Hohe Haftstrafen bei Prozess gegen ’Ndrangheta

Im größten Mafia-Prozess seit über drei Jahrzehnten in Italien sind gestern hohe Haftstrafen verhängt worden. So wurde der Anwalt und ehemalige Parlamentarier der Regierungspartei Forza Italia, Giancarlo Pittelli, zu elf Jahren Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte für ihn 17 Jahre Haft beantragt. Der Prozess lief seit zwei Jahren und zehn Monaten.

In dem Prozess in einer zum Hochsicherheitsgerichtssaal umgebauten Lagerhalle in der Stadt Lamezia Terme in der süditalienischen Region Kalabrien ging es seit 2021 um die Machenschaften der ’Ndrangheta.

Für die 322 Angeklagten forderte die Staatsanwaltschaft zusammengenommen fast 5.000 Jahre Haft. Die Anklagepunkte reichten von Drogenhandel und Bildung einer mafiösen Vereinigung über Geldwäsche bis zu Erpressung und Mordversuch.

Internationale Festnahmen

Die Liste der Angeklagten, darunter Politiker, Anwälte und Geschäftsleute, zeigt, wie tief verwurzelt die ’Ndrangheta in Kalabrien ist. Der Prozess ist das Ergebnis umfangreicher Ermittlungen, die im Dezember 2019 im Rahmen von Italiens größter Anti-Mafia-Operation seit den 1980er Jahren zur Festnahme von 334 Personen geführt hatten.

Auch in Deutschland, der Schweiz und Bulgarien kam es zu Festnahmen, darunter kalabresische Politiker wie ein Ex-Senator und der Bürgermeister einer Gemeinde in Kalabrien.

Aus den Ermittlungen gingen enge Verstrickungen der ’Ndrangheta mit der Politik hervor. Die „Rinascita Scott“ genannte Untersuchung konzentrierte sich auf Vibo Valentina, erstreckte sich aber bis nach Norditalien. Geführt wurde sie vom Oberstaatsanwalt von Catanzaro, Nicola Gratteri, der als einer der prominentesten ’Ndrangheta-Experten gilt. Er konzentrierte sich auf den Clan der Familie Mancuso. Die ’Ndrangheta gehört zu den mächtigsten Mafia-Organisationen der Welt.