Junger Mann zündet sich in Wellington eine Zigarette an
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Neuseeland

„Revolutionäres“ Rauchverbot vor dem Aus

Neuseelands neue Regierung plant, das unter der ehemaligen Premierministerin Jacinda Ardern beschlossene Rauchverbot wieder abzuschaffen. Im Zuge dessen sollen Steuersenkungen finanziert werden. Das „Smokefree“-Gesetz hätte im nächsten Jahr den Verkauf von Zigaretten an alle nach 2008 Geborenen verboten und hatte weltweit für Aufsehen gesorgt.

Kaum war Neuseelands neuer Premierminister Christopher Luxon am Montag vereidigt, kündigte er an, dass die rechtskonservative Koalition aus Luxons National Party, der ACT Party und der populistischen NZ First das Tabakgesetz der Vorgängerregierung wieder rückgängig machen werde.

Die Pläne seien revolutionär und weltweit einzigartig gewesen, schrieb das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Laut der Statistikbehörde rauchen acht Prozent aller Neuseeländer und Neuseeländerinnen täglich. 2021 griffen noch 9,4 Prozent der Bevölkerung zur Zigarette. Rauchen ist die häufigste Ursache für vermeidbare Todesfälle in Neuseeland, weshalb die Regierung unter Ardern verkündet hatte, das Land bis 2025 „rauchfrei“ machen zu wollen.

Maßnahmen zählten zu strengsten der Welt

„Es gibt keinen guten Grund, den Verkauf eines Produkts zuzulassen, das die Hälfte der Menschen tötet, die es verwenden“, hatte die damalige stellvertretende Gesundheitsministerin Ayesha Verrall erklärt. Das Gesundheitswesen werde außerdem Milliarden sparen, wenn Krankheiten wie Krebs, Herzinfarkte und Schlaganfälle, die auch durch das Rauchen verursacht werden können, nicht mehr behandelt werden müssen. Prognosen hatten ergeben, dass die „Smokefree“-Gesetze jedes Jahr bis zu 5.000 Leben retten könnten.

Jacinda Ardern
APA/AFP/Mohd Rasfan
Die ehemalige Premierministerin Jacina Ardern hatte verkündet, das Land bis 2025 „rauchfrei“ machen zu wollen

Die Zahl der lizenzierten Tabakverkaufsstellen sollte bis Ende 2023 von 6.000 auf 600 reduziert werden. Außerdem sollte der Nikotinanteil in tabakhaltigen Produkten gesenkt werden. Die Maßnahmen zählten zu den strengsten der Welt: Verstöße umfassten Strafgelder in Höhe von bis zu 150.000 Dollar (umgerechnet rund 91.000 Euro).

Der Vorstoß hatte international für Aufsehen gesorgt und war von Forscherinnen und Forschern sehr gelobt worden, wie die BBC berichtete. Die Ankündigung der neuen Finanzministerin Nicola Willis, dass die Regierung die Gesetze aufheben werde, sorgt daher für Unverständnis unter Gesundheitsfachleuten.

Forschende „entsetzt und empört“

„Wir sind entsetzt und empört“, sagte etwa Richard Edwards, Experte für öffentliche Gesundheit an der Universität von Otago, gegenüber der BBC. „Dies ist ein unglaublicher Rückschritt bei weltweit führenden, absolut hervorragenden Gesundheitsmaßnahmen.“

Vor allem für Neuseelands indigene Bevölkerung könnte das gekippte Gesetzesvorhaben Folgen haben – im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen ist der Anteil der Raucherinnen und Raucher bei ihnen laut dem Public Health Service’s Health Promotion Directorate besonders hoch. Die Maori-Gesundheitsorganisation Hapai te Hauora sah in den Plänen einen „skrupellosen Schlag gegen die Gesundheit und das Wohlergehen aller Neuseeländer“ und rief auf Twitter zu einer Petition auf.

Widerstand aus Wirtschaft

Die Partner von National in der Regierungskoalition – die populistische Partei New Zealand First und die liberale Partei Act – hätten auf der Aufhebung der Gesetze „bestanden“, verteidigte Willis das Vorhaben.

Während die „Smokefree“-Maßnahmen als gesundheitspolitische Maßnahme gelobt wurden, waren sie bei einigen neuseeländischen Wirtschaftsverbänden auf Widerstand gestoßen. Die Besitzer von kleineren Geschäften befürchteten etwa trotz staatlicher Subventionen Einnahmeverluste. Zudem werde das Verbot einen Schwarzmarkt kreieren, hieß es.

Darauf verwies auch der neue Premier Luxon, als er ankündigte, das Tabakgesetz zu kippen. Die Steuereinnahmen seien zudem zwar willkommen, aber keine „Motivation“ für die Maßnahme. Die neue Finanzministerin Willis kündigte an, dass die Einnahmen aus dem Zigarettenverkauf Steuersenkungen finanzieren würden. Die Gesetze müssen noch vom Parlament aufgehoben werden, in dem die Regierung die Mehrheit hat.