FDIC-Hauptquartier in Washington D.C.
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Partys und Belästigung

Skandal erschüttert US-Bankenaufsicht

Über der US-Bankenregulierungsbehörde Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) braut sich ein Sturm zusammen. Anlass sind Enthüllungen über die „Partykultur“ dort mit Whiskey, Stripclubs und sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen. Nun zog die Behörde die Reißleine und beauftragte eine Untersuchung des „giftigen“ Arbeitsklimas, wie es heißt. Diese dürfte noch einiges zutage fördern.

Über die mutmaßlich unhaltbaren Zustände in der staatlichen Behörde, zuständig für Bankenaufsicht und Einlagensicherung, hatte am Montag das „Wall Street Journal“ ausführlich berichtet („Stripclubs, unständige Fotos und ein feuchtfröhliches Hotel: Die toxische Atmosphäre beim Bankenregulierer FDIC“) und damit offenbar in ein Wespennest gestochen.

Die FDIC kommt seither nicht aus den Negativschlagzeilen, der US-Sender Fox News sah am Dienstag einen „medialen Feuersturm“ heraufziehen, und das nicht ohne Grund, wenn man die Exklusivreportage des „Wall Street Journal“ liest.

Vorwürfe haben es in sich

Die Reportage hat es in sich. Weibliche Angestellte berichteten von sexueller Belästigung und Frauenfeindlichkeit. Mitarbeiterinnen würden wegen des – wie es mehrfach in US-Medien hieß – „vergifteten“ („toxischen“) Arbeitsklimas ihre Jobs kündigen. Ein Hotel, in dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Aufsichtsbehörde unter anderem während ihrer Ausbildung untergebracht sind, sei eine einzige „Partyzone“ („party hub“) gewesen.

Ein Abteilungsleiter aus der Stadt Denver (Colorado) habe Sex mit einer Mitarbeiterin gehabt, Kollegen davon erzählt, berichtete das „Wall Street Journal“, und dann die Frau auch noch dazu gedrängt, im Dienst Whiskey zu trinken. Ein weiterer leitender Angestellter habe in San Francisco Kollegen in einen Stripteaseclub eingeladen, leitende Bankenprüfer hätten Mitarbeiterinnen per SMS Fotos ihrer Genitalien geschickt – „unanständig“ ist hier noch ein Hilfsausdruck.

„Vergiftetes Arbeitsumfeld“

Das derart „vergiftete Arbeitsumfeld bei der FDIC“, einer der wichtigsten Aufsichtsbehörden der US-Finanz, wie das „Wall Street Journal“ am Dienstag schrieb, habe „über Jahre“ hinweg Mitarbeiterinnen dazu bewogen „zu fliehen“. Fehlverhalten sei praktisch nie sanktioniert worden.

Die US-Wirtschaftszeitung beruft sich in ihren Berichten laut eigenen Worten auf Interviews mit (ehemaligen) Mitarbeiterinnen der FDIC, Gerichtsdokumente, Beschwerden bei Gewerkschaften und Gleichbehandlungskommissionen, „E-Mails, Textnachrichten und andere interne Dokumente“.

„Männerclub“, beratungsresistent

Eine größere Aufmerksamkeit allen möglichen Arten von Belästigung gegenüber und die „#MeToo“-Bewegung hätten das Klima in Unternehmen in den letzten Jahren verändert, schrieb das „Wall Street Journal“. Die FDIC scheine allerdings laut Aussagen von Mitarbeitern zu zögern, Fehlverhalten streng zu sanktionieren.

Prüferinnen der Aufsichtsbehörde hätten die FDIC wegen der Atmosphäre eines „sexualisierten Männerclubs“ verlassen. Zudem seien sie in ihren beruflichen Chancen benachteiligt und Sex als karrierefördernd empfohlen worden. Das „Wall Street Journal“ hat für den Bericht laut eigenen Angaben mehr als 100 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der FDIC, gegenwärtige und frühere, interviewt, darunter 20 Frauen, die gekündigt haben.

„Wenn du noch nie vom Dach gekotzt hast“

Die US-Bankenbehörde habe schließlich auch eine „starke Trinkkultur“ toleriert, so das „Wall Street Journal“ am Dienstag. Das der FDIC gehörende Hotel in Arlington (Virginia) etwas außerhalb von Washington, in dem Mitarbeiter von außerhalb übernachteten, sei eine permanente Partyzone gewesen.

Menschen hätten sich dort nach langen Nächten „in Aufzüge übergeben und vom Dach uriniert“ – oder offenbar auch umgekehrt. Die US-Zeitung zitierte einen Bankenaufseher in Ausbildung: „Wenn du noch nie vom Dach gekotzt hast, warst du wirklich jemals ein FIS?“ Gemeint ist ein „Financial Institution Specialist“, ein Prüfer der Finanzaufsicht.

FDIC zieht die Notbremse

Am Montag (Ortszeit), nachdem der Artikel in New York erschienen war, zog der Vorsitzende der Behörde, Martin Gruenberg, die Notbremse. Die FDIC beauftragte die renommierte Anwaltskanzlei BakerHostetler mit der Prüfung der Vorwürfe von Belästigung und Diskriminierung und kommunizierte das auch mit einer Videobotschaft an die Belegschaft. Gruenberg kündigte eine Untersuchung „von Kopf bis Fuß“ und Veränderungen in der Organisation an, sollten diese notwendig sein.

FDIC-Leiter Martin J. Gruenberg
Reuters/Evelyn Hockstein
FDIC-Vorsitzender Gruenberg kündigt Untersuchung an

Die FDIC wurde 1933 gegründet, Basis war der „Glass-Steagall“ Act, ein Gesetzespaket in der schweren Wirtschaftskrise („Große Depression“) ab 1929 in den USA. Sie ist Aufsichtsbehörde und Einlagensicherungsfonds der USA mit Sitz in Washington.

„War einfach Teil der Kultur“

Laut „Wall Street Journal“ hatte es schon 2020 in der FDIC interne Kritik von Aufsichtsorganen am Umgang mit Belästigungsvorwürfen und anderem Fehlverhalten gegeben. Untersuchungen seien unvollständig und ungenau durchgeführt worden. Laut eigenen Angaben fiel der Bankenaufsicht kein entsprechendes Fehlverhalten auf, es widerspreche auch prinzipiell den Werten der FDIC, hieß es gegenüber der US-Zeitung.

Berichte über einschlägige „Probleme“ gebe es schon seit über zehn Jahren, bestätigte auch eine frühere Prüferin in Ausbildung, die 2013 nach drei Jahren ihren Job gekündigt hatte und die Recherchen des „Wall Street Journal“ bestätigte. „Es war einfach ein akzeptierter Teil der Kultur.“ Vor Jahren wurde bereits ein „Antibelästigungsprogramm“ entworfen, wie US-Medienbericht von damals zeigen. Diesmal dürfte die FDIC nicht wieder so schnell aus den Schlagzeilen kommen.