Metallerstreik in Schwertberg (Oberösterreich)
APA/Fotokerschi.at/Simon Brandstätter
KV-Verhandlungen

Keine Bewegung bei Handel und Metallern

Die Verhandlungen über die Kollektivverträge (KV) kommen heuer nur in Trippelschritten voran. In der Metallindustrie gingen die Streiks weiter. Im Handel liegen die Vorstellungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern weit auseinander, die Gespräche wurden am Donnerstag unterbrochen. Auch in der Sozialwirtschaft blieb eine Annäherung bisher aus.

Die dritte Gesprächsrunde im Handel wurde nach nur vier Stunden unterbrochen und auf 28. November vertagt. Arbeitgebervertreter und Handelsobmann Rainer Trefelik beklagte, „dass die Gewerkschaft heute absolut nicht bereit war, ernsthaft über unser Angebot zu diskutieren“.

„Stattdessen hat sie (die Gewerkschaft, Anm.) uns mit einer Gegenforderung konfrontiert, die in der wichtigsten Gehaltsgruppe einer Steigerung um bis zu 11,55 Prozent entspricht. (…) Auf dieser Basis können keine Verhandlungen in einem konstruktiven, sozialpartnerschaftlichen Stil stattfinden“, sagte Trefelik.

Angebot und Gegenangebot

Vor der dritten Verhandlung über den Handels-KV hatten die Arbeitgeber erstmals ein Angebot vorgelegt. Sie bieten unabhängig von der Gehaltsstufe ab 2024 ein Plus von fünf Prozent an und zusätzlich eine Einmalzahlung von 800 Euro, gab die Wirtschaftskammer bekannt. Die „Teuerungsprämie“ sei abgabenfrei, wodurch die Beschäftigten mehr Nettoeinkommen bekommen würden.

KV-Verhandlungen im Handel unterbrochen

Die dritte Runde der Kollektivvertragsverhandlungen für den Handel wurde Donnerstagnachmittag abgebrochen. Die Arbeitgeber legten ein erstes Angebot vor, das der Gewerkschaft allerdings nicht reicht.

Die Gewerkschaft GPA machte ein Gegenangebot mit einer sozialen Staffelung, es umfasst eine Gehaltserhöhung von 9,5 Prozent und einen Fixbetrag von 40 Euro. Die Arbeitnehmervertretung will nun die unterbrochenen Betriebsversammlungen in der kommenden Woche wieder aufnehmen und Beschlüsse für Streikmaßnahmen fassen, kündigte die Gewerkschaft am Donnerstag an.

GPA-Chefverhandlerin Helga Fichtinger bezeichnete das Angebot der Arbeitgeber als „nicht seriös und irreführend, abermals Einmalzahlungen in eine prozentuelle Erhöhung einzurechnen, weil diese keine dauerhafte Wirkung haben“. „Wir bedauern es, dass die Arbeitgeber nicht auf unseren Vorschlag einer sozialen Staffelung mit einer stärkeren Anhebung der unteren Gehälter oder einer Kombination von Freizeittagen und Geld eingegangen sind“, so Fichtinger.

Gewerkschaft kritisiert „Zeitverzögerung“

Bei der Gewerkschaft hatte es vor Beginn der dritten Verhandlungsrunde geheißen, dass die Arbeitgeber auf Zeit spielten, bis es einen Abschluss bei den Metallern gibt. „Wir finden das sehr unfair, denn es ist eine Zeitverzögerung. Und das Verzögern heißt aber auch, die Beschäftigten wissen nicht, was ist ihre Arbeit wert ist“, hatte Fichtinger erklärt.

Arbeitgeberchefverhandler Trefelik erklärte, der Wunsch nach einem Angebot sei erfüllt worden. Nun liege es „an der Gewerkschaft zu erklären, warum ich den Nettovorteil auslasse und lieber in Kampfmaßnahmen gehe, weil ich nach Wunschträumen strebe“. „Mehr ist nicht drinnen. (…) Wir hoffen, dass auch die Gewerkschaft die akute Gefahr für die Beschäftigung im Handel erkennt und verantwortungsvoll handelt“, sagte auch Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Besonders von Einmalzahlungen will die Gewerkschaft nichts wissen. Einmalzahlungen statt einer nachhaltigen Erhöhung wären in einem Jahr mit hoher Inflation „ein sehr schlechtes Geschäft, weil ein Beschäftigter dadurch Zehntausende Euro im Lebenseinkommen verlieren würde“, hatte die Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, Barbara Teiber, im Vorfeld gesagt.

Metallindustrie: Kampfmaßnahmen ausgeweitet

Das mutmaßliche Abwarten der Arbeitgeberseite kommt nicht von ungefähr. Traditionell gelten die Abschlüsse bei den Metallern als richtungsweisend. Die Branche ist für gewöhnlich die erste, die im Herbst in Verhandlungen startet. In diesem Jahr kommt man nur langsam voran. Nach sechs Verhandlungsrunden setzte die Gewerkschaft diese Woche ihre Streikdrohung in die Tat um.

Isabella Köck (ORF) über den Streik bei voest

Auch im Stahlwerk der voestalpine haben die Beschäftigten die Arbeit niedergelegt.

Am Donnerstag war nach Auskunft der Gewerkschaft der bisher stärkste Streiktag in der Metalltechnischen Industrie. Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA betonten, dass auch in anderen Bereichen der Metallindustrie (Fahrzeugindustrie, Gießereiindustrie, Bergbau-Stahl, Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen sowie Nichteisenmetallindustrie) bisher keine Einigung bei den KV-Verhandlungen erzielt wurde.

„Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA haben daher begonnen, die Kampfmaßnahmen auch auf diese Betriebe auszudehnen. Es werden nun Unternehmen der gesamten Metallindustrie bestreikt“, so die beiden Chefverhandler Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA). Allein in Oberösterreich nahmen mehrere tausend Beschäftigte an den Warnstreiks teil – mehr dazu in ooe.ORF.at. Im Burgenland streikte die Müllabfuhr – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Nächste Gesprächsrunde am Montag

Am Montag gehen die Gespräche in der Metalltechnischen Industrie weiter. Die Arbeitgeber betonten am Donnerstag neuerlich, sie seien immer verhandlungsbereit gewesen, würden sich aber auch nicht vor Streiks fürchten.

„Die wirtschaftliche Situation ist für die meisten Betriebe sehr schwierig, viele beginnen bereits, Arbeitsplätze abzubauen. Streiks gießen Öl ins Feuer, anstatt dass wir gemeinsam für sichere wirtschaftliche Rahmenbedingungen sorgen“, so Christian Knill, Obmann des Fachverbandes der Metalltechnischen Industrie (FMTI).

Rechtliche Fragen

Die Warnstreiks werfen arbeitsrechtliche Fragen auf. Wer etwa seinen Job im Homeoffice erledigt oder als Monteurin bzw. Monteur auswärts unterwegs ist, muss zur Teilnahme an Streiks nicht zu seinem angestammten Firmenstandort kommen. Er muss allerdings dem Unternehmen seine Arbeitsniederlegung mitteilen, hieß es auf APA-Anfrage von Arbeitgebern wie Arbeitnehmern.

Laut FMTI gibt es in Österreich keine gesetzliche Regelung zur Arbeitsniederlegung, daher auch keine Pflicht, am Firmenstandort zu erscheinen. Die Produktionsgewerkschaft PRO-GE teilte mit: „Das Recht, während eines Streiks die Arbeit einzustellen, ist nicht vom konkreten Arbeitsort oder vom konkreten Arbeitsplatz abhängig.“ Die Arbeitnehmer müssten die Teilnahme am Streik dem Arbeitgeber aber ausdrücklich mitteilen.

Während des Streiks bekommen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Gewerkschaftsmitglied sind, ihr Einkommen aus dem Streikfonds der Gewerkschaft bezahlt, die Höhe entspricht aber nicht ganz dem „regulären“ Einkommen und hängt von der Dauer der Zugehörigkeit zur Gewerkschaft ab.

Arbeitsrechtsexpertin zu den Streiks der Metaller

Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak klärt rechtliche Fragen im Kontext der Streiks in der Metalltechnischen Industrie. Sie spricht darüber, welche Rechte Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Bezug auf Lohnfortzahlung und Arbeitsniederlegung haben.

Nichtmitglieder bekommen nichts – auch nicht vom Arbeitgeber, so die Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak heute in der ORF-Sendung „Aktuell nach eins“. Wobei in der Vergangenheit ein Teil der nach den Streiks erfolgten KV-Einigung auch war, dass die Streikenden ihr Geld von den Betrieben erhielten.

Sozialwirtschaft: Gespräche ergebnislos

Ergebnislos ist Mittwoch indes die zweite Runde der Kollektivvertragsverhandlungen für die 130.000 Beschäftigten im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich zu Ende gegangen. Während die Arbeitgeber „Annäherungen“ sehen, zeigte sich die Arbeitnehmerseite enttäuscht.

Die Gewerkschaften GPA und vida blieben bei ihrer Forderung nach einem Plus von 15 Prozent, mindestens aber 400 Euro. Für 20. November ist nun eine landesweite Betriebsrätekonferenz geplant.

Neuer KV für Bäckerinnen und Bäcker

Eine Einigung gibt es indes beim Kollektivvertrag der Bäckerinnen und Bäcker. Die KV-Mindestlöhne steigen um 9,71 Prozent, die Lehrlingseinkommen und die Zulagen erhöhen sich ebenso um 9,71 Prozent.