Streik in Arnoldstein
APA/Gert Eggenberger
KV-Verhandlungen gescheitert

Metaller begannen mit Streiks

Nach dem Scheitern der sechsten Runde der KV-Verhandlungen der Metallindustrie am späten Montagabend haben die ersten Frühschichten am Dienstag mit Streiks begonnen. Es sind die ersten Metallerstreiks seit 2018. Eine Ausweitung könnte etappenweise erfolgen, sagte der Arbeitnehmerverhandler der Gewerkschaft PRO-GE, Reinhold Binder, im Ö1-Morgenjournal. Ab Samstag sei man aber wieder verhandlungsbereit.

Bei der deutschen Maschinenbaufirma Trumpf in Pasching in Oberösterreich mit dort insgesamt 830 Mitarbeitenden meldeten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Frühschicht dienstbereit, traten aber in den Streik. Am Firmeneingang waren zwei Streikposten stationiert.

Betriebsratschef Alfred Sacher sagte dem ORF: „Die Stimmung ist sehr verärgert. Die Leute haben sich von den gestrigen Verhandlungen einiges erwartet, sind mit den Aufbesserungen der Arbeitgeber nicht einverstanden. Sie werden die Arbeit heute nicht aufnehmen. Der Streik geht bis 22.00 Uhr“ – mehr dazu in ooe.ORF.at. Auch in anderen Bundesländern wird gestreikt. Im Burgenland etwa berühren die KV-Verhandlungen die Beschäftigten des Umweltdienstes Burgenland. Am Donnerstag streikt die Müllabfuhr – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Binder: „Teuerungsausgleich ist das Mindeste“

Ein „Teuerungsausgleich ist das Mindeste“, sagte Binder im Morgenjournal weiter. In den Verhandlungen wird von einer rollierenden Inflation von 9,6 Prozent ausgegangen – das ist die durchschnittliche Inflation von September 2022 bis zum selben Monat heuer. Insgesamt lautet die Forderung der Arbeitnehmervertreter plus 11,6 Prozent. Binder betonte mehrmals, dass die Geschäfte in der Vergangenheit gut gelaufen seien. „Wir kämpfen um das Geld, das bereits am Konto der Firmen angekommen ist.“

Arbeitgeber besserten nach

Nach elf Stunden war die sechste Runde der Lohnverhandlungen für die Metaller am Montagabend ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Die Arbeitgeberseite wurde und wird nicht müde, auf die aktuell getrübte wirtschaftliche Situation und die vorerst schwachen weiteren Aussichten in einer herrschenden Rezession hinzuweisen.

Battisti (ORF) zu den Streiks der Metaller

Auch die sechste Runde der KV-Verhandlungen in der Metalltechnischen Industrie ist gescheitert. Zu weit liegen die Vorstellungen der Vertreter von Gewerkschaft und Arbeitgeber auseinander. Wie ein Kompromiss aussehen könnte und was die Streiks bewirken können, analysiert Barbara Battisti aus der ORF-Wirtschaftsredaktion.

In die Verhandlungen waren die Arbeitnehmer mit der Forderung von 11,6 Prozent gegangen, die Arbeitgeber hatten eine Erhöhung von 2,5 Prozent angeboten. Ihr nachgebessertes Angebot für Lohn- und Gehaltserhöhungen fiel den Arbeitnehmervertretern mit durchschnittlich sechs Prozent weiter deutlich zu gering aus, erklärten die Gewerkschaften am Montagabend.

Die Chefverhandler auf Gewerkschaftsseite Karl Dürtscher (GPA) und Reinhold Binder (PRO-GE)
APA/Tobias Steinmaurer
Nach mehr als elf Stunden Verhandlungen kündigten die Gewerkschaften die Ausweitung der Streiks an

Die Arbeitgeber selbst sprachen von sechs Prozent plus Einmalzahlung von 1.200 Euro netto. Das mache im Durchschnitt plus 8,2 Prozent und bei den untersten Einkommen bis zu zwölf Prozent, so die Arbeitgeberseite. Die Arbeitgeber würden mit dem Angebot „Sand in die Augen streuen“, sagte dagegen Binder Dienstagfrüh.

Binder: Einmalzahlung „nur Schnittlauch aufs Butterbrot“

Dass die Zeichen am Montag von vornherein auf Streik gestanden seien, also die Gewerkschaft es auf einen Streik quasi angelegt hatte, stellte Binder im Ö1-Morgenjurnal in Abrede. „Wir haben sehr intensiv verhandelt, versucht, ein akzeptables Angebot zu bekommen.“ Dass dieses dann „3,6 Prozent unter der Teuerungsrate“ ausgefallen sei, bezeichnete Binder als „unakzeptabel“ für die Gewerkschaft.

Es sei von den Arbeitgebern „absolut unfair (…), Einmalzahlungen bei den Prozent anzurechnen. Das tun wir nicht.“ Erneut wiederholte Binder, dass Einmalzahlungen „nur der Schnittlauch aufs Butterbrot“ sein könnten. Selber beharre man nicht auf 11,6 Prozent. Das sei eine faire Forderung aus rollierender Inflation und der guten wirtschaftlichen Phase der Vergangenheit.

Gespräche weiterer Metallersparten werden beobachtet

„Es reicht. Wir haben am Verhandlungstisch alles versucht“, hatten die beiden Chefverhandler der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Binder und Karl Dürtscher (GPA) am Abend gesagt. Es gebe nach einem Verhandlungsmarathon von sieben Wochen noch immer keine Bereitschaft der Arbeitgeber, ein faires Angebot für nachhaltige Lohn- und Gehaltserhöhungen auf den Tisch zu legen. „Die Streikbereitschaft ist riesengroß, und das bekommen sie jetzt zu spüren“, so die Chefverhandler.

Metaller: Keine Einigung bei KV-Verhandlungen

Nachdem auch die sechste Runde der KV-Verhandlungen der Metaller keine Einigung gebracht hat, wird bis Freitag in rund 200 Betrieben gestreikt.

Vorerst bis Freitag soll es in rund 200 Betrieben zu eintägigen Streiks kommen. Binder sagte, man schaue sich am Dienstag und Mittwoch auch die KV-Gespräche weiterer Metallersparten – anderer Fachverbände; das „Hauptmatch“ findet quasi in der Metalltechnischen Industrie mit 130.000 Mitarbeitenden statt – an. Das dortige Fortkommen werde das Vorgehen der Gewerkschaften beeinflussen, hieß es weiter.

Streiks für Arbeitgeber „unverhältnismäßig“

Die Arbeitgeber warfen den Gewerkschaften indes in einer eigenen Aussendung am Abend vor, die Gespräche „neuerlich und einseitig“ abgebrochen zu haben. Sie bezeichneten die angekündigten Streiks als „verantwortungslos und unverhältnismäßig“. Christian Knill, Arbeitgeberchefverhandler und FMTI-Obmann, bezeichnete die „Blockadepolitik der Gewerkschaft“ als „unverständlich und inakzeptabel“ – „(…) sie beharren weiter auf ihrer Forderung und bewegen sich keinen Millimeter“. Mit den Streiks steige das Risiko, dass Arbeitsplätze verloren gehen.

Am Dienstag erneuerte Knill seine Kritik. Man wolle sich durch die neuerlichen Warnstreiks nicht in die Knie zwingen lassen. „Wir fürchten uns nicht vor einem Streik“, sagte Knill im Gespräch mit der APA. Vielen Unternehmen sei ein Streik lieber als ein zu hoher Abschluss. „Aber es ist natürlich für keinen lustig.“

WIFO sieht Arbeitgeber in der Pflicht

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bot an, die Teuerungsprämie um ein Jahr zu verlängern, sofern der gesamte Betrag Teil des Kollektivertrags oder einer ähnlichen Arbeitsvereinbarung sei. Damit könnten 2024 bis zu 3.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei ausbezahlt werden.

WIFO-Experte Benjamin Bittschi hatte zuletzt gesagt, dass die Arbeitgeber mit der Anwendung der Benya-Formel eigentlich gut bedient seien. Hier werden die rollierende Inflation plus ein Teil des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsanstiegs angewandt. Da der Produktivitätsfortschritt in der Herstellung von Waren größer ist als in der Gesamtwirtschaft, sei das potenziell ein Vorteil für die Wettbewerbssicherung.

Voriges Jahr habe die Arbeitgeberseite von der Inflationsentwicklung profitiert. „Eigentlich müssten die Arbeitgeber jetzt zahlen, was sie letztes Jahr als Vorteil gehabt haben“, sagte Bittschi kürzlich im APA-Gespräch. Die Arbeitnehmervertreter seien vor einem Jahr in „Vorleistung“ gegangen, jetzt müssten die Arbeitgebervertreter in „Nachleistung“ gehen, so der WIFO-Experte.

„Mix an Maßnahmen“ nötig

Immer wieder betont der Ökonom auch, dass ein Abschluss unter der Inflation den im kommenden Jahr erhofften Aufschwung abwürgen könnte. Denn bei den Aufschwungshoffnungen spielt der private Konsum eine große Rolle.

Generell werde es für einen Kompromiss einen „Mix an Maßnahmen“ brauchen, ergänzte er im Ö1-Mittagsjournal. Für Bittschi wäre etwa eine leichte Arbeitszeitverkürzung denkbar, um die im aktuellen Angebot bestehende Kluft zur rollierenden Inflation (9,6 Prozent von September 2022 bis September 2023) zu kompensieren. Die rollierende Inflation dient als Ausgangsbasis für die Verhandlungen.

IV und WKO kritisieren Forderungen

Die Industriellenvereinigung (IV) ist kein Partner in den KV-Verhandlungen, hat aber viele Mitglieder aus dem Metallsektor. IV-Generalsekretär Christoph Neumayer forderte die Gewerkschaftsvertreter im APA-Gespräch am Dienstagvormittag auf, „neue Wege zu gehen“, und verlangte „ein neues Angebot“. „Unser Appell lautet: Lasst uns neue Wege gehen, die Dinge ‚situationsadäquat‘ lösen!“, so Neumayer mit Blick auf die derzeitige wirtschaftliche Lage.

Auch in der Wirtschafskammer (WKO) lehnten die Vertreter von Industrie, Gewerbe und Handwerk die Forderungen der Gewerkschaft als zu hoch ab, so Branchenvertreter und -vertreterinnen am Dienstag bei einer Pressekonferenz. „Wir sind in einer Vollrezession“, so der Obmann der Bundessparte Industrie in der WKO, Siegfried Menz.

Er sprach von „massiven Rückgängen“ bei Aufträgen im Export und bezeichnete den Vorschlag der Arbeitgeber als fair. Den Gewerkschaften warf er vor, dass sie sich nicht bewegt hätten. WKO-Obfrau Renate Scheichelbauer-Schuster für die Bundessparte Gewerbe und Handwerk stieß in dasselbe Horn. Lohnerhöhungen kämen nicht aus dem luftleeren Raum, sondern müssten auch erwirtschaftet werden.