Nach VfGH-Entscheid: Diskussion über ORF-Gremienreform

Das ORF-Gesetz muss nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) erneut novelliert werden. Denn der Einfluss der Regierung auf die Bestellung von ORF-Stiftungsrat und -Publikumsrat ist zu groß und deshalb verfassungswidrig.

Die Regierung dürfe nicht mehr Mitglieder in den ORF-Stiftungsrat entsenden als der Publikumsrat, und es müsse gewisse Kriterien geben, wie diese bestellt werden und deren Unabhängigkeit gesichert sei, fasste Rundfunkrechtsexperte Hans Peter Lehofer gestern im Presseclub Concordia zusammen.

„Stiftungsrat ist zu groß, Publikumsrat zu klein“

Nun könnte die Zahl jener Stiftungsräte, die vom Publikumsrat entsendet werden, erhöht werden. Doch: „Irgendwann hat sich die Arbeitsfähigkeit des Gremiums erledigt“, merkte er an. „Der Stiftungsrat ist zu groß und der Publikumsrat zu klein und zu wenig mächtig“, meinte der Rundfunkrechtsexperte. Man müsse auch darüber nachdenken, wie die Bevölkerung im Publikumsrat besser repräsentiert werden könne.

Anna-Maria Wallner, Leiterin des Debattenressorts bei der „Presse“, meinte, dass das Interesse der türkis-grünen Regierung an einer Änderung vor der Nationalratswahl 2024 endenwollend sei. Es gebe bis zur Nationalratswahl 2024 die Chance, etwas zu beheben, was längst schon hätte behoben werden müssen, so Politikanalyst und Medienberater Peter Plaikner.

Kritik an politischer Einflussnahme

„Wir Redakteure kritisieren seit Jahrzehnten die politische Einflussnahme“, sagte ORF-Redaktionsratsvorsitzender Dieter Bornemann. Derzeit würden sich die Regierungsparteien Einfluss im ORF sichern. Manche Personen im Haus lehnten sich an politische Parteien an, seien für sie ansprechbar.

Eine Gruppe von unabhängigen Fachleuten soll eine Grundlage für den Gesetzgeber ausarbeiten, so Bornemann. Die Plätze im Stiftungs- und Publikumsrat sollten nach fachlichen Kriterien besetzt werden. Institutionen, die Mandate besetzen, sollen das nach Ansicht des ORF-Redaktionsausschusses mittels öffentlicher Ausschreibung und Hearings machen und ihre Entscheidung begründen.

„Selbstverständlich gehört der Bestellmechanismus reformiert“, sagte Anita Zielina, CEO von Better Leaders Lab und von NEOS entsandte Stiftungsrätin. Es kranke aber daran, dass Österreichs Medienpolitik primär „Klientel- und Lobbypolitik“ betreibe.