Transparent auf dem Zaun einer Tesla-Filiale in Malmö (Schweden) mit der Aufschrift „IFMetall Konflikt“
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Streik in Schweden

Kräftemessen mit Tesla vor Gericht

Ende Oktober hat ein Streik von Mechanikerinnen und Mechanikern, die in Schweden für Tesla arbeiten, begonnen. Seither schlossen sich etliche Branchen der Arbeitsniederlegung an, von Hafenarbeitern bis zum Reinigungspersonal. Sie protestieren solidarisch gegen den US-Autohersteller, der Kollektivverträge ablehnt. Einen Etappensieg konnte Tesla nun vor Gericht erringen. Die Gewerkschaften aber machen weiter. Für sie steht nichts weniger auf dem Spiel als Schwedens Arbeitsmarktmodell.

Seit Wochen spielt sich in Schweden eine Art Showdown zwischen den Gewerkschaften und Tesla ab. Die Verweigerung, einen Kollektivvertrag auszuarbeiten, hat Arbeiterinnen und Arbeiter vieler Branchen gegen den US-Konzern aufgebracht.

Hafenarbeiter, Elektriker, Reinigungskräfte und selbst die Post unterstützen jene Beschäftigten, die für Tesla in Schweden arbeiten, solidarisch und legten jegliche Arbeit nieder, die mit dem Unternehmen im Zusammenhang steht. Teslas Autos werden nicht mehr bearbeitet, serviciert, geliefert und noch nicht einmal von den Frachtschiffen in Schwedens Häfen abgeladen.

Nun errang Tesla zumindest einen kleinen Sieg. Nach einer Klage entschied am Montag ein schwedisches Gericht, dass die Verkehrsbehörde einen Weg finden muss, Teslas Nummernschilder liefern zu lassen. Denn die von der Gewerkschaft SEKO vertretenen Angestellten der staatlichen PostNord hatten sich mit den Gewerkschaften solidarisch erklärt und stellten keine Postsendungen mehr an den Konzern zu, darunter auch Nummernschilder für Neuwagen.

Am Dienstag reichte Tesla auch eine Klage gegen PostNord ein. Das zuständige Amtsgericht Solna teilte daraufhin mit, dass das Postunternehmen jetzt drei Tage Zeit habe, Stellung zu nehmen. Erst danach könne die Klage geprüft werden.

Streit über Nummernschilder

Der Arbeitskampf hatte mit einer kleineren Gruppe von Mechanikerinnen und Mechanikern, die von der Gewerkschaft IF Metall vertreten werden, am 27. Oktober seinen Ausgang genommen. Immer größer wurde seither die Anzahl der Branchen, die sich dem Streik anschlossen. Auch Hydro Extrusions, der einzige Lieferant für bestimmte Aluminiumteile in Europa, legte die Arbeit nieder. Die Postangestellten nehmen seit dem 20. November am Ausstand teil – für Tesla laut Anklageschrift „ein einzigartiger Angriff auf ein in Schweden tätiges Unternehmen“.

Durch den Spruch des Bezirksgerichts Norrköping muss jetzt die zuständige Verkehrsbehörde tätig werden. Innerhalb von sieben Tagen muss Tesla die Schilder erhalten. Andernfalls muss die der Behörde unterstellte Transportbehörde eine Geldstrafe von einer Million schwedischen Kronen (rund 90.000 Euro) zahlen.

Streikende der Transportgewerkschaft im Hafen von Malmö (Schweden) mit einem Tesla-Fahrzeug im Vordergrund
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Im Hafen von Malmö werden seit Ende Oktober keine Teslas mehr abgeladen

KV-Gegner Tesla

Tesla produziert nicht in Schweden selbst, sondern exportiert nur in das skandinavische Land. Im Jahr 2022 wurden mehr als 9.000 E-Autos der Marke an schwedische Kundschaft geliefert. Für die Beschäftigten ist ein Kollektivvertrag unabdingbar – ein klarer Gegensatz zu Teslas Firmenpolitik. Der Konzern geht davon aus, dass seine Beschäftigten genauso gute oder sogar bessere Bedingungen haben als die von der Gewerkschaft geforderten.

Tesla wehrt sich seit Langem beharrlich gegen Bemühungen weltweit, dass sich seine Belegschaft gewerkschaftlich organisiert. In den USA konnte das Unternehmen bisher alle Versuche vereiteln. Auch die deutschen Gewerkschaften setzten Tesla schon wiederholt unter Druck. In Grünheide bei Berlin arbeiten 11.000 Menschen in der Großfabrik Gigafactory. Anfang November wurden die Löhne um vier Prozent angehoben, aber die deutsche IG Metall erklärte, dass die Löhne immer noch rund 20 Prozent unter den deutschen Tarifverträgen liegen.

„Lassen nicht locker“

Die Gewerkschaft in Schweden will einen Kollektivvertrag erzwingen, sie sieht gar das gesamte schwedische Arbeitsmarktmodell auf der Kippe. Ungefähr 90 Prozent der schwedischen Arbeitskräfte gehören Gewerkschaften an und sind durch Kollektivverträge abgesichert.

„Wenn die Maßnahmen zu Störungen führen, hoffen wir, sie wieder an den Verhandlungstisch zu zwingen“, sagte Veli-Pekka Saikkala, Verhandlungssekretär von IF Metall, gegenüber Reuters. „Dieser Kampf ist sehr, sehr wichtig. Er ist so wichtig, dass wir nicht lockerlassen können. Er ist wichtig für uns, aber auch für den gesamten schwedischen Arbeitsmarkt“, so Saikkala. Einen Exitplan gibt es offenbar nicht. Die Gewerkschaften wollen den Arbeitskampf weiterführen, bis Tesla einlenkt.