Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt
Reuters/Doaa Rouqa
Israelische Armee

Hamas-Zentrale in Al-Schifa-Klinik entdeckt

Die israelische Armee hat bei ihrer Erstürmung des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza-Stadt dort Waffen, Militärtechnologie und ein Kommandozentrum der islamistischen Hamas entdeckt. Das teilten die Streitkräfte Mittwochabend mit. Das von der Hamas geleitete Gesundheitsministerium im Gazastreifen wies die Angaben umgehend zurück. Die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA berichtete Donnerstagfrüh von einem Angriff der israelischen Armee auf das Spital „zum zweiten Mal innerhalb von 24 Stunden“.

In einer Abteilung der Klinik sei ein Zimmer mit spezieller Technologie und Kampfausrüstung der islamistischen Hamas gefunden worden, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. In einer anderen Abteilung sei ein Einsatzzentrum der Hamas entdeckt worden. Die Funde bewiesen „eindeutig, dass Schifa für militärische Zwecke missbraucht wurde, im absoluten Gegensatz zu internationalem Recht“, sagte Hagari. Der Einsatz werde so lange weitergehen wie nötig.

„Schifa ist ein Symbol, keiner von der Hamas-Führung hätte sich vorstellen können, dass wir dort hingelangen“, sagte Hagari. Nach dem Massaker am 7. Oktober seien dort 200 Hamas-Terroristen untergekommen, die an den Gräueltaten beteiligt gewesen seien.

Israelische Soldaten im Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt
Reuters/Israel Defense Forces
Israels Armee veröffentlichte Aufnahmen des Einsatzes in der Klinik

Armee legt Videos vor, Hamas dementiert

Der Armeesprecher Jonathan Conricus zeigte in einem Video hinter einem MRT-Gerät versteckt eine Tasche mit einem Sturmgewehr, Munition, Handgranaten und einer Uniform. In einem anderen Schrank seien andere Waffen gefunden worden, erklärte er. Eine Ausrüstung sei mit dem Namen des bewaffneten Arms der Hamas, den Al-Kassam-Brigaden, beschriftet gewesen.

Es seien auch zahlreiche nachrichtendienstlich relevante Informationen gefunden worden. Alle Funde würden gegenwärtig gründlich untersucht. Die Angaben der Armee ließen sich vorerst nicht unabhängig überprüfen. Die Hamas dementierte die Berichte als „offensichtliche Lüge und Farce“.

Militär: Tote bei Erstürmung

Die Erstürmung hatte in der Nacht auf Mittwoch begonnen. Der israelischen Armee zufolge wurden dabei Kämpfer der islamistischen Hamas getötet. Im israelischen Armeeradio war von fünf Toten die Rede.

Sprecher der israelischen Armee zur aktuellen Lage in Nahost

Arye Sharuz Shalicar, ein Sprecher der israelischen Armee, berichtet aus Tel Aviv über die aktuelle Lage in Israel und die Militäroperationen, welche die israelischen Streitkräfte derzeit im Spital in Gaza durchführen.

Im Spital selbst habe es keine Kämpfe gegeben, sagte ein Militärsprecher. Zu Auseinandersetzungen mit dem medizinischen Personal oder Zivilpersonen sei es nicht gekommen. Zudem seien in dem Klinikgebäude Waffen gefunden worden.

Die Armee habe zuerst die Chirurgie und die Notaufnahme gestürmt, sagte Mohammed Sakut, Leiter der Krankenhäuser und Ambulanzen im Gazastreifen, dem arabischen Fernsehsender al-Jazeera. Zuvor hatte die Behörde berichtet, dass der westliche Teil des Spitals betroffen sei und es Explosionen gegeben habe. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben nicht.

WHO: „Eindringen in Klinik völlig inakzeptabel“

Israelische Bodentruppen brachten bei ihrem Einsatz nach eigenen Angaben auch Brutkästen, Babynahrung und medizinische Hilfsgüter in die Klinik. Die Armee sprach von einem „präzisen und gezielten“ Militäreinsatz. Israel ist überzeugt, dass sich unter dem Gelände eine Kommandozentrale der Hamas befindet. Die Palästinenserorganisation bestreitet das.

Medizinisches Personal in den verrauchten Gängen des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza-Stadt
Reuters/Gaza Ministry Of Health
Das der Hamas unterstellte Gesundheitsministerium von Gaza veröffentlichte Bilder aus dem Inneren der Al-Schifa-Klinik

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) übte scharfe Kritik. „Israels militärisches Eindringen in das Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza ist völlig inakzeptabel“, sagte Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus.

Netanjahu: „Kein sicherer Ort mehr für Hamas in Gaza“

Der israelische Premier Benjamin Netanjahu zeigte sich am Mittwoch von der Kritik unbeeindruckt. Israel werde sicherstellen, dass es „keinen sicheren Ort“ mehr für die radikalislamische Hamas im Gazastreifen geben werde.

„Wir werden die Hamas aufspüren und vernichten und wir werden die Geiseln zurückbringen“, sagte Netanjahu. Diese beiden Missionen seien „heilig“, betonte der Regierungschef. Es gebe keinen Ort im Gazastreifen, den Israel nicht erreichen werde, „keinen Unterschlupf für die Mörder der Hamas“.

Weißes Haus: Unterstützen keine Angriffe auf Spital

Das Weiße Haus distanzierte sich von der Militäraktion. „Wir unterstützen keine Luftangriffe auf ein Spital und wollen auch keine Feuergefechte in einem Spital sehen“, sagte ein Vertreter des Nationalen Sicherheitsrats der USA am Dienstagabend (Ortszeit). Spitäler, Patientinnen und Patienten „müssen geschützt werden“.

Die Hamas hatte zuvor US-Präsident Joe Biden für die Militäraktion mitverantwortlich gemacht. Mit der Aussage, dass das Krankenhaus von der Hamas für militärische Zwecke genutzt werde, habe Washington am Dienstag „grünes Licht“ für die israelische Razzia gegeben.

UNO-Nothilfekoordinator bestürzt

Nach UNO-Angaben befinden sich mindestens 2.300 Personen in der Klinik, die nach tagelangen Kämpfen und Luftangriffen komplett abgeriegelt ist – darunter rund 700 Patientinnen und Patienten. Zeuginnen und Zeugen beschrieben die Zustände in der Klinik als verheerend: Medizinische Eingriffe fänden ohne Betäubung statt, es gebe kaum noch Wasser, Nahrung und Treibstoff.

UNO-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sagte, er sei bestürzt über die Berichte. „Der Schutz von Neugeborenen, Patienten, medizinischem Personal und allen Zivilisten muss vor allen anderen Anliegen stehen. Krankenhäuser sind keine Schlachtfelder.“ Griffiths legte einen Zehnpunkteplan vor. Kernpunkt des Plans ist eine humanitäre Feuerpause. Es seien kontinuierliche Hilfslieferungen nötig.

Griffiths appellierte an Israel, weitere Grenzübergänge dafür zu öffnen. Humanitäre Helferinnen und Helfer im Gazastreifen müssten Zugang zu Treibstoff bekommen. Es müssten mehr Auffanglager für Vertriebene gebaut werden, und sie müssten vor allen Angriffen geschützt werden. Er rief „alle Seiten und diejenigen, die Einfluss auf sie haben“, dazu auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um den Plan umzusetzen. Für die humanitäre Hilfe seien 1,2 Milliarden Dollar (1,1 Mrd. Euro) nötig.

Jordanien kritisiert UNO-Sicherheitsrat

Frankreich zeigte sich angesichts der Erstürmung des Krankenhauses „sehr besorgt“. Für Israel bestehe die „absolute Notwendigkeit, internationales humanitäres Recht zu achten“, betonte das Außenministerium.

Jordanien warf unterdessen dem UNO-Sicherheitsrat eine Mitverantwortung vor: „Die Katastrophe im Al-Schifa-Krankenhaus zeigt die Barbarei, die der UNO-Sicherheitsrat durch sein Schweigen zulässt“, so Außenminister Ajman Safadi.

Israel: Auch Mediziner bei Einsatz dabei

Israel hatte bei der Bekanntgabe der Militäraktion erklärt, Zivilistinnen und Zivilisten im Krankenhaus schützen zu wollen. Den vorrückenden Kräften gehörten auch medizinisches Personal und Arabischsprechende an. Sie seien besonders geschult, damit den als menschliche Schutzschilde missbrauchten Zivilpersonen kein Schaden entstehe.

Israel dringt in Spital in Gaza ein

Die israelischen Streitkräfte führen nach eigenen Angaben in Teilen des größten Krankenhauses in Gaza, in denen sie die Hamas vermuten, gezielte Militäroperationen durch. International kommt es zu Kritik an dem Einsatz, Israels Premierminister Netanjahu sieht die Operation als Erfolg.

Man habe die Hamas mehrmals öffentlich gewarnt, dass die fortgesetzte Nutzung des Spitals dessen geschützten völkerrechtlichen Status untergrabe. Am Dienstag habe man den zuständigen Behörden in Gaza neuerlich kommuniziert, dass innerhalb von zwölf Stunden alle militärischen Aktivitäten innerhalb des Spitals enden müssten. „Leider ist das nicht passiert.“

Neuerlich betonte die israelische Armee, dass es bei der Bodenoffensive um die Niederringung der Terrororganisation Hamas und die Befreiung der von dieser verschleppten israelischen Geiseln gehe. „Israel ist im Krieg mit der Hamas, nicht mit den Zivilisten in Gaza“, hieß es.

Hamas: 11.500 Tote in Gaza

Israel reagiert mit seiner Offensive auf den beispiellosen Terrorangriff der Hamas im Süden Israels mit mehr als 1.200 Toten, nach jüngsten Angaben der israelischen Polizei waren darunter mindestens 859 Zivilistinnen und Zivilisten. Zudem entführten die Terroristen rund 240 Menschen in den Gazastreifen.

Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist seit Kriegsbeginn nach Angaben der Hamas-Verwaltung auf über 11.500 gestiegen. Unabhängig überprüfen lässt sich diese Zahl nicht. Die Gesundheitsbehörde im Gazastreifen erklärte am Mittwoch, es sei immer schwieriger, die steigende Zahl ziviler Opfer zu erfassen, da in Teilen des Küstenstreifens Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen kollabiert seien.