Eine kranke Frau liegt im Bett und schaut auf ein Thermometer
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Steigende CoV-Infektionen

Experten raten zu Impfen und Testen

Wenn sich in der kalten Jahreszeit zunehmend alles ins Innere verlagert, beschleunigt das auch die Virenverbreitung. Bemerken lässt sich das bei den Infektionszahlen mit dem Coronavirus. Seit Wochen sind diese im Steigen begriffen, und auch die Spitalsaufenthalte werden mehr. Expertinnen und Experten zufolge bestehe zwar kein Grund zur Sorge. Sie empfehlen jedoch, sich impfen zu lassen, sich effektiv vor Ansteckungen zu schützen und sich bei Symptomen unbedingt rechtzeitig testen zu lassen, um Langzeitfolgen zu vermeiden.

Der Molekularbiologe der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Ulrich Elling, schrieb am Samstag auf X (Twitter), Österreich steuere „auf eine der höchsten Covid-19-Wellen jemals zu“. Zudem zeichne sich derselbe Trend auch in anderen europäischen Ländern ab, sofern entsprechende Daten vorlägen, so der Experte.

Elling zufolge sei die Welle erwartet worden, da Covid-19-Wellen „antizyklisch mit Schnupfen“ kommen und die „Schulanfangsrotznasen“ durch sind. Aufgrund des steigenden Infektionsgeschehens empfiehlt Elling, die Impfung auffrischen zu lassen, Maske zu tragen und Rücksicht zu nehmen.

„Zur Erinnerung: Für Geimpfte gab es de facto keine Erstinfektion. Nein, Corona ist kein Schnupfen“, schrieb der Experte auf X. Elling erwartet allerdings keine überfüllten Intensivstationen. Auch das Gesundheitsministerium geht auf ORF.at-Anfrage nicht von einer Überlastung der Spitäler aufgrund von Covid-19 aus.

Virologin von Laer zur aktuellen CoV-Lage

Die Infektionszahlen von Coronavirus, Respiratorischem Synzytial-Virus (RSV) oder Influenza steigen seit mehreren Wochen wieder. Die Virologin Dorothee von Laer kommentiert die momentane Situation in Österreich.

Kurve zeigt nach oben

Seit 1. Juli existieren hierzulande keine Maßnahmen mehr, um das Coronavirus einzudämmen. Grundsätzlich heißt das, dass Covid-19 wie jede andere nicht meldepflichtige Infektionskrankheit zu behandeln ist. Aufgrund dessen, gibt es auch keine täglichen Infektionszahlen mehr. Vielmehr wird das Infektionsgeschehen mittels Abwasseranalysen überwacht.

Außerdem werden über das SARI-Dashboard stationäre Spitalsaufnahmen mit Atemwegserkrankungen vermerkt. Auch hier geht die Kurve seit einigen Wochen nach oben. Seit die Krankheit nicht mehr meldepflichtig ist, werden die Daten nur mehr einmal pro Woche aktualisiert. Zudem können die Zahlen der letzten Wochen jeweils noch unvollständig sein, da für diese Zeiträume noch Nachmeldungen erfolgen können.

Die steigenden Infektionszahlen wirken sich auch auf die Krankenstände im Land aus. In Tirol waren vergangene Woche über 5.000 Menschen wegen Atemwegserkrankungen krankgeschrieben – mehr dazu in tirol.ORF.at. Auch im Burgenland gab es zuletzt mehr Krankmeldungen wegen einer CoV-Infektion als im Jahr davor – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Kärnten verzeichnete zudem in einigen Regionen Rekordwerte bei den Infektionszahlen – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Breites Spektrum an Symptomen

Auch bei den Sentinelproben, bei denen Influenza- und RSV-Proben von Ärztinnen und Ärzten zusätzlich auf Covid-19 getestet werden, lässt sich seit einigen Wochen ein Anstieg beobachten, sagte Virologin Judith Aberle von der MedUni Wien im Gespräch mit ORF.at. In der Kalenderwoche 46 (14. bis 20. November) seien 30 Prozent der Proben positiv auf Covid-19 getestet worden.

Und auch im SARI-Dashboard weisen mehr als 40 Prozent aller Menschen mit schweren Atemwegserkrankungen eine Infektion mit dem Coronavirus auf. „Im Moment haben wir einen Mix aus verschiedenen Omicron-Varianten, die gleichzeitig zirkulieren und auch die Antikörper unterlaufen können.“ Dabei gebe es ein sehr breites Spektrum an Symptomen: von hohem Fieber, Kopfschmerzen und Durchfall bis hin zu schweren Lungenerkrankungen.

Auch milde Infektionsverläufe könnten zu Erkrankungen mit Langzeitfolgen wie Long Covid führen. Eine gute und breit verfügbare Testinfrastruktur sei daher wichtig, um rechtzeitig eine Diagnose zu erhalten. Mit Covid-19-Medikamenten wie Paxlovid habe man zudem eine „effektive Therapie“ gegen eine Covid-19-Erkrankung, sagte die Virologin. Ärztinnen und Ärzte sollten dieses gegebenenfalls verschreiben, im Anschluss kann es über eine öffentliche Apotheke kostenlos bezogen werden.

An neue Varianten angepasste Impfstoffe

Eine „sichere Immunität“ gebe es nicht, viele infizieren sich und erkranken – auch an Covid-19, so Aberle. Vor allem im Hinblick auf vulnerable Gruppen empfiehlt die Virologin daher dringend eine Auffrischungsimpfung. Aber auch bei allen anderen Personen ab dem zwölften Lebensjahr sorgte eine Auffrischung für zusätzlichen Schutz. „Die neuen Impfstoffe enthalten ein Update der Omicron-Variante“, so Aberle.

Das Nationale Impfgremium gab Ende August neue Impfempfehlungen aus – der Impfstoff wurde an die dominierende Variante Omicron XBB.1.5 angepasst. Der Impfstoff des Mainzer Herstellers Biontech und seines US-Partners Pfizer war zuletzt von der EU zugelassen worden. Für den Herbst erwartet werden noch weitere angepasste Impfstoffe, etwa vom US-Unternehmen Moderna.

Impfen im niedergelassenen Bereich

Unabhängig davon, wie oft man bereits mit dem Coronavirus Kontakt hatte bzw. geimpft wurde, wird eine einmalige Impfung mit einem an die XBB-Varianten angepassten Impfstoff ab zwölf Jahren empfohlen. In speziellen Situationen, zum Beispiel bei schwerer Beeinträchtigung des Immunsystems, kann mehr als eine Impfung notwendig sein, heißt es auf der Impfwebsite des Gesundheitsministeriums.

Angeboten wird die Impfung nun hauptsächlich im niedergelassenen Bereich. Das Ministerium verweist auf der Impfwebsite auf diverse Listen mit Ärzten und Ärztinnen in den jeweiligen Bundesländern. Sie sollen den angepassten Coronavirus-Impfstoff verabreichen. Laut Gesundheitsministerium wurden (gemäß E-Impfpass) mit Stand 13. November seit 1. September rund 290.000 gegen XXB gerichtete CoV-Auffrischungsimpfungen dokumentiert sowie insgesamt 380.000 Influenzaimpfungen.

Eine Ärztin klebt ein Pflaster nach einer Corona-Impfung
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Covid-19-Impfstraßen gibt es keine mehr, geimpft wird mittlerweile hauptsächlich im niedergelassenen Bereich

Aberle empfiehlt zudem jedem, sich gleichzeitig auch gegen Influenza impfen zu lassen. Beides zusammen könnte viele schwere Erkrankungen verhindern. Auch das Tragen von Masken in Krankenhäusern und beim Arztbesuch würde das Ansteckungsrisiko erheblich minimieren, so Aberle. In einer „Viruswelle“ sei es zudem wichtig, sich auch in der Öffentlichkeit gut zu schützen.

Mit verpflichtenden Schutzmaßnahmen, etwa in Arztpraxen und Spitälern, ist angesichts der guten Immunität in der Bevölkerung sowie der aktuell kursierenden Varianten nicht zu rechnen, wie das Gesundheitsministerium auf ORF.at-Anfrage mitteilte.

ÖGAM-Chefin: Unbedingt rechtzeitig testen

Auch die Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM), Susanne Rabady, plädiert dafür, sich sinnvoll zu schützen – „wie auch immer man das tun möge“. Gegenüber ORF.at ruft sie zudem dazu auf, sich beim Auftreten von Symptomen unbedingt rechtzeitig beim Arzt testen zu lassen. „Hier geht es auch darum, dass man eine Bestätigung über die Erkrankung hat“, so die Medizinerin.

Da Covid-19 nicht mehr meldepflichtig ist, ist es wie jede andere nicht meldepflichtige Erkrankung zu behandeln: auf Symptome achten, zum Arzt oder zur Ärztin gehen und im Fall des Falles zu Hause bleiben. Es ist zwar weiterhin möglich, sich auf eine Infektion testen zu lassen, allerdings gibt es keine flächendeckenden Angebote mehr. Denn mit dem Auslaufen der Coronavirus-Maßnahmen Anfang Juli endete auch das durch die öffentliche Hand finanzierte Testsystem. In Apotheken kann man sich kostenpflichtig Coronavirus-Tests beschaffen.

Positiver Coronatest
APA/Roland Schlager
Expertinnen und Experten empfehlen, sich bei auftretenden Symptomen auf jeden Fall rechtzeitig testen zu lassen

Wie bei anderen Krankheiten sind nun in erster Linie niedergelassene Ärzte und Ärztinnen zuständig, wenn erste Symptome auftreten. Sie entscheiden, ob ein Antigen-Test oder PCR-Test nötig ist. Das Testen sei zudem auch aus einem weiteren Grund wichtig, so Rabady: Denn wenn man dann keinen Nachweis über eine Infektion mit dem Coronavirus erbringen könne, würde das etwa auch zum Beispiel zum Problem bei der Anerkennung von Berufskrankheiten werden. Zudem warnt auch Rabady eindringlich vor Long Covid. Im Moment bestehe zwar keine große Gefahr, im Spital zu landen. Aber Long Covid kann auch später noch zu einem Problem werden.