SIGNA Baustelle in Wien
ORF/Christian Öser
Rettungsversuch gescheitert

Benkos Signa Holding meldet Insolvenz an

Nach wochenlanger, offenbar ergebnisloser Suche nach frischem Geld hat die Signa Holding von Investor Rene Benko einen Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Ein entsprechender Antrag wurde von Signa am Dienstagvormittag angekündigt – und ist nach Angaben des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV1870) bereits beim Handelsgericht Wien eingelangt.

„Das Handelsgericht Wien prüft aktuell das Vorliegen der insolvenzrechtlichen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens“, so der KSV1870, der per Aussendung gegen Mittag dazu weiter mitteilte: „Die Bemühungen um zusätzliche Investorengelder zur außergerichtlichen Sanierung sind damit gescheitert, und das Unternehmen zieht die Konsequenzen.“

Die gesetzliche Mindestquote für ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung beträgt 30 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Das heißt, ein Gläubiger bekommt, sollte die Sanierung gelingen, mindestens 30 Prozent seiner Forderung.

Signa meldet Insolvenz an

Die Signa Holding von Investor Rene Benko wird einen Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung stellen. Der Antrag werde beim Handelsgericht Wien eingebracht, teilte Signa mit.

Signa verweist auf „externe Faktoren“

„Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden“, hieß es zuvor in Signas Begründung über den Schritt, der sich zuletzt immer stärker abgezeichnet hatte. Erklärtes Ziel seien nun die geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs im Rahmen der Eigenverwaltung und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens.

Als „Hintergrund für den Sanierungsantrag“ verwies Signa in seiner Mitteilung auf den Retailbereich und hier „vor allem“ auf den stationären Einzelhandel, der in den letzten Jahren aufgrund externer Faktoren extrem unter Druck geraten sei. „Auch im Immobilienbereich haben sich in den letzten Monaten externe Faktoren auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt“, hieß es weiter.

„Äußerst komplexe“ Firmenstruktur

Der Signa-Konzern ist seit Wochen in den Schlagzeilen – hinter den Kulissen scheiterte nun offenbar die Suche nach einer dringend benötigten kurzfristigen Finanzspritze. Signa benötigte nach Angaben des deutschen „Handelsblatts“ bis Ende November rund 600 Millionen Euro.

Vom Insolvenzverfahren betroffen ist mit der Signa Holding der Mutterkonzern eines „komplex verwobenen Firmengeflechts aus Kaufhäusern, Altbauten und Baustellprojekten“, so die „Presse“. Die Rede sei von „mehreren hundert Gesellschaften in verschiedenen Ländern, wobei die wechselseitigen Beteiligungen sich äußerst komplex darstellen“, heißt es dazu beim KSV1870.

In Österreich ist die insolvente Signa Holding GmbH direkt an 36 Kapitalgesellschaften in unterschiedlichem Ausmaß beteiligt. Durch die komplexen Eigentums- und Stiftungskonstruktionen sei die mittelbare oder gegebenenfalls unmittelbare Möglichkeit der Einflussnahme auf einzelne Gesellschaften zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilbar, so der Kreditschutzverband.

Auf Sanierungsverwalter wartet „Herkulesaufgabe“

Eine der wesentlichen Aufgaben des vom Handelsgericht Wien noch zu bestellenden Insolvenzverwalters sei nun die Prüfung der Werthaltigkeit der direkten Beteiligungen der Signa Holding GmbH. „Aufgrund der Tatsache, dass die direkten Beteiligungen der Signa Holding GmbH wieder eine Vielzahl an Beteiligungen halten, ist das eine Herkulesaufgabe“, so der KSV1873.

TV-Hinweis

Angesichts der Insolvenz der Signa Holding sendet ORF2 am Mittwoch um 22.25 direkt nach der ZIB2 eine „Runder Tisch“-Sendung. Am Donnerstag um 22.30 Uhr wird zum Thema Signa ein „Eco Spezial“ gezeigt.

Laut Signa-Aussendung wolle man gemeinsam mit dem noch zu bestellenden Sanierungsverwalter „die weiteren Maßnahmen zur Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs“ umsetzen.

Die Immobilien- und Handelsgruppe Signa war in Zeiten historisch niedriger Zinsen stark gewachsen. Doch seit Beginn des Ukraine-Krieges kämpft die Immobilienbranche mit gestiegenen Bau- und Energiekosten sowie höheren Zinsen – auch die Signa-Gruppe blieb davon nicht verschont. Zuletzt mehrten sich Hinweise auf eine anstehende Insolvenz. Beobachtern zufolge, so das „Handelsblatt“, stünden womöglich weitere Insolvenzanmeldungen von Signa-Tochterfirmen bevor.

„Aus heutiger Sicht ist es seriös nicht einschätzbar, ob weitere Gesellschaften der ‚Signa-Gruppe‘ einen Insolvenzantrag stellen werden und es zu einem Dominoeffekt kommen wird“, sagte dazu Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz beim KSV1870. Vielmehr gelte es nun, auch bei jeder Gesellschaft separat zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegen.

„Forbes“: Um Milliarden geschrumpftes Vermögen

In den vergangenen Wochen hatten bereits die Sporthandelssparte und die deutsche Immobilienverwaltungsgesellschaft von Signa Insolvenz angemeldet. Benko kündigte Anfang November unter dem Druck seiner Mitgesellschafter an, sich als Vorsitzender des Signa-Beirates zurückzuziehen. Der deutsche Sanierungsexperte Arndt Geiwitz wurde damals mit der Restrukturierung beauftragt.

Benko hatte zuletzt aufgrund der Schieflage seiner Immobiliengruppe einen Teil seiner Anteile an einer zentralen Gesellschaft abgetreten. Zugleich schrumpfte laut Magazin „Forbes“ Benkos eigenes Vermögen um mehrere Milliarden Euro. Der deutsche Wirtschaftsexperte Gerrit Heinemann betonte jedoch in der ZIB2, dass Benkos Privatvermögen durch die Probleme bei Signa nicht betroffen sei.

Bericht: Geldgeber erwägen Strafanzeigen

Unter Investoren und Gesellschaftern steigt nach Informationen des deutschen Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ angesichts der jüngsten Entwicklungen der Groll gegen den Tiroler Signa-Gründer Rene Benko. Erste Geldgeber würden den Angaben Strafanzeigen zufolge gegen Benko erwägen. Es sei „nicht verständlich, was passiert ist“, sagte den Angaben zufolge ein Investor: Man sehe „Zeichen für eine Insolvenzverschleppung“, denn die Probleme hätten sich bereits im Sommer abgezeichnet.

Wiener Lamarr-Baustelle: „Schritte werden evaluiert“

Zur Signa gehören milliardenschwere Gebäudebestände, unter anderem das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck, Immobilien in der Wiener Innenstadt wie das „Goldene Quartier“ inklusive Hotel Park Hyatt (Ex-Länderbank-Zentrale), das Bank Austria Kunstforum Wien und die vom Jugendstil-Architekten Otto Wagner konzipierte Österreichische Postsparkasse.

Grafik zeigt ausgewählte Standorte von Signa-Gebäuden
Grafik: APA/ORF; Quelle: APA

Im Ausland zählen etwa das Gebäude der Deutschen Börse in Eschborn, das Hotel Bauer Palazzo in Venedig, eine Hälftebeteiligung am Chrysler Building in New York, am Nobelkaufhaus Selfridges in London und dem Warenhaus Globus in der Schweiz und der Elbtower in Hamburg, bei dem zuletzt die Bauarbeiten eingestellt werden mussten, zum Signa-Portfolio.

Kürzlich kam es unter anderem auch zu einem Baustopp an der Alten Akademie in Münchner Bestlage – Oberbürgermeister Dieter Reiter legte daraufhin umgehend sämtliche Signa-Projekte und -Pläne in der Stadt auf Eis. Wie es mit der Großbaustelle Lamarr in der Wiener Mariahilfer Straße weitergeht, ist unklar. Das Edelkaufhaus sollte 2025 eröffnet werden. „Seitens Habau Group sind die Bauarbeiten zu 99 Prozent abgeschlossen – weitere Schritte werden aktuell evaluiert“, teilte das damit beauftragte Bauunternehmen am Mittwoch mit.

Regierung sieht kein Politikum

Die Regierungsspitze hält den Fall Signa für eine reine Wirtschaftsangelegenheit: „Ich sehe kein Politikum, das ist ein Fall des Insolvenzrechts“, so Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nach dem Ministerrat. Wichtig werde sein, dass die Finanzsituation stabil bleibe, sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Diesbezüglich sehe es einmal gut aus nach dem, was er lese und höre.

Einen Schaden für den Standort sehen die beiden nicht. Insolvenzen gehörten mit zum Wirtschaftsleben, sagte Nehammer. Österreich bleibe ein sehr beliebter Investitionsstandort. Kogler ergänzte, dass die Signa auch in Deutschland sehr viele Aktivitäten entfaltet habe.

Es sei ein „schwarzer Tag für die heimischen Steuerzahler“, teilte indes FPÖ-Chef Herbert Kickl per Aussendung mit. „Die Pleite des Milliardenjongleurs und ehemaligen Liebkinds der ÖVP könnte einen maximalen Schaden für die Republik anrichten“, so Kickl, der somit auch eine Mitverantwortung auf politischer Ebene am Signa-Fiasko ortete.