U-Ausschüsse: ÖVP will Liveübertragung isoliert verhandeln

Die ÖVP hat nach ihrem jüngsten Vorstoß zu einer Liveübertragung von U-Ausschüssen heute die Bereitschaft signalisiert, diese isoliert von einer Gesamtreform des parlamentarischen Kontrollinstruments angehen zu wollen.

Man trenne die Frage der Übertragung von „allen anderen berechtigten Überlegungen“, so Generalsekretär Christian Stocker, und wolle diese nun mit den anderen Fraktionen diskutieren. Dort dürfte die ÖVP auf offene Ohren stoßen.

Stocker: Meinungsumschwung durch Pilnacek-Audio

Man sei bisher „eher skeptisch“ gewesen, was eine Übertragung der Befragungen in Bild und Ton anbelangt, räumte Stocker ein. Jedoch habe die heimliche Aufnahme des vor Kurzem verstorbenen Ex-Sektionschefs Christian Pilnacek in privater Runde in einem Lokal, in der dieser Einflussnahme von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) auf Ermittlungen in den Raum stellte, einen Meinungsumschwung herbeigeführt.

Die Aufnahme sei nämlich höher bewertet worden als Pilnaceks Aussagen im U-Ausschuss, so Stocker: „Wenn jeder die Bild- und Tonaufnahme hätte, wäre die Diskussion sofort erledigt.“ Diese Entwicklungen nehme man zum Anlass, die Diskussion der Liveübertragung von einer gesamten Reform zu „entkoppeln“.

Pilnacek hatte im U-Ausschuss eigene Interventionen verneint – zu Fragen bezüglich entsprechender Versuche ihm gegenüber hatte er sich allerdings entschlagen.

Opposition fordert Liveübertragung seit Langem

Wie SPÖ und FPÖ auch fordert NEOS seit Langem eine Liveübertragung. Generalsekretär Douglas Hoyos und der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak erinnerten heute bei einer Pressekonferenz daran, dass man einen fertigen Antrag in petto habe.

„Es ist dringender denn je, dass wir das machen“, so Scherak, der aber daran erinnerte, dass die ÖVP das bisher mit einer Gesamtreform inklusive Aufweichung der Wahrheitspflicht für Auskunftspersonen junktimiert hatte. Falls die ÖVP neuerlich daran festhalten sollte, wäre „das Manöver“ eindeutig zu entlarven. „Dann geht es nämlich nur darum, politisches Kleingeld zu wechseln.“

Die bevorstehende „Orgie an U-Ausschüssen“ bezeichnete NEOS als „Schlammschlacht“, mit der man nichts zu tun haben wolle. Bereit stehe man aber jedenfalls, die Liveübertragung von U-Ausschüssen zu ermöglichen.

FPÖ: ÖVP-Schwenk „unglaubwürdig“

Für FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker ist der plötzliche Sinneswandel der ÖVP „unglaubwürdig“. Bis dato habe sich die Volkspartei immer dagegengestemmt. „Das ist auch nicht verwunderlich, denn sonst hätten die Bürger besorgniserregende Erinnerungslücken ehemaliger ÖVP-Regierungsmitglieder, regelrechte Entschlagungsorgien mancher Auskunftspersonen und vor allem das ÖVP-Störfeuer bei Befragungen durch willkürliche Geschäftsordnungsdebatten in Bild und Ton erleben können.“

Kritik übte Hafenecker aber auch daran, dass NEOS den notwendigen COFAG-Ausschuss als „Schlammschlacht“ diffamiere, sei doch dieser die „logische Konsequenz der Erkenntnisse des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses“.

Auch die Grünen sehen die Liveübertragung von U-Ausschüssen als „logische Weiterentwicklung“ des parlamentarischen Minderheitsrechts. Diese würde für „größtmögliche Transparenz“ sorgen, erklärte die Abgeordnete Nina Tomaselli. Die Grünen stehen daher den Verhandlungen auf Fraktionsebene „positiv gegenüber“. Bei entsprechendem Willen aller Beteiligter sei eine Lösung schon für die kommenden U-Ausschüsse „gut umsetzbar“, so Tomaselli.