Lastwagen mit Hilfslieferungen in Gaza
APA/AFP/Said Khatib
Feuerpause angelaufen

Erste Hilfslieferungen erreichen Gaza

Nach Inkrafttreten einer vorerst viertägigen Feuerpause zwischen Israel und der islamistischen Hamas am Freitag um 7.00 Uhr Ortszeit (6.00 Uhr MEZ) sind vorerst keine Angriffe mehr gemeldet worden. Während noch am Freitag 13 israelische Geiseln freikommen sollen, erreichten erste Hilfslieferungen den Gazastreifen.

Rund eineinhalb Stunden nach Beginn der Feuerpause passierten erste Lastwagen mit Hilfsgütern von Ägypten aus den Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen. Zwei Fahrzeuge von ägyptischen Organisationen trugen Transparente mit der Aufschrift „Gemeinsam für die Menschlichkeit“, auf einem weiteren war „Für unsere Brüder in Gaza“ angebracht, wie auf TV-Bildern der Nachrichtenagentur Reuters zu sehen war.

Zahlreiche weitere Lkws warteten in einer Schlange vor dem Übergang auf ihre Abfahrt. Ägypten kündigte an, täglich 130.000 Liter Diesel und vier Lkw-Ladungen mit Gasflaschen in den Gazastreifen zu liefern, sollte die Waffenruhe halten. Täglich könnten rund 200 Lkws humanitäre Hilfe über Rafah in das Palästinensergebiet bringen, hieß es. Das wären deutlich mehr als zuletzt pro Tag.

Lastwagen mit Hilfslieferungen in Gaza
APA/AFP/Said Khatib
Lastwagen mit Hilfsgütern beim Überqueren der Grenze in Rafah

200 Lkws sollen am Freitag Grenze passieren

Das UNO-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) will die Kampfpause nutzen, um dringend benötigte Hilfsgüter zu verteilen. Inzwischen sind dort laut UNO-Angaben mehr als 1,7 Millionen Menschen, also rund drei Viertel der Bevölkerung, Binnenflüchtlinge.

ORF-Korrespondentin Roupetz zur Feuerpause

ORF-Korrespondentin Sophie Roupetz meldet sich aus Tel Aviv und berichtet über den aktuellen Status der Feuerpause und die Fortschritte im Austausch der Geiseln gegen Gefangene.

Auch Krankenwagen unterwegs

Nach Angaben des palästinensischen Rettungsdienstes Roter Halbmond seien zehn Krankenwagen unterwegs zur Evakuierung von Patienten und Patientinnen aus Gaza-Stadt. Der Einsatz sei mit den Vereinten Nationen abgestimmt, teilte die Organisation am Freitag via X (Twitter), mit. Die Rettungswagen seien in Chan Junis im Süden des Küstenstreifens aufgebrochen. Sie sollten Kranke und Verletzte aus dem Al-Ahli-Krankenhaus in der Stadt Gaza abholen.

Geiseln sollen am Nachmittag freigelassen werden

Laut der Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas sollen um 16.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr MEZ) die ersten 13 im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln freigelassen werden. Bei ihnen handelt es sich um Frauen und Kinder. Im Gegenzug sollen für jede Geisel drei palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden. Hier geht es laut palästinensischen Angaben um 24 weibliche und 15 minderjährige männliche Gefängnisinsassen.

Die israelische Strafvollzugsbehörde habe eine Liste mit 39 palästinensischen Terrorverurteilten erhalten, die entlassen werden sollen. Das berichtete unter anderem die Times of Israel. Sie sollen kurz vor Mittag in das Ofer-Gefängnis im Westjordanland verlegt werden, bevor sie von dort entlassen werden. Teil des Deals ist ein Austausch von bis zu 100 Geiseln aus Israel gegen bis zu 300 palästinensische Häftlinge.

Gaza: Feuerpause in Kraft

Die zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas vereinbarte Waffenruhe im Gazastreifen hat am Freitag um 6.00 Uhr (MEZ) begonnen. Freitagnachmittag sollen die ersten 13 israelischen Geiseln freigelassen werden.

Die Kämpfe dauerten bis zuletzt an. Im israelischen Grenzgebiet gab es noch kurz vor und auch nach Beginn der Waffenruhe Raketenalarm. Die israelische Armee teilte mit, Warnsirenen hätten in Gemeinden entlang des Gazastreifens geheult – Berichte über Raketen gab es dann aber nicht. Die Armee hatte zuvor die Angriffe im Gazastreifen noch intensiviert und wird ihre Soldaten auch während der Kampfpause im Gazastreifen stationiert lassen.

Israels Armee: Tunnel unter Al-Schifa-Spital zerstört

Nach eigenen Angaben zerstörte die israelische Armee am Freitag einen unterirdischen Tunnelkomplex im Bereich des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza-Stadt. Auf einer Videoaufnahme war eine starke Explosion in einem Gebäudekomplex zu sehen. Mindestens eines der mehrstöckigen Gebäude schien durch die Explosion schwer beschädigt zu werden, wie der nur wenige Sekunden lange Videoclip zeigte, der von der Armee veröffentlicht wurde.

Nach Darstellung der israelischen Armee hatte die Hamas den Tunnelkomplex für Terrorzwecke missbraucht – die Hamas bestreitet das. Die US-Regierung stützte die israelische Darstellung.

Israelische Armee warnt: Nicht nach Nordgaza gehen

Augenzeugenberichten zufolge machten sich nach Beginn der Feuerpause Hunderte palästinensische Binnenflüchtlinge auf den Weg, um in ihre Wohnorte zurückzukehren. Die Menschen wollten etwa in Gaza-Stadt und in anderen Teilen des nördlichen Gazastreifens in ihren Häusern oder Wohnungen nach dem Rechten sehen oder sich um Angehörige kümmern, hieß es Freitagfrüh. Das israelische Militär warnte jedoch davor.

Ein israelischer Armeesprecher bekräftigte am Freitag auf Arabisch, man werde unter keinen Umständen den Transfer von Menschen aus dem Süden in den Norden erlauben. „Wir rufen Sie dazu auf, sich den Streitkräften oder den Gebieten nördlich von Wadi Gaza nicht zu nähern“, hieß es in der Mitteilung.

Berichte: Tote bei Konfrontation mit Armee in Gaza

Zugleich soll die israelische Armee gewaltsam gegen Palästinenser vorgegangen sein, die unterwegs in den Norden waren. Laut von der Hamas kontrolliertem Gesundheitsministerium wurden im zentralen Bereich des Gazastreifens zwei Menschen durch Schüsse getötet und mehrere verletzt. Augenzeugen berichteten außerdem, die Armee habe Tränengas eingesetzt. Ein israelischer Militärsprecher sagte, man prüfe die Berichte.

Galant: Kämpfe nach Pause für mindestens zwei Monate

Israels Verteidigungsminister Joav Galant sagte am Abend, man werde auch nach der Feuerpause die Kämpfe im Gazastreifen mindestens zwei Monate fortsetzen. Die Soldaten sollen sich während der kurzen Feuerpause organisieren, Waffen nachliefern und sich auf die kommenden Kämpfe vorbereiten. Danach werde die Armee weiter Druck machen, um mehr Geiseln nach Israel zurückzubringen.

Angespannte Ruhe an Grenze Israel-Libanon

Nach dem Beginn der Feuerpause gab es auch an der israelisch-libanesischen Grenze eine angespannte Ruhe. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, seit Inkrafttreten seien keine Angriffe der Hisbollah registriert worden. Weder das israelische Militär noch die Hisbollah im Libanon meldeten militärische Vorfälle. Nach Angaben der Schiitenorganisation wurden allerdings israelische Kampfflugzeuge im libanesischen Luftraum gesichtet.

Die Kämpfe an der israelisch-libanesischen Grenze wurden in dem von Katar ausgehandelten Abkommen zur Feuerpause nicht erwähnt. Die Hisbollah ist nicht Teil der Vereinbarung und hat sich bisher nicht offiziell dazu geäußert. Israel will Medienberichten zufolge nur bei neuen Angriffen aus dem Libanon militärisch reagieren.

Falscher Alarm in Eilat

Unterdessen ertönten in Israels südlichem Badeort Eilat am Roten Meer am Freitag nach Angaben des Militärs Sirenen, die vor einem möglichen Angriff aus dem Jemen warnten. Wenig später teilte das Militär mit, dass es sich um einen falschen Alarm gehandelt habe.