Bedienung einer Supermarktkassa
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Warnstreiks im Handel

ÖGB-Chef Katzian sieht „ernste Situation“

Bei den Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag im Handel ist es am Dienstag doch zu keiner Einigung gekommen. Im Ö1-Morgenjournal am Mittwoch rechtfertige ÖGB-Chef Wolfgang Katzian die angekündigten Warnstreiks von Donnerstag bis Sonntag. Von der Haltung der Arbeitgeber zeigte er sich „maximal irritiert“, die Situation sei „sehr ernst“.

Man habe sich um eine Lösung bemüht, sagte Katzian. Der ÖGB habe im Vorfeld mehrmals für inflationsdämpfende Maßnahmen plädiert, diese habe es nicht gegeben. Dadurch habe man die Situation, dass die Preise „massiv gestiegen“ seien und die Löhne dementsprechend angepasst werden müssten, weil sonst die Kaufkraft sinke. „Mit welchem Geld sollen die Leute etwas kaufen, wenn alles teurer wird?“, so Katzian mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft.

Er habe sehr gehofft, dass es diese Woche wie in der Sozialwirtschaft auch im Handel zu einem Abschluss komme, die nun angekündigten Streiks seien nicht programmiert gewesen. Auch in der Privatwirtschaft werde die rollierende Inflation ausgeglichen. Warum es ausgerechnet im Handel nicht diese Möglichkeit gebe, sei nicht nachvollziehbar.

Frauen im Handel behandelt wie „nasser Fetzen“

Im Handel seien hauptsächlich Frauen tätig, „das sind die, die beklatscht wurden während der Corona-Pandemie, da waren sie systemrelevant. Und jetzt behandelt man sie wie einen nassen Fetzen“. Die Haltung der Arbeitgeber sei „maximal irritierend“, sagte Katzian. Er sah zudem eine „echte Belastung auch für die Sozialpartnerschaft“. In einigen Betrieben würden Betriebsräte, Gewerkschaften und Einzelpersonen unter Druck gesetzt und bedroht, so der ÖGB-Chef.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian
APA/Tobias Steinmaurer
ÖGB-Chef Wolfgang Katzian zeigte sich von der Haltung der Arbeitgeber „maximal irritiert“

„Und ich möchte ganz klar sagen: Wer diesen Weg erfunden hat und den jetzt auch weitergehen möchte, dem muss klar sein: Wenn er auf jemanden losgeht, ist das keine Einzelperson.“ Ein Betriebsrat sei Teil einer Bewegung. „Wer sich mit Einzelnen anlegt, legt sich mit uns allen an.“ Es sei kein Spiel, sondern eine „sehr ernste Situation“. Man führe die Verhandlungen verantwortlich, so Katzian, der die Warnstreiks verteidigte. Würde es eine andere Möglichkeit geben, würde man von dieser Gebrauch machen.

Arbeitgeber: Plus von sechs Prozent

Anfangs hatte es aus Verhandlungskreisen zur APA geheißen, dass es auf beiden Seiten Bemühungen und gute Gespräche sowie eine Annäherung der Positionen gebe. Letztlich reichte es aber nicht, und die Verhandlungen wurden Dienstagabend abgebrochen.

Boten die Arbeitgeber für die 430.000 Angestellten im Handel ursprünglich ein Gehaltsplus von fünf Prozent und eine Einmalzahlung von 800 Euro, so besserten sie mittlerweile auf sechs Prozent und einmalig 1.000 Euro nach.

Das entspreche bei niedrigeren Einkommen einer Bruttoerhöhung um 12,02 Prozent und bei höheren Einkommen einem Plus von 10,05 Prozent, so die Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer (WKO) am Abend in einer Aussendung. Die Gewerkschaft GPA reduzierte ihre Ursprungsforderung auf zuletzt 9,4 Prozent und einen Fixbetrag von 15 Euro.

Warnungen der Wirtschaft

Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der WKO, bedauerte die Entwicklung, man habe einen großen Schritt zum Gegenüber gemacht. Er warnte vor einem Pyrrhussieg, wenn die Gewerkschaft weiter versuche, ihre Forderung durchzuboxen: „Ein solcher Erfolg wäre teuer erkauft und die Freude darüber nur von kurzer Dauer. Denn längerfristig würde eine Erhöhung in einer Größenordnung, wie sie die Gewerkschaft fordert, bedeuten, dass Unternehmen sich die Mitarbeiter:innen nicht mehr leisten können.“

„Von Streiks im Weihnachtsgeschäft profitiert niemand außer Drittstaatenhändler, was wiederum die Sozialsysteme und die Volkswirtschaft schwächt“, räumte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will am Dienstag in einer Stellungnahme ein. Die Gewerkschaft müsse die wirtschaftliche Realität und die Herausforderungen im Handel berücksichtigen, so Will.

GPA sieht große Unterstützung

„Dass die Arbeitgeber unser Angebot für einen sozial gestaffelten Abschluss, der die unteren Gehaltsgruppen stärker angehoben hätte, nicht aufgegriffen haben, zeigt, wie weit sie von der Lebensrealität der eigenen Beschäftigten entfernt sind“, konterte die Chefverhandlerin der GPA, Helga Fichtinger.

Eine Streikfreigabe vom ÖGB gibt es bereits. Warnstreiks soll es nun von 30. November bis 3. Dezember geben. Die Unterstützung vonseiten der Beschäftigten sei „groß und wird von Tag zu Tag größer“, heißt es von der GPA. Für 5. oder 6. Dezember habe man einen weiteren Verhandlungstermin angeboten, so Martin Müllauer, Vorsitzender des Wirtschaftsbereichs Handel in der GPA.