„SIGNA“ Schriftzug
ORF/Christian Öser
Immobilienimperium vor Kollaps

Deutsche Signa-Tochter meldet Insolvenz an

Um die Finanzlage der Signa-Gruppe von Immobilieninvestor Rene Benko ist es offenbar denkbar schlecht bestellt. Am Freitag hat eine deutsche Tochter der Signa Prime Selection „Spiegel“ und „News" zufolge Insolvenz angemeldet. Zuvor hatte es geheißen, dass die Situation bei der gesamten Signa Holding sowie den Töchtern Prime und Development „so kritisch“ sei, dass „Insolvenzanträge vorbereitet würden“.

Den Magazinberichten (Onlineausgaben) zufolge stellte die Signa Real Estate Germany GmbH beim Amtsgericht Charlottenburg einen offiziellen Antrag auf Konkurs. Es trifft damit eine Deutschland-Tochter der Signa Prime Selection, in der Firmengründer Rene Benko seine wertvollen Bestandsimmobilien gesammelt hat. Die APA hat bei der Signa und beim Büro des Signa-Sanierers Arndt Geiwitz um Stellungnahmen angefragt – vorerst vergeblich.

In dem Insolvenzantrag, aus dem „News“ und „Spiegel“ zitieren, heißt es unter anderem: „Sehr geehrte Damen und Herren, in unserer Eigenschaft als Geschäftsführer der Signa Real Estate Germany GmbH (…) beantragen wir ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Antragstellerin wegen Zahlungsunfähigkeit zu eröffnen (…).“ Die Signa Real Estate Germany gehört zu der 100-prozentigen Prime-Tochter Signa Real Estate Management GmbH.

Signa-Gruppe bereitet Insolvenz vor

Um die Finanzlage der Signa-Gruppe von Immobilieninvestor Rene Benko ist es offenbar denkbar schlecht bestellt. Die Nachrichtenmagazine „News“ und „Spiegel“ (Onlineausgaben) berichteten unter Verweis auf Insider, dass die Situation bei der Signa Holding sowie den Töchtern Prime und Development „so kritisch“ sei, dass „Insolvenzanträge vorbereitet würden“.

„Kurier“: Viele Stundungsvereinbarungen

„Es werden Stundungsvereinbarungen mit vielen Geschäftspartnern gemacht, und da gehören die Mieten auch dazu“, zitierte der „Kurier“ (Samstag-Ausgabe) einen Insider. „Mögliche Insolvenzanträge sind in Restrukturierungsfällen immer ein Thema. Im Fall der Signa würde das aber eine Heidenarbeit bedeuten, weil jede einzelne Gesellschaft Insolvenz anmelden müsste. Da geht es um mehrere hundert Gesellschaften in Österreich, Deutschland, Italien und in der Schweiz.“

Angeblich seien Firmenkreditkarten gesperrt worden, auch bei der Firmenzentrale in der Wiener Innenstadt soll es eine Stundungsvereinbarung über die Miete geben, so die Zeitung ohne Angabe von Quellen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden um Gehälter und Weihnachtsgeld bangen.

Zum weit verzweigten Signa-Reich gehört auch der deutsche Warenhausriese Galeria. Dieser bereite sich auf die Folgen einer möglichen Schieflage Signas vor, sagte ein wiederum ein Insider laut Reuters.

Suche nach Finanzspritzen

Zuvor wurde berichtet, dass bei Signa für mehrere Unternehmensteile Insolvenzanträge vorbereitet werden. Auch dazu war von Signa kein Kommentar zu erhalten. Ende November ist eine 200 Millionen Euro schwere Signa-Anleihe fällig, insgesamt soll die Signa-Gruppe bis Jahresende 500 Millionen Euro aufstellen müssen, um nicht zahlungsunfähig zu werden.

Angesichts der desolaten Lage der Signa-Gruppe fällt es Benko und Sanierer Geiwitz offensichtlich außerordentlich schwer, an die nötigen neuen Finanzmittel zu kommen. Bisherige Geldgeber sträuben sich, ihrem investierten Kapital neues nachzuschießen.

Geschäftsmann Rene Benko, 2021
picturedesk.com/Action Press/Foto Scheiber
Benkos Imperium wankt

Die Mehrheit der Gesellschafter der Signa Holding wolle kein weiteres Geld zur Verfügung stellen, sagen Insider. Vielen habe missfallen, dass Benko nicht auf ihre Forderung eingegangen sei, sich komplett aus der Signa zurückzuziehen und seine Stimmrechte an Sanierer Geiwitz zu übergeben. Ein Signa-Sprecher sagte gegenüber den beiden Medien, dass es keine neue Sachlage gebe und man Gespräche mit potenziellen Finanzierungspartnern führe. Über die nächsten Schritte berate nun der Aufsichtsrat der Signa Prime Selection, berichtete die „Wirtschaftswoche“.

Antrag angeblich am Dienstag

Gegenüber dem „Standard“ sagte ein Insider, dass der Insolvenzantrag am Dienstag gestellt werden solle. Am selben Tag sollen auch Versammlungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Signa geplant sein, an denen über die Insolvenz und weitere Schritte informiert werden solle. Zuvor, am Montag, sei noch eine Art Generalinventur des Signa-Konzerns geplant.

Private Kunstsammlung soll Geld bringen

Auf der Suche nach Kapitalspritzen will Benko jetzt offenbar auch Kunstwerke seiner privaten Sammlung abstoßen. Nach Informationen von „Spiegel“ und „News“ sollen Insidern zufolge das Bild „L’Etreinte“ von Pablo Picasso und ein Selbstporträt von 1988 des Künstlers Jean-Michel Basquiat zu Geld gemacht werden.

Die Werke werden bisher von der Benko zuzuordnenden Laura Privatstiftung gehalten, die sie 2021 erworben hatte. Laut dem Auktionshaus Christie’s hatte der Picasso damals rund 17 Millionen Euro gekostet, der Basquiat etwa elf Millionen Euro. Der Gesamtwert der Sammlung, die auch Bilder von Andy Warhol umfasst, wird auf mehr als 30 Millionen Euro taxiert.

Die Baustelle des Elbtower in Hamburg
Reuters/Fabian Bimmer
Die Bauarbeiten am Elbtower in Hamburg wurden vor einem Monat eingestellt

Stillstände in Hamburg und München

Seit einem Monat steht wegen nicht gezahlter Rechnungen die Baustelle beim Signa-Großprojekt Elbtower in Hamburg still. „Die Bauarbeiten am Elbtower sind nach wie vor eingestellt. Wir gehen derzeit davon aus, dass diese auch in der nächsten Woche noch nicht wieder aufgenommen werden“, hieß es von der betroffenen Baufirma Lupp auf APA-Anfrage. Man warte auf „Informationen der Investoren zum weiteren Vorgehen“.

Wie mehrere deutsche Zeitungen am Donnerstag berichteten, ordnete Signa nun auch einen Baustopp an der Alten Akademie in München an. Der Stopp gelte „bis auf Weiteres“, so die davon betroffene Baufirma Porr. Der Münchner Bürgermeister legte den Medienberichten zufolge „sämtliche Signa-Planungen in der Stadt auf Eis“ – und das sind einige. Signas Probleme hätten auch direkte Auswirkungen auf die Münchner Innenstadt, hielt die „Süddeutsche Zeitung“ fest. Benko hatte dort in den vergangenen Jahren mehrere Topimmobilien aufgekauft.

Gusenbauer stellte Millionen in Rechnung

Indessen sorgen ältere Beraterkosten der Signa für Schlagzeilen. Der ehemalige SPÖ-Bundeskanzler und seit 2010 amtierende Signa-Prime-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer soll der Signa Holding laut „News“ für die Jahre 2020 bis Frühjahr 2022 Beraterhonorare in Höhe von über sieben Millionen Euro in Rechnung gestellt haben. Dem Bericht zufolge bestand Gusenbauers Leistung etwa in der Beratung bei der Restrukturierung der Galeria-Kaufhof-Karstadt-Gruppe in Deutschland und bei der Beantragung eines Darlehens beim deutschen Wirtschaftsstabilisierungsfonds.

Die Sanierung der Galeria scheiterte damals, obwohl insgesamt rund 680 Millionen Euro an staatlicher Hilfe flossen. Tausend Beschäftigte der Galeria verloren ihren Job. Die raschen Hilfen durch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds warfen viele Fragen auf. Gerrit Heinemann, einer der führenden Handelsexperten Deutschlands, forderte am Freitag im Ö1-Mittagsjournal eine Untersuchung der damaligen Vorgänge.

Heinemann: „Wir müssen uns vorstellen, es wird Staatshilfe quasi ohne Besicherung an Galeria Karstadt Kaufhof gegeben von zwei Bundesministern (Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Finanzminister Olaf Scholz, Anm.), die qua ihres Amtes auch im Kuratorium der Ruhrkohle AG Stiftung sitzen, die einer der größten Anteilseigner an der Signa-Prime-Select ist. Und spätestens da hat es mehr als ein Geschmäckle.“

Jahrzehntelange Nahebeziehung zu Benko

Zusätzlich zu seinen Beratungshonoraren erhält Gusenbauer eine Vergütung als Beiratsmitglied der Signa Holding und als Aufsichtsratschef und Chefkontrolleur der Signa Prime Selection, der Signa Development Selection und der Signa RFR US Selection. Laut „News“ reicht Gusenbauers geschäftliche Nahebeziehung zu Benko schon Jahrzehnte zurück. Bereits während seiner Kanzlerschaft soll sich Gusenbauer für Benko eingesetzt haben, als dieser das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck bauen ließ. Schon kurz nach seinem Rückzug aus der Politik soll Gusenbauer von der Signa eine Jahresgage von 280.000 Euro erhalten haben.