Immofinanz-Prozess: Angeklagte bekannten sich nicht schuldig

15 Jahre nach Beginn der Ermittlungen hat gestern der zweite Immofinanz-Prozess begonnen. Die Staatsanwaltschaft Wien wirft ehemaligen Managern Untreue mit einem Schaden von rund 836 Mio. Euro und Bilanzfälschung vor. Durch den Immofinanz-Skandal wurden in Folge der Bankenkrise Tausende Privatanlegerinnen und -anleger geschädigt.

Der Ex-Chef der Constantia Privatbank und der Immofinanz, Karl Petrikovics, sowie der Ex-Prokurist Christian Thornton haben sich für nicht schuldig bekannt. Die Verteidiger der Angeklagten sehen Ungereimtheiten in den Ausführungen der Staatsanwaltschaft.

Im Fokus der Anklage stehen Aktiengeschäfte des einst größten österreichischen Immobilienkonzerns, die ins Jahr 2007 zurückreichen. Die beiden ehemaligen Manager sollen laut Anklage über Umwege Darlehen von der Immofinanz und der Immoeast in Millionenhöhe an Tochtergesellschaften der Constantia-Privatbank vergeben haben. Diese sollen mit den Geldern wiederum Immofinanz- und Immoeast-Aktien erworben haben.

Diese Vorgangsweise habe die Aktienkurse der börsennotierten Immofinanz und Immoeast beeinflusst und zudem gegen das Verbot des Erwerbs eigener Aktien verstoßen, so die Staatsanwaltschaft. Weiters hätten die Kredite laut Staatsanwaltschaft niemals unbesichert an Tochtergesellschaften der Constantia Privatbank ohne nennenswertes Vermögen vergeben werden dürfen.

Staatsanwaltschaft: „Tarnen, Täuschen und Verschleiern“

Mangels Sicherheiten habe das Verlustrisiko daher allein bei Immofinanz und Immoeast gelegen, die Gewinnchancen allein bei der Constantia Privatbank, an deren Gewinnen Petrikovics selbst mit zehn Prozent beteiligt gewesen sei. „Ein ordentlicher Vorstand wäre dieses Risiko nie eingegangen“, so die Staatsanwaltschaft. „Die Immoeast und die Immofinanz waren für Petrikovics nur Mittel zum Zweck.“

Die Darlehensvergabe und der Ankauf von Aktien sei auch nicht vom Aufsichtsrat genehmigt gewesen und von den beiden Managern verschleiert worden, so der Vorwurf. Die Staatsanwältin sprach in ihren Ausführungen wiederholt vom „Tarnen, Täuschen und Verschleiern“. Die Angeklagten bestreiten alle Vorwürfe.

Verteidiger sehen falsche Annahmen und Unstimmigkeiten

Petrikovics’ Anwalt, Alexander Stücklberger, verteidigte das Vorgehen seines Mandanten. Dieses sei weder „ungewöhnlich“ noch „verschleiert“ gewesen. Petrikovics habe mit seinen Handlungen lediglich versucht, für die Aktionärinnen und Aktionäre, die Gewinne erwartet hätten, diese auch zu lukrieren.

Der Anwalt wies auch auf seiner Ansicht nach falsche Annahmen und Ungereimtheiten in den Ausführungen der Staatsanwaltschaft hin – so seien die Darlehensgewährungen durchaus wirtschaftlich vertretbar gewesen. Stücklberger kritisierte auch die lange Dauer der Ermittlungen, immerhin liege der angeklagte Tatzeitraum bereits mehr als 16 Jahre zurück – „uns sterben die Zeugen reihenweise weg“, beklagte der Anwalt.

Der Verteidiger des Zweitangeklagten Thornton wies darauf hin, dass der Ex-Prokurist kein Motiv gehabt habe, ein Delikt (schwere Untreue, Anm.) zu begehen, das mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden kann. Er habe weder einen finanziellen Vorteil aus seinen Handlungen gezogen noch sei ihm bewusst gewesen, dass der Immoeast und der Immofinanz ein Schaden entstehen könnte.