Laut der Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas unter der Vermittlung des Emirats Katar sollen die Geiseln um 16.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr MEZ) freigelassen werden. Bei ihnen handelt es sich um Frauen und Kinder – von der Hamas werden sie aus den verschiedenen Verstecken an den Grenzübergang in Rafah gebracht.
Auf der ägyptischen Seite des Grenzübergangs sollen sie laut Protokoll auf israelische Sicherheitskräfte treffen. Anschließend werden sie ersten medizinischen Untersuchungen unterzogen. Auch sollen sie erstmals wieder mit ihren Familien telefonieren können.
Geiseln werden per Hubschrauber nach Israel gebracht
Danach sollen die freigelassenen Geiseln per Hubschrauber nach Israel gebracht werden, wo sie in zwei Spitälern weiteren medizinischen Untersuchungen unterzogen werden. Auch psychologische Betreuung gibt es dort. Danach werden sie mit ihren Familien zusammengeführt – die Freigelassenen müssen aber mindestens zwei Tage im Spital bleiben. Die freigelassenen Frauen werden von den Sicherheitsdiensten befragt, um eventuell neue Informationen zu bekommen.
Das Militär rief die Öffentlichkeit und die Medien zu Geduld und Sensibilität auf. „Wir bitten alle darum, die Privatsphäre der freigelassenen Geiseln und ihrer Familien zu respektieren.“ Psychologinnen und Psychologen gehen davon aus, dass besonders die Kinder nach sieben Wochen Geiselhaft schwer traumatisiert sein könnten. Sie erlebten auch am 7. Oktober schlimmste Gewalt mit.
„Anfang vom Licht am Ende des Tunnels“
Das Militär veröffentlichte via X (Twitter) Bilder aus einem Hubschrauber mit buntem Gehörschutz sowie von Spielecken mit Spielzeug zur Aufnahme der Kinder. „Heute ist der Anfang vom Licht am Ende des Tunnels“, hieß es.
Nach der Freilassung der 13 israelischen Geiseln dauert es laut Abmachung noch einige Stunden, bis die ersten palästinensischen Gefangenen entlassen werden. Zugleich soll es bereits am Freitag eine Liste mit den weiteren Namen für den Austausch von Geiseln und Häftlingen geben – die betroffenen Familien werden informiert.
39 palästinensische Häftlinge sollen freikommen
Für jede israelische Geisel sollen im Gegenzug drei palästinensische Häftlinge entlassen werden. Hier geht es laut palästinensischen Angaben am Freitag um 24 weibliche und 15 minderjährige männliche Gefängnisinsassen. Die israelische Strafvollzugsbehörde habe eine Liste mit 39 palästinensischen Terrorverurteilten erhalten, die entlassen werden sollen. Das berichtete unter anderem die Times of Israel.
Die Häftlinge sollen in ihre Heimatorte in Jerusalem und dem Westjordanland gebracht werden. Teil des Deals ist ein Austausch von bis zu 100 Geiseln aus Israel gegen bis zu 300 palästinensische Häftlinge. Fixiert ist aber nur die Freilassung von 50 israelischen Geiseln in den nächsten vier Tagen.
Hilfslieferungen erreichen Gaza
Eineinhalb Stunden nach Beginn der Feuerpause um 7.00 Uhr Ortszeit (6.00 Uhr MEZ) passierten erste Lastwagen mit Hilfsgütern von Ägypten aus den Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen. Zwei Fahrzeuge von ägyptischen Organisationen trugen Transparente mit der Aufschrift „Gemeinsam für die Menschlichkeit“, auf einem weiteren war „Für unsere Brüder in Gaza“ angebracht, wie auf TV-Bildern der Nachrichtenagentur Reuters zu sehen war.
Zahlreiche weitere Lkws warteten in einer Schlange vor dem Übergang auf ihre Abfahrt. Ägypten kündigte an, täglich 130.000 Liter Diesel und vier Lkw-Ladungen mit Gasflaschen in den Gazastreifen zu liefern, sollte die Waffenruhe halten. Täglich könnten rund 200 Lkws humanitäre Hilfe über Rafah in das Palästinensergebiet bringen, hieß es. Das wären deutlich mehr als in den Tagen davor.
Erste Hilfslieferungen erreichen Gaza
Nach Beginn der Feuerpause sind erste Hilfslieferungen in den Gazastreifen gebracht worden. Das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA will die Kampfpause nutzen, um dringend benötigte Hilfsgüter zu verteilen. Insgesamt sollen am Freitag rund 200 Lastwagen ankommen – deutlich mehr als zuletzt pro Tag.
Das UNO-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) will die Kampfpause nutzen, um dringend benötigte Hilfsgüter zu verteilen. Inzwischen sind dort laut UNO-Angaben mehr als 1,7 Millionen Menschen, also rund drei Viertel der Bevölkerung, Binnenflüchtlinge.
Krankenwagen nach Gaza-Stadt unterwegs
Nach Angaben des palästinensischen Rettungsdienstes Roter Halbmond seien zehn Krankenwagen unterwegs, um Patienten und Patientinnen aus Gaza-Stadt zu versorgen. Der Einsatz sei mit den Vereinten Nationen abgestimmt, teilte die Organisation am Freitag via X (Twitter), mit. Die Rettungswagen seien in Chan Junis im Süden des Küstenstreifens aufgebrochen. Sie sollten Kranke und Verletzte aus dem Al-Ahli-Krankenhaus in der Stadt Gaza abholen.
Die Kämpfe dauerten bis zuletzt an. Im israelischen Grenzgebiet gab es noch kurz vor und auch nach Beginn der Waffenruhe Raketenalarm. Die israelische Armee teilte mit, Warnsirenen hätten in Gemeinden entlang des Gazastreifens geheult – Berichte über Raketen gab es dann aber nicht. Die Armee hatte zuvor die Angriffe im Gazastreifen noch intensiviert und wird ihre Soldaten auch während der Kampfpause im Gazastreifen stationiert lassen.
Israels Armee: Tunnel unter Al-Schifa-Spital zerstört
Nach eigenen Angaben zerstörte die israelische Armee am Freitag einen unterirdischen Tunnelkomplex im Bereich des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza-Stadt. Auf einer Videoaufnahme war eine starke Explosion in einem Gebäudekomplex zu sehen. Mindestens eines der mehrstöckigen Gebäude schien durch die Explosion schwer beschädigt zu werden, wie der nur wenige Sekunden lange Videoclip zeigte, der von der Armee veröffentlicht wurde.
Nach Darstellung der israelischen Armee hatte die Hamas den Tunnelkomplex für Terrorzwecke missbraucht – die Hamas bestreitet das. Die US-Regierung stützte die israelische Darstellung. Laut israelischen Medienberichten hatte die Hamas als eine der Bedingungen für den Geiseldeal in letzter Minute den Rückzug der Armee aus dem Al-Schifa-Spital gefordert. Daher habe die Armee die Tunnel zerstört.
Israelische Armee warnt: Nicht nach Nordgaza gehen
Augenzeugenberichten zufolge machten sich nach Beginn der Feuerpause Hunderte palästinensische Binnenflüchtlinge auf den Weg, um in ihre Wohnorte zurückzukehren. Die Menschen wollten etwa in Gaza-Stadt und in anderen Teilen des nördlichen Gazastreifens in ihren Häusern oder Wohnungen nach dem Rechten sehen oder sich um Angehörige kümmern, hieß es Freitagfrüh. Das israelische Militär warnte jedoch davor.
Ein israelischer Armeesprecher bekräftigte am Freitag auf Arabisch, man werde unter keinen Umständen erlauben, dass Zivilisten aus dem Süden in den Norden gehen. „Wir rufen Sie dazu auf, sich den Streitkräften oder den Gebieten nördlich von Wadi Gaza nicht zu nähern“, hieß es in der Mitteilung. Es herrsche weiter Krieg.
Berichte: Tote bei Konfrontationen mit Armee in Gaza
Zugleich soll die israelische Armee gewaltsam gegen Palästinenser vorgegangen sein, die unterwegs in den Norden waren. Laut von der Hamas kontrolliertem Gesundheitsministerium wurden im zentralen Bereich des Gazastreifens zwei Menschen durch Schüsse getötet und mehrere verletzt. Augenzeugen berichteten außerdem, die Armee habe Tränengas eingesetzt. Ein israelischer Militärsprecher sagte, man prüfe die Berichte.
Palästinenser kehren aus Ägypten nach Gaza zurück
Unterdessen haben sich in Ägypten festsitzende Palästinenser auf den Weg zurück in den Gazastreifen gemacht. Das bestätigte die palästinensische Botschaft in Ägypten am Freitag. Im Küstenort al-Arisch gestrandete Palästinenserinnen und Palästinenser kehrten demnach freiwillig über den Grenzübergang Rafah zurück in das abgeriegelte Küstengebiet. In al-Arisch sollen mehr als 900 Palästinenserinnen und Palästinenser festsitzen.
Der Botschaft zufolge wollten am Samstag weitere Palästinenser, die in der Hauptstadt Kairo festsaßen, freiwillig zu ihren Familien zurückkehren. Medienberichten zufolge hielten sich bei Beginn des Gaza-Krieges Hunderte Palästinenserinnen und Palästinenser aus dem Gazastreifen in Ägypten auf. Sie seien etwa zu ärztlichen Behandlungen, anderen Terminen oder zur Durchreise ins Land gekommen und seien dann von der Schließung des Grenzübergangs Rafah überrascht worden.
Die Ausreise von Verletzten aus dem Gazastreifen lief unterdessen weiter. Am Freitag verließen 17 Verletzte und fünf Krebspatienten den Gazastreifen, um in Ägypten behandelt zu werden, sagte der Generalsekretär des Ägyptischen Roten Halbmondes, Raed Abdel Nasser, der dpa.
Angespannte Ruhe an Grenze Israel – Libanon
Nach dem Beginn der Feuerpause gab es auch an der israelisch-libanesischen Grenze eine angespannte Ruhe. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, seit Inkrafttreten seien keine Angriffe der Hisbollah registriert worden. Weder das israelische Militär noch die Hisbollah im Libanon meldeten militärische Vorfälle. Nach Angaben der Schiitenorganisation wurden allerdings israelische Kampfflugzeuge im libanesischen Luftraum gesichtet.
Die Kämpfe an der israelisch-libanesischen Grenze wurden in dem von Katar ausgehandelten Abkommen zur Feuerpause nicht erwähnt. Die Hisbollah ist nicht Teil der Vereinbarung und hat sich bisher nicht offiziell dazu geäußert. Israel will Medienberichten zufolge nur bei neuen Angriffen aus dem Libanon militärisch reagieren.
Falscher Alarm in Eilat
Unterdessen ertönten in Israels südlichem Badeort Eilat am Roten Meer am Freitag nach Angaben des Militärs Sirenen, die vor einem möglichen Angriff aus dem Jemen warnten. Wenig später teilte das Militär mit, dass es sich um einen falschen Alarm gehandelt habe.