Deutschlands Kanzler Olaf Scholz redet im Bundestag
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Deutsche Budgetkrise

Scholz-Erklärung lässt Wogen hochgehen

Im Streit über das Budget hat der deutsche Kanzler Olaf Scholz in einer Regierungserklärung erste Prioritäten für 2024 genannt, ist angesichts der anhaltenden Uneinigkeit innerhalb seiner „Ampelkoalition“ aber vage geblieben. Schon die Rede des Kanzlers wurde von Hohngelächter der Opposition begleitet – hitzig und mit harter Kritik verlief auch die anschließende Debatte.

Die Erklärung Scholz’ war mit Blick auf die ausstehenden Entscheidungen zur Budgetpolitik mit Spannung erwartet worden. Unternehmen, Länder und Kommunen fordern schnellstmöglich Klarheit, ob sie trotz der Probleme mit dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) und dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) mit vom Bund zugesagten Zuschüssen rechnen können.

Scholz wies allerdings darauf hin, dass man bisher in der Koalition nur Entscheidungen für den Nachtragshaushalt 2023 getroffen habe. In den Beratungen für 2024 gehe „Sorgfalt vor Schnelligkeit“. Denn das Urteil aus Karlsruhe verändere die Budgetpolitik in Bund und Ländern grundlegend.

Aus für Umgehung von Schuldenbremse

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte vergangene Woche die Umwidmung von Kreditermächtigungen zur Bewältigung der CoV-Krise in einen Fonds zur Unterstützung der wirtschaftlichen Transformation für verfassungswidrig erklärt – und damit weitgehend der Regierungspraxis den Boden entzogen, staatliche Schulden auch außerhalb des regulären Haushalts aufzunehmen und somit die Schuldenbremse zu umgehen.

Deutschland: Scholz-Rede zur Budget-Krise

Im Streit über das Budget hat der deutsche Kanzler Olaf Scholz in einer Regierungserklärung erste Prioritäten für 2024 genannt, ist angesichts der anhaltenden Uneinigkeit innerhalb seiner „Ampelkoalition“ aber vage geblieben. Schon die Rede des Kanzlers wurde von Hohngelächter der Opposition begleitet – hitzig und mit harter Kritik verlief auch die anschließende Debatte.

Subventionspläne in Andeutungen

Allerdings deutete der Kanzler wie zuvor auch Wirtschaftsminister Robert Habeck an, dass milliardenschwere Subventionen etwa für Chipfabriken in Magdeburg und Dresden sicher sein dürften. Auch die Bundesländer hätten „allergrößtes Interesse“, dass die geplanten Investitionen in die Chipindustrie, in klimafreundlichen Stahl oder in Batteriefabriken umgesetzt würden.

Scholz kündigte an, dass die Energiepreisbremsen zu Beginn des kommenden Jahres enden sollen. „Inzwischen sind überall in Deutschland wieder Strom- und Gastarife verfügbar, die zwar deutlich höher liegen als vor der Krise – aber meist unterhalb der Obergrenzen, die wir für die Preisbremsen gezogen haben.“ Zudem seien die Gasspeicher so gut gefüllt, dass nicht mit plötzlichen Preissprüngen gerechnet werden müsse. „Sollten die Preise für Energie dennoch erneut unerwartet dramatisch steigen, sind wir jederzeit in der Lage, kurzfristig zu handeln.“ Die Verbraucherverbände kritisierten die Festlegung.

„Urteil schafft eine neue Realität“

Scholz betonte zwar wie auch Grünen-Kofraktionschefin Katharina Dröge, dass man das Karlsruher Urteil respektiere und umsetze. Zugleich deutete der Kanzler auch indirekte Kritik an. „Dieses Urteil schafft eine neue Realität – für die Bundesregierung und für alle gegenwärtigen und zukünftigen Regierungen, im Bund und in den Ländern“, sagte er. „Eine Realität, die es allerdings schwieriger macht, wichtige und weithin geteilte Ziele für unser Land zu erreichen.“

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wurde deutlicher: Die strengen zeitlichen Beschränkungen auf das laufende Haushaltsjahr würden den Herausforderungen, vor denen Deutschland stehe, nicht gerecht: „Jeder Investor in diesem Land plant, glaube ich, länger als ein Jahr“, sagte er. Mützenich kritisierte den Zeitpunkt des Urteils einen Tag vor den abschließenden Beratungen des Haushaltsausschusses des Bundestages über den Etat 2024.

Scholz-Erklärung zur deutschen Budgetkrise

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Bürgern und Bürgerinnen in einer Regierungserklärung im Bundestag verlässliche staatliche Leistungen trotz der Budgetkrise zugesichert, zugleich aber auch Sparbeschlüsse angedeutet. „Die Bürgerinnen und Bürger können darauf vertrauen, dass der Staat seine Zusagen ihnen gegenüber einhält“, so der deutsche Kanzler.

Ampel weiter ohne geeinten Plan

In der Debatte nach der Regierungserklärung wurde deutlich, dass sich SPD, Grüne und FDP weiter nicht einig sind, wie sie das Budget 2024 mit den Einschränkungen für KTF und WSF aufstellen sollen. SPD-Chef Mützenich und seine Grünen-Kollegin Dröge sprachen sich dafür aus, mit Blick auf den Ukraine-Krieg erneut eine „Notlage“ zu erklären und damit der Regierung mehr finanziellen Spielraum zu geben. Das hatte FDP-Fraktionschef Christian Dürr schon vorher abgelehnt. Dröge verwies darauf, dass sich Deutschland und Europa abgesehen vom Ukraine-Krieg auch mit der Tatsache beschäftigen müssten, dass die USA gerade 738 Milliarden Dollar für den Umbau ihrer Wirtschaft ausgeben würden. „Wer hier nicht mitspielt, verliert“, warnte sie.

Scholz unterstrich, dass die laufenden Beratungen zwischen SPD, Grünen und FDP erlaubten, „vorhandene Spielräume im Haushalt auszuloten, Schwerpunkte zu setzen und natürlich auch Ausgaben zu beschränken“. Im Übrigen weise das Gericht der Regierung einen „Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum“ bei der Erklärung einer Notlage zu.

Friedrich Merz redet im Bundestag
APA/AFP/Tobias Schwarz
CDU-Chef Friedrich Merz warf Scholz in der Debatte Unfähigkeit vor

„Sie können es nicht“

Sowohl CDU-Chef Friedrich Merz als auch AfD-Chefin Alice Weidel übten harsche Kritik an der Regierung. „Sie können es nicht“, sagte Merz in Richtung Kanzler, der nur ein „Klempner der Macht“ ohne Zukunftsideen sei. Diese Regierung sei „peinlich“. Weidel forderte den Kanzler zum Rücktritt auf. Beide warfen der „Ampel“ eine völlig falsche Energiepolitik vor.

Merz erteilte auch Forderungen von SPD- und Grünen-Spitzenpolitikern sowie einigen CDU-Ministerpräsidenten eine Absage, eine Reform der Schuldenbremse mitzutragen, um Investitionen sicherzustellen. Die Union werde das nicht mittragen.

Laut einer neuen Umfrage glaubt lediglich ein Drittel der Deutschen daran, dass eine unionsgeführte Bundesregierung die Haushaltskrise besser lösen könnte als die „Ampelregierung“. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Forsa-Umfrage für die RTL-Gruppe hervor. Auf eine entsprechende Frage antworteten 59 Prozent mit „Nein“, 35 Prozent mit „Ja“.