Ex-OpenAI-CEO Sam Altman
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OpenAI ohne Altman

Spekulationen nach rätselhaftem Rauswurf

Der überraschende Rauswurf von Sam Altman bei OpenAI, einer der in Sachen künstliche Intelligenz (KI) weltweit führenden Firmen, sorgt weiter für Spekulationen. Die Hintergründe bleiben rätselhaft, gelten finanzielle Gründe doch als unwahrscheinlich. Altman galt nicht nur als Meister der Geldbeschaffung, er war auch das Gesicht von OpenAI. Zuletzt zeichnete sich eine weitere unerwartete Kehrtwende ab.

Nach dem Rauswurf von OpenAI-Chef Altman am Freitag sorgt das amerikanische Unternehmen weiter für Wirbel. Einem Medienbericht der US-Technologiewebsite The Verge zufolge befindet sich der Verwaltungsrat in Gesprächen mit Altman, um ihn als CEO des Unternehmens wieder zurückzuholen. Das berichtete The Verge am Samstag (Ortszeit) unter Berufung auf mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen.

Weiteren Medienberichten zufolge machen Investoren des KI-Unternehmens Druck, Altman zurückzuholen. Strategiechef Jason Kwon schrieb demnach in einer E-Mail an die Mitarbeiter in der Nacht auf Sonntag, man sei „optimistisch“, dass es zu einer solchen Lösung kommen könnte, berichtete der Branchendienst The Information. Altman selbst gab sich auf X (Twitter) kryptisch: Er liebe das OpenAI-Team, schrieb er am Sonntag.

Laut einem Bericht des „Guardian“ soll Altman zudem vor seinem Abgang Investoren mitgeteilt haben, dass er ein neues Unternehmen gründen wolle. Auch der frühere Präsident von OpenAI, Greg Brockman, soll Interesse an den Plänen bekundet haben, heißt es weiter.

Das neue Unternehmen wurde am Samstag als „noch in der Entwicklung befindlich“ bezeichnet, und viele weitere Mitarbeiter könnten OpenAI verlassen, um sich dem neuen Unternehmen anzuschließen.

Mitgründer und Firmenlenker Altman hatte sein Unternehmen OpenAI verlassen, weil der Verwaltungsrat ihm das Vertrauen entzog. Die Mitteilung von OpenAI am Freitag war ungewöhnlich scharf formuliert: Altman sei nicht aufrichtig in seiner Kommunikation mit dem Aufsichtsgremium gewesen. „Der Verwaltungsrat hat kein Vertrauen mehr in seine Fähigkeit, OpenAI weiterhin zu führen.“ Nähere Details gab es nicht.

Kein offensichtliches Geldproblem

In der Tech-Industrie in San Francisco und dem Silicon Valley setzte ein Rätselraten ein, was vorgefallen sein könnte. Altman wurde vielfach finanzielles Geschick attestiert. So hat er fast im Alleingang Microsoft-Chef Satya Nadella davon überzeugt, zehn Milliarden Dollar in OpenAI zu investieren. In Tech-Firmen sei es nicht ungewöhnlich, dass eine toxische Arbeitskultur zum Sturz eines Chefs führe – es habe jedoch kein offensichtliches Geldproblem gegeben, schrieb die britische BBC.

So leitete Altman die OpenAI-Ausschreibungsgeschäfte und steigerte dabei die Bewertung des Start-ups von zuvor 29 Milliarden auf zuletzt mehr als 80 Milliarden Dollar. Auch Altman ließ offen, was zu dem Zerwürfnis führte. Er habe die Zeit dort sehr geliebt, schrieb er auf X. „Ich werde später mehr darüber sagen, was als Nächstes kommt.“

Bericht: Differenzen zwischen zwei OpenAI-Lagern

Die renommierte Technologiejournalistin Kara Swisher schrieb, Auslöser seien Differenzen zwischen zwei Lagern von OpenAI gewesen – und zwar zwischen dem gewinnorientierten und dem Non-Profit-Flügel. OpenAI war 2015 von Altman und unter anderen auch Tesla-Chef Elon Musk ursprünglich als ein nicht auf Gewinn ausgerichtetes Start-up gegründet worden, das KI erforschen sollte. Mit der Zeit – und einer Milliardeninvestition von Microsoft – wurde OpenAI jedoch immer mehr zu einem profitorientierten Unternehmen. Unter anderen Musk kritisierte das immer wieder.

Schon die offizielle Mitteilung enthielt zwischen den Zeilen einen Hinweis auf solche Spannungen. Darin wurde betont, dass OpenAI für eine Mission aufgebaut worden sei: „um sicherzustellen, dass allgemeine künstliche Intelligenz der gesamten Menschheit zugutekommt“. Diesem Ziel sei man weiter verpflichtet.

Swisher zufolge war ein Auslöser für Altmans Rauswurf die Entwicklerkonferenz von OpenAI, bei der die Möglichkeit vorgestellt wurde, spezialisierte Versionen von ChatGPT zu entwickeln und damit Geld zu verdienen. Der Non-Profit-Fraktion von OpenAI sei das alles zu schnell gegangen, schrieb Swisher auf X. Einige Vertraute Altmans bei dem Unternehmen sprächen von einem „Umsturz“. Swishers Quellen zufolge erfuhr Altman vom Beschluss des Verwaltungsrates nur 30 Minuten vor Veröffentlichung der Mitteilung.

Entwicklung und Vermarktung als Streitpunkte?

Wenige Stunden nachdem Altman herausgedrängt wurde, nahm ein weiterer Mitgründer, Brockman, ebenfalls seinen Hut. Er verwies auf „die heutigen Nachrichten“. Brockman war bis Freitag Vorsitzender des Verwaltungsrates und sollte laut Mitteilung zwar diesen Posten aufgeben, aber bei dem Unternehmen bleiben.

Ein Initiator des Vorgehens gegen Altman war nach Informationen von Swisher und des ebenfalls gut vernetzten Branchendienstes The Information Chefwissenschaftler Ilya Sutskever – ein weiterer Mitgründer von OpenAI. Der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg zufolge gab es Meinungsverschiedenheiten darüber, wie schnell die KI-Software entwickelt werden sollte, wie man sie vermarktet und wie man Risiken minimiert. Auch hätten Versuche Altmans, Geld von Investoren für die Entwicklung eines eigenen KI-Chips zu sammeln, für Streit gesorgt.

Technologiechefin Mira Murati werde vorläufig den Chefposten übernehmen, während die dauerhafte Nachfolge geregelt werden solle, teilte OpenAI weiter mit. Altman stand bis zuletzt im Rampenlicht: Noch am Donnerstag sprach er auf dem Gipfel der APEC-Ländergruppe in San Francisco. Das deute darauf hin, dass er nicht mit einem Rauswurf gerechnet habe, schrieb die BBC.

Die interimistische OpenAI-Chefin Mira Murati
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Technologiechefin Mira Murati wird interimistische Chefin

Microsoft will an Kooperation festhalten

Der Chatbot ChatGPT kann Sätze auf dem sprachlichen Niveau eines Menschen formulieren. Seine Veröffentlichung vor rund einem Jahr löste einen KI-Hype aus. Das 2015 gegründete Unternehmen OpenAI wurde damit zu einem Vorreiter bei der Technologie. Microsoft ging einen milliardenschweren Pakt mit der Firma ein, um deren Technologie in Produkte des Konzerns zu bringen. Andere Tech-Schwergewichte wie Google, Amazon und der Facebook-Konzern Meta stellten Konkurrenzsoftware vor.

Microsoft betonte, dass man an der Zusammenarbeit mit OpenAI festhalte. Zugleich stellte der Softwareriese unmissverständlich fest, dass die KI-Firma nicht einfach aus der Kooperation aussteigen könne: „Wir haben eine langfristige Vereinbarung mit OpenAI und haben Zugang zu allem Nötigen, um unsere Innovationsagenda umzusetzen.“

Eine Person, die sich bisher untypisch ruhig verhalten habe, sei Tesla-Gründer Musk, so die BBC. Zuletzt brachte X einen neuen Chatbot namens Grok heraus – womöglich sei er nicht unglücklich darüber, dass OpenAI eine Zeitlang durch ein selbstverschuldetes Drama abgelenkt sein werde. Zuletzt war Musk wegen antisemitischen und Nazi-Inhalten in die Schlagzeilen geraten und hatte große Werbekunden verloren.