Sam Altman
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Völlig unerwartet

OpenAI feuert Gründer Sam Altman

OpenAI, eine der in Sachen künstliche Intelligenz (KI) weltweit führenden Firmen, feuert ihren Begründer Sam Altman. Der Aufsichtsrat des ChatGPT-Erfinders sei zum Schluss gekommen, dass Altman „in seiner Kommunikation mit dem Aufsichtsrat nicht immer ehrlich gewesen ist und damit diesen an der Ausübung seiner Aufgaben gehindert hat“, hieß es am Freitag in einer Stellungnahme des Unternehmens.

Das habe seine Fähigkeit behindert, Verantwortung wahrzunehmen, hieß es weiter. Zutage getreten sei all das im Rahmen einer Überprüfung durch die Firmenleitung. Technologiechefin Mira Murati werde mit sofortiger Wirkung vorläufig den Chefposten übernehmen, während die dauerhafte Nachfolge geregelt werden soll, hieß es weiter in der Mitteilung.

Altman war das öffentliche Gesicht von OpenAI und stand erst vor wenigen Tagen bei der ersten Entwicklerkonferenz des Unternehmens im Rampenlicht. Die genauen Hintergründe des Rauswurfs waren nicht bekannt. Ein Initiator des Vorgehens gegen Altman war nach Informationen des gut vernetzten Branchendienstes The Information Chefwissenschaftler Ilya Sutskever.

ChatGPT: OpenAI trennt sich von Gründer

Die Firma OpenAI hat 2022 das Computerprogramm ChatGPT ins Leben gerufen. Nun wurde Sam Altman, der Gründer der Firma für künstliche Intelligenz, gefeuert.

Spekulationen über Hintergründe

Carolina Milanesi, Analystin bei Creative Strategies, vermutet hinter der Entlassung Altmans „ethische Bedenken“. „Wenn er wegen ethischer Bedenken entlassen wird, kann das nur gut für das Unternehmen sein“, betonte sie. Die renommierte Technologiejournalistin Kara Swisher hingegen geht davon aus, dass Differenzen zwischen zwei Lagern – dem gewinnorientierten und dem Non-Profit-Flügel – von OpenAI Auslöser für die Absetzung Altmans verantwortlich gewesen seien.

Schon die offizielle Mitteilung enthielt zwischen den Zeilen einen Hinweis auf solche Spannungen. Darin wurde ausdrücklich betont, dass OpenAI bewusst für eine Mission aufgebaut worden sei – „um sicherzustellen, dass allgemeine künstliche Intelligenz der gesamten Menschheit zugutekommt“. Diesem Ziel sei man weiterhin verpflichtet.

Deutlich geworden seien die Differenzen bei der Entwicklerkonferenz von OpenAI, so Swisher. Dort wurde unter anderem die Möglichkeit vorgestellt, spezialisierte Versionen von ChatGPT zu entwickeln und damit Geld zu verdienen. Der Non-Profit-Fraktion von OpenAI sei das alles zu schnell gegangen, schrieb Swisher auf der Onlineplattform X (Twitter). Einige Vertraute Altmans bei dem Unternehmen sprächen von einem „Umsturz“. Swishers Quellen zufolge erfuhr Altman vom Beschluss des Verwaltungsrates nur 30 Minuten vor Veröffentlichung der Mitteilung.

Weiterer Mitgründer geht

Altman ließ selbst offen, was zu seinem Rauswurf führte. Er schrieb auf X (Twitter) lediglich, dass er die Zeit bei OpenAI sehr geliebt habe: „Ich werde später mehr darüber sagen, was als Nächstes kommt.“ Wenige Stunden, nachdem Altman hinausgedrängt worden war, nahm ein weiterer Mitgründer, Greg Brockman, ebenfalls seinen Hut. „Ich bin stolz auf das, was wir aufgebaut haben (…), aber aufgrund der heutigen Nachricht kündige ich“, erklärte Brockman auf X (Twitter).

Er glaube weiterhin an die Mission, eine sichere AGI (künstliche allgemeine Intelligenz) zu erschaffen, „von der die gesamte Menschheit profitiert“. Brockman war bis Freitag Vorsitzender des Verwaltungsrates und sollte laut der Mitteilung zwar diesen Posten aufgeben, aber bei dem Unternehmen bleiben. Nach Brockman gaben noch drei weitere führende Entwickler bei OpenAI bekannt, das Unternehmen zu verlassen.

Interimschefin versucht zu beruhigen

Die interimistische Chefin Murati versuchte Insidern zufolge, nach einer Dringlichkeitssitzung Mitarbeiter zu beruhigen. Sie habe erklärt, die Allianz mit Microsoft sei stabil und die Führungskräfte des Geldgebers hätten weiter Vertrauen in OpenAI.

Der Analyst Daniel Ives von Wedbush Securities sagte, der Rauswurf sei ein Schock. Altman sei ein wichtiger Bestandteil des Erfolgsrezepts von OpenAI gewesen. Microsoft werde nun wohl mehr Kontrolle auf das Unternehmen ausüben. Microsoft betonte, dass man an der Zusammenarbeit mit OpenAI festhalte.

Zugleich stellte der Softwareriese unmissverständlich fest, dass die KI-Firma nicht einfach so aus der Kooperation aussteigen könne: „Wir haben eine langfristige Vereinbarung mit OpenAI und haben Zugang zu allem Nötigen, um unsere Innovationsagenda umzusetzen.“

Verhandlungen mit Investoren

OpenAI, an dem unter anderem Tesla- und X-Besitzer Elon Musk beteiligt ist, führt seit Wochen Gespräche über einen Verkauf von Mitarbeiteraktien an potenzielle Investoren. Das Angebot würde das Unternehmen mit 86 Mrd. Dollar (etwa 79 Mrd. Euro) bewerten – und es damit zu einem der wertvollsten Start-up-Unternehmen weltweit machen. Das berichtete die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg Anfang Oktober.

OpenAI war 2015 zunächst als Non-Profit-Unternehmen gegründet worden. 2019 erlaubte eine Umstrukturierung aber das Erwirtschaften begrenzter Gewinne.

Hype mit ChatGPT ausgelöst

Generative KI ist eine Software, die anhand der Verarbeitung riesiger Datenmengen auf Aufforderung hin menschenähnliche Inhalte wie Bilder, Texte und auch Software „schaffen“ kann.

Die Veröffentlichung des Chatbots ChatGPT vor rund einem Jahr löste einen Hype um KI aus. OpenAI wurde damit zu einem Vorreiter bei der Technologie. Microsoft ging einen milliardenschweren Pakt mit der Firma ein, um deren Technologie in Produkte des Konzerns zu bringen. Mittlerweile versuchen andere IT-Konzerne wie der Google-Konzern Alphabet und Amazon aufzuholen.

Wenige Wochen nach der Vorstellung von ChatGPT im November 2022 experimentierten bereits 100 Millionen Nutzerinnen und Nutzer mit der Software. Gleichzeitig machte das Thema KI immer öfter Schlagzeilen. Unternehmen verschiedenster Branchen versprechen sich von derartigen Programmen lukrative Geschäfte.

Zahlreiche IT-Projekte gestartet

„Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, fast jeden Aspekt unseres Lebens zu verbessern“, sagte Altman im Mai vor dem US-Kongress. „Sie birgt aber auch ernsthafte Risiken.“ Der in St. Louis im Bundesstaat Missouri aufgewachsene Altman hatte sich im Silicon Valley schon einen Namen gemacht, bevor er mit ChatGPT weltweit bekannt wurde.

Altman studierte Informatik an der kalifornischen Eliteuniversität Stanford, brach das Studium aber ab und gründete die App Loopt, mit der Nutzer ihren Standort mit Freunden und Verwandten teilen konnten.

Später stieg er beim Start-up-Inkubator Y Combinator ein, der Erfolgsunternehmen wie dem Wohnungsvermittler Airbnb und dem Lieferservice DoorDash Starthilfe leistete. 2014 wurde Altman Chef von Y Combinator. Den Posten gab er fünf Jahre später ab, um sich mehr auf OpenAI konzentrieren zu können. Altman hat auch Hunderte Millionen Dollar in das Fusionsenergie-Start-up Helion investiert und arbeitet an einer Kryptowährung namens Worldcoin, deren Nutzer sich anhand ihrer Iris identifizieren sollen.