Bühne geäußert, und auch tags darauf gibt es Kritik.

Mit einem Palästinensertuch um den Hals sagte Thunberg auf der Bühne, die Klimaschutzbewegung habe die Pflicht, „auf die Stimmen jener zu hören, die unterdrückt werden und die für Frieden und Gerechtigkeit kämpfen“. Später gab Thunberg das Mikrofon an eine Frau weiter, die ebenfalls ein Palästinensertuch trug und behauptete, Israel begehe „in meinem Land einen Völkermord“. Israel greife gezielt Krankenhäuser und Zivilisten an, behauptete die Frau.

Später sprach wieder Thunberg – sie wurde aber von einem Mann unterbrochen, der auf die Bühne schnellte und Thunbergs Mikrofon an sich zog: „Ich bin für eine Klimademo hierhergekommen, nicht, um politische Ansichten zu hören.“ Dafür erntete er Beifall, aber auch Unmutsbekundungen aus dem Publikum, auf der Bühne entstand ein Tumult – Thunberg riss das Mikro wieder an sich und sagte mehrfach: „Beruhigt euch.“

„Ich fühle mich missbraucht“

Der Mann wurde von Aktivistinnen weggezogen und letztlich von zwei Männern von der Bühne gebracht. Später stimmte Thunberg in einen Sprechchor im Publikum ein und skandierte „No climate justice on occupied land“ („Keine Klimagerechtigkeit auf besetztem Land“) – offenkundig eine Anspielung auf die von Israel besetzten palästinensischen Gebiete.

Thunberg ergriff erneut Partei für Palästinenser

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat bei einer Rede in Amsterdam erneut für die Palästinenserinnen und Palästinenser Partei ergriffen. Dabei wurde sie von einem Mann unterbrochen, der auf die Bühne sprang und ihr aus Protest das Mikrofon aus der Hand riss.

Bei dem Mann handelt es sich um Erjan Dam. Der pensionierte Physiotherapeut sagte gegenüber dem deutschen „Spiegel“, dass er öfters an Demonstrationen für mehr Klimaschutz teilnehme. „Ich fühlte mich missbraucht – und viele andere Teilnehmer auch“, sagte er auf die Frage, warum er auf die Bühne stürmte. „Ich habe Greta Thunberg immer bewundert. Sie ist eine mutige Frau. Aber wenn sie jetzt ständig über Palästina statt Klimaschutz spricht, tut das der Klimaschutzbewegung nicht gut.“

Organisatoren gehen auf Distanz

Am Montag wurde von den Organisatoren mitgeteilt, dass jene Frau, die auf der Bühne von „Völkermord“ sprach, nicht auf der Rednerinnenliste stand – die Frau habe ohne Absprache das Mikrofon ergriffen. Die Organisatoren erklärten, auf Distanz zu der Aktion zu gehen, nachdem sie diese am Vortag jedoch nicht unterbunden hatten. Die Aktivistin Sara Rachdan bestätigte am Montag auf Instagram, dass sie nicht als Rednerin eingeladen war, über eine andere Rednerin habe sie Zugang zu Podium und Mikrofon bekommen.

„Klimabühne für eigene Zwecke missbraucht“

Am Tag nach dem Protestzug stand aber vor allem Thunberg in der Kritik – und diese kam vor allem aus Deutschland: Die dortige israelische Botschaft kommentierte auf Twitter (X), es sei „traurig, wie Greta Thunberg mal wieder die Klimabühne für eigene Zwecke missbraucht“. Auf Englisch fügte die Botschaft den Aufruf „Keine Bühne für Antisemiten“ hinzu.

Greta Thunberg und die Afghanin Sahar Shirzad bei einem Klimaprotest in Amsterdam
AP/Peter Dejong
Thunberg bei dem Klimaprotest in Amsterdam zusammen mit einer weiteren offiziellen Rednerin

„Ab jetzt hauptberuflich Israel-Hasserin“

Der Präsident der Deutsch-israelischen Gesellschaft (DIG) und Ex-Grünen-Politiker Volker Beck bezeichnete die Äußerungen bei der Demo als das „Ende von Greta Thunberg als Klimaaktivistin“. „Ab jetzt hauptberuflich Israel-Hasserin“, fügte er in seiner Kritik an der Initiatorin der „Fridays For Future“-Bewegung via Twitter hinzu.

„Schon lange über Greta als Person“ hinausgewachsen

Am Montag gingen die deutschen Aktivisten der Organisation deutlich auf Distanz und erklärten: „‚Fridays For Future‘ in Deutschland agiert als eigenständige Organisation“, und diese sei „schon lange über Greta als Person“ hinausgewachsen. Die Prozesse auf internationaler Ebene habe man schon länger ausgesetzt.

Nach einer ähnlichen Aktion wie in Amsterdam war Thunberg im vergangenen Monat bereits dafür kritisiert worden, dass sie die israelischen Opfer des Massakers der Hamas vom 7. Oktober mit rund 1.200 Toten nicht gesondert erwähnt hatte.

„Fridays For Future Austria“ hatte sich bereits vor über zwei Wochen nach israelfeindlichen Aussagen auf dem internationalen Instagram-Account der Bewegung gegenüber ORF.at „klar“ gegen Antisemitismus ausgesprochen. Die aktuellen Ereignisse in Nahost würden die vielen jungen Mitglieder der Bewegung erschüttern, man sei gegen Gewalt, Terror und Diskriminierung, wurde mitgeteilt.

Tausende Demonstranten bei einem Klimaprotest in Amsterdam
AP/Peter Dejong
Zehntausende nahmen an dem Klimaprotest teil – der Bewegung droht eine Spaltung

Krude Verschwörungstheorien

Die internationale Organisation von „Fridays For Future“ hatte behauptet, die weltweiten Medien seien „von imperialistischen Regierungen finanziert, die hinter Israel stehen“. Die Gruppierung sprach von einer „Gehirnwäsche“ und bezeichnete Israel als „Apartheidsystem“. Die von der radikalislamischen Hamas ermordeten Israelis wurden auch hier mit keinem Wort erwähnt.

Auch von den deutschen Grünen kam am Montag Kritik an Thunbergs Äußerungen – diese seien nicht nur bedrückend, sondern „absolut unanständig“, so Grünen-Chefin Ricarda Lang. Als Gesicht der Klimabewegung habe sie sich durch ihre wiederholten einseitigen Aussagen diskreditiert. „Ich glaube, das ist klar.“

„Es geht nicht um die Hamas“

Sara Rachdan, die auf der Bühne neben Thunberg von „Völkermord“ sprach, promoviert zurzeit an der medizinischen Fakultät in Amsterdam. In Onlinemedien hatte sie zuletzt zu Protesten gegen Israel aufgerufen.

Nur zwei Tage nach dem Massaker an Bürgerinnen und Bürgern Israels durch die Hamas sagte sie auf Instagram: „Es geht nicht um die Hamas, es geht um den palästinensischen Widerstand. Endlich gehen die Palästinenser gegen die Besatzung vor.“ Zudem verglich sie das Vorgehen Israels mehrfach mit dem Holocaust, der Ermordung von Millionen europäischer Juden durch deutsche Nationalsozialisten.