Satellitenbild zeigt das Al-Shifa-Krankenhaus in Gaza Stadt
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Biden

Al-Schifa-Spital „muss geschützt werden“

Seit drei Tagen ist das Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt ohne Strom und Wasser. Vor dem Gebäudekomplex gibt es Augenzeugenberichten zufolge Gefechte. Am Montagabend appellierte US-Präsident Joe Biden an Israel, „weniger einschneidende Maßnahmen“ zu ergreifen: „Das Krankenhaus muss geschützt werden.“ Die USA stünden mit Israel deswegen in Kontakt, so Biden. Augenzeugen berichteten von heftigen Gefechten um den großen Spitalskomplex. Medienberichten zufolge nahmen israelische Soldaten unterdessen auch das Parlament in Gaza ein.

Israel wirft der Hamas vor, Krankenhäuser als Kommando- und Kontrollzentren zu missbrauchen, dazu zählt etwa das Al-Kuds-Krankenhaus. 21 Hamas-Terroristen wurden laut israelischer Armee am Montag bei Kämpfen dort getötet. Israelische Soldaten seien von Terroristen mit zwei Panzerfäusten und kleineren Waffen aus dem Eingangsbereich des Krankenhauses beschossen worden. Die Angreifer hätten sich unter eine Gruppe von Zivilisten gemischt.

Das Al-Kuds-Krankenhaus mit 700 Betten ist das zweitgrößte Krankenhaus im Gazastreifen. Zuvor berichtete der Palästinensische Rote Halbmond von einer abgebrochenen Evakuierungsaktion. Ein vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) begleiteter Evakuierungskonvoi habe am Montag wegen anhaltender Kampfhandlungen wieder umkehren müssen, teilte der Rote Halbmond in sozialen Netzwerken mit.

Medizinische Einrichtungen in Gaza laut OCHA-Datenbank und OpenStreetMap-Einträgen, zum Zoomen Touchscreen oder blaue Buttons (rechts) verwenden

Israel: „Hinweise“ auf Geiselverstecke in Spital

Laut eigenen Angaben fand die israelische Armee „Hinweise“ auf Geiselverstecke der Hamas in dem Kinderkrankenhaus Al-Rantisi. Als Belege zeigte Armeesprecher Daniel Hagari in einem Video unter anderem eine Babyflasche und ein an einem Stuhl befestigtes Seil. Das würde nun untersucht. Die Armee verfüge auch über Geheimdienstinformationen, die das bestätigen.

Hagari: „Außerdem haben wir Beweise dafür gefunden, dass Hamas-Terroristen des Massakers vom 7. Oktober in dieses Krankenhaus zurückgekehrt sind“, erklärte der Armeesprecher. Er zeigte unter anderem ein Motorrad „mit Einschusslöchern“, das „von Hamas-Terroristen während des Massakers vom 7. Oktober benutzt wurde“. Es seien auch Waffen im Keller des Krankenhauses gefunden worden. Das Al-Rantisi-Spital war am Sonntag evakuiert worden. Hamas-Führer Chalil al-Haja sagte dem Sender al-Jazeera, es handle sich um falsche Vorwürfe Israels.

Zu den US-Geiseln gebe es nur wenig gesicherte Informationen über deren Aufenthaltsort wie auch deren Zustand, teilte der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, am Montag mit. Den USA lägen Informationen vor, wonach eine gewisse Anzahl der Geiseln am Leben sei und möglicherweise Bestandteil von Verhandlungen zur Freilassung werden könnte. Wie viele das genau sein könnten, sei unklar.

Armee: Soldatin in Hamas-Video tot

Das israelische Militär bestätigte am Dienstag den Tod einer von der Hamas am 7. Oktober entführten Soldatin. Noch am Montag hatte die Hamas ein Video veröffentlicht, das die Soldatin lebend zeigt, dazu veröffentlichten sie ein Foto, das sie offenbar tot zeigt. Israel wirft der Hamas wegen der Veröffentlichung solcher Videos psychologische Kriegsführung und Terrorisierung der Angehörigen vor.

WHO: Al-Schifa-Spital „nicht mehr funktionsfähig“

Die humanitäre Lage im Gazastreifen verschärft sich unterdessen zunehmend. Ein für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen arbeitender Arzt berichtete von „unmenschlichen“ Bedingungen im Al-Schifa-Krankenhaus. Als „nicht mehr funktionsfähig“ bezeichnete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Al-Schifa-Spital in Gaza-Stadt.

Inzwischen boten israelische Streitkräfte eigenen Angaben zufolge die Lieferung von Brutkästen für Frühchen an. „Wir haben den Gesundheitsbehörden in Gaza das formelle Angebot unterbreitet, Brutkästen in den Gazastreifen zu bringen, um der Kinderklinik im Al-Schifa-Krankenhaus zu helfen“, sagte eine Sprecherin der für Kontakte mit den Palästinensern zuständigen israelischen Militärbehörde COGAT in einem am Dienstag veröffentlichten Video.

Das UNO-Nothilfebüro (OCHA) teilte mit, 36 Frühchen, die auf Brutkästen und damit auf Strom angewiesen sind, sowie mehrere Dialysepatienten seien wegen des Stromausfalls in akuter Lebensgefahr. Das Areal um das größte Spital in Gaza ist im Fokus der israelischen Offensive gegen die radikalislamische Hamas. Israel vermutet unter dem Spital einen zentralen Hamas-Kommandoposten.

Zahl der Menschen in Spitalskomplex unklar

Im Krankenhaus sollen sich noch einige tausend Menschen aufhalten, darunter rund 650 Patientinnen und Patienten. Wie Spitalsdirektor Mohammed Sakud laut Medienberichten von Montag weiter ausführte, seien zudem noch 500 Spitalsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter im Krankenhaus. Außerdem sollen sich um die 2.500 Flüchtlinge auf dem Krankenhausgelände aufhalten.

Gaza: Al-Schifa-Spital „nicht mehr funktionsfähig“

Das Al-Schifa-Spital in Gaza-Stadt ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) „als Krankenhaus nicht mehr funktionsfähig“. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus bestätigte am Montag, was sich zuletzt abgezeichnet hatte. Das Areal um das größte Spital in Gaza ist im Fokus der israelischen Offensive gegen die radikalislamische Hamas. Israel vermutet unter dem Spital einen zentralen Hamas-Kommandoposten.

Eine Bestätigung der Angaben gibt es nicht. Laut britischem „Guardian“ dürften in den letzten Tagen etliche Menschen das Gelände verlassen haben. Die Zeitung verwies auf die am Wochenende von Sakud kolportierten Zahlen, die mit 1.500 Patientinnen und Patienten, ebenso vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie 7.000 Geflüchteten noch deutlich höher waren.

Treibstoffmangel: UNRWA schlägt Alarm

Nach Angaben der Hamas sei im Norden des Gazastreifens wegen der schweren Kämpfe kein Krankenhaus mehr arbeitsfähig. „Alle Krankenhäuser“ im Norden des Palästinensergebietes seien „außer Betrieb“, so die Hamas-Gesundheitsbehörde am Montag. Die WHO hatte am Wochenende gesagt, dass von den 36 Spitälern des Gazastreifens noch 16 – teils nur notdürftig – in Betrieb seien.

Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium gab bereits am Wochenende bekannt, dass das Al-Schifa-Spital wegen fehlenden Treibstoffs den Betrieb einstellen musste. Es gebe kein Wasser, keinen Strom und keine Lebensmittel für die Patientinnen und Patienten, sagte ein im Spital arbeitender Chirurg laut Medienberichten.

Nach Angaben des UNO-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) droht im Gazastreifen wegen Treibstoffmangels demnächst ein Zusammenbruch der humanitären Versorgung der Bevölkerung. Wie das UNRWA am Montag mitteilte, sei ein Treibstofflager des UNO-Hilfswerks mittlerweile leer. In den kommenden Tagen werde das UNRWA nicht mehr in der Lage sein, Krankenhäuser zu versorgen, Abwasser zu beseitigen und Trinkwasser bereitzustellen, teilte UNWRA-Chef Philippe Lazzarini mit.

Auswirkungen auf humanitäre Hilfe möglich

Der Treibstoffmangel könnte der UNO zufolge in den kommenden Tagen auch die Lieferung von humanitärer Hilfe empfindlich stören. „Die Lastwagen, die ab morgen ankommen, können wir einfach nicht entladen, weil uns der Treibstoff für den Gabelstapler fehlt“, sagte der örtliche Leiter des UNO-Nothilfebüros OCHA, Andrea De Domenico, am Montag. Außerdem gebe es nicht genug Sprit für die Transporter, die die Hilfen – darunter Nahrung, Wasser und Medikamente – weiterverteilen.

Medien: Parlament in Gaza eingenommen

Unterdessen nahm die Armee laut Medienberichten das Parlament in Gaza ein. In sozialen Netzwerken kursierte am Montagabend ein Foto, das Soldaten der Infanterieeinheit Golani mit israelischen Flaggen in dem Sitzungssaal des Legislativrats im Viertel Rimal zeigt. Die Hamas hatte 2006 bei der Parlamentswahl gegen die gemäßigtere Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gesiegt. Ein Jahr später übernahm die Hamas gewaltsam die alleinige Kontrolle des Gazastreifens.

Seit Beginn der israelischen Bodeneinsätze im Gazastreifen vor rund zwei Wochen führte das Militär eigenen Angaben zufolge rund 4.300 Angriffe aus. Nach Aussagen des israelischen Verteidigungsministers Joav Galant vom Montagabend hat die Hamas „die Kontrolle in Gaza verloren“. Belege für seine Aussage gab er aber nicht.

Außenminister: Druck auf Israel wird steigen

Die Hamas-Kämpfer seien dabei, in den Süden des Gazastreifens zu flüchten, Zivilisten plünderten Stützpunkte der Terrororganisation, sagte Galant in einem Video, das von israelischen Fernsehsendern ausgestrahlt wurde. Die Zivilbevölkerung habe „kein Vertrauen mehr in die Regierung“ der Hamas im Gazastreifen.

Der israelische Außenminister Eli Kohen rechnet damit, dass innerhalb der nächsten zwei, drei Wochen der internationale Druck auf Israel wegen des Gaza-Krieges steigen werde, sagte er Medienberichten zufolge bei einem Gespräch mit Journalisten in Israel. Aber es gebe „keine laufende Sanduhr“, stellte Kohen danach auf Twitter (X) klar. Israel werde weiterkämpfen, „bis wir die Hamas zerstört und die Geiseln zurückgebracht haben“.

Hamas: Bei Waffenruhe bereit zu Freilassung von Geiseln

Nach Angaben der Hamas wurden bis Sonntagabend 11.180 Menschen getötet. Etwa die Hälfte der 2,3 Millionen Bewohner ist innerhalb des schmalen Küstengebiets auf der Flucht. Laut Hamas wurden bei israelischen Angriffen auf das Flüchtlingslager Dschabalja mindestens 30 Palästinenser getötet. Zahlreiche weitere Menschen seien verletzt worden, hieß es.

Gegenüber Vermittlern aus Katar erklärte der bewaffnete Flügel der Hamas am Montag, die Gruppe sei bereit, im Gegenzug für eine fünftägige Waffenruhe bis zu 70 im Gazastreifen festgehaltene Frauen und Kinder freizulassen.

„Der Waffenstillstand sollte einen vollständigen Waffenstillstand und die Zulassung von Hilfsgütern und humanitärer Hilfe im gesamten Gazastreifen beinhalten“, sagte Abu Ubaida, der Sprecher der Al-Kassam-Brigaden, in einer Audioaufnahme, die im Telegram-Kanal der Gruppe veröffentlicht wurde. Er beschuldigte Israel, den Preis für das Abkommen „hinauszuzögern und sich zu drücken“.