Samsung-Zentrale in Hanoi
Reuters
Vietnam

Neue Steuer als Schlag für Samsung und Intel

Vietnam gilt seit Jahren für viele Konzerne als attraktive Alternative und Ergänzung zu China, wenn es um die Produktion geht. Technologieriesen wie Samsung und Intel haben dort riesige Werke aufgestellt – und bisher kaum Steuern gezahlt. Mit der am Mittwoch beschlossenen Konzernsteuer soll sich das ändern. Der Mindeststeuersatz von 15 Prozent setzt internationale Großkonzerne unter Druck, doch die Einführung ist auch für Vietnam ein Drahtseilakt.

Der vom Parlament beschlossene Schritt dürfte über 120 Konzerne mit Niederlassungen in dem Land treffen, wie das vietnamesische Finanzministerium bekanntgab. Das trifft nicht nur weitere Großkonzerne aus dem Technologiesektor, etwa LG, Foxconn und Panasonic. Auch Textilkonzerne wie adidas und Crocs setzten in den vergangenen Jahren zunehmend auf Vietnam als Fertigungsort.

Viele Konzerne haben sich in den vergangenen Jahren nach Alternativen zu China umgeschaut. Insbesondere als alleiniger Produktionsort wurde das Land im Hinblick auf geopolitische und wirtschaftliche Faktoren für einige Unternehmen zu riskant. Länder wie Indien, Thailand und eben Vietnam dienen oft als Ergänzung.

Internationale Konzerne zahlten kaum Steuer

Um Konzerne anzulocken, gab es in Vietnam bisher einige Zuckerln. Denn eigentlich lag der Steuersatz für Unternehmen generell bereits bei 20 Prozent. Für viele internationale Unternehmen galten jedoch extrem niedrige Sondersätze. Für Konzerne wie Samsung lag der Steuersatz damit bei rund fünf Prozent, wie die „Financial Times“ („FT“) schreibt, für manche gilt sogar ein noch niedrigerer Satz von drei Prozent, wie „Nikkei“ berichtet.

Adidas-Geschäft in Ho Chi Minh City
IMAGO/Hans Lucas/Martin Bertrand
Auch Textilkonzerne wie adidas fertigen in Vietnam

Mit Jänner wird dieser Mindeststeuersatz auf 15 Prozent angehoben. Vietnam setzt damit eine Einigung von mehr als 130 Ländern auf Initiative der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2021 um: Um den Steuerwettbewerb zwischen Ländern einzudämmen, soll der Mindeststeuersatz überall bei 15 Prozent liegen.

Hälfte der Samsung-Handys in Vietnam gefertigt

Zwar meldeten sich die betroffenen Konzerne am Mittwoch nicht zu Wort, es ist aber damit zu rechnen, dass die neue Steuer spürbare Auswirkungen haben wird. Samsung lässt laut „FT“ rund die Hälfte seiner Smartphones in Vietnam fertigen. Intel hat dort seine weltweit größte Fabrik für die Fertigung, Verpackung und Prüfung von Chips – und will seine Präsenz in dem Land eigentlich weiter ausbauen.

Umgekehrt erwartet sich Vietnam deutlich höhere Einkünfte durch die Erhöhung der Steuer: 14,6 Billionen Dong (rund 550 Mio. Euro) sollen zusätzlich in die Staatskassa fließen. Schon bisher galten Investments aus dem Ausland als Motor für die vietnamesische Wirtschaft, schreibt die „FT“, und machen etwa vier bis sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus.

Attraktivität Vietnams könnte leiden

Einige Konzerne sehen allerdings durch die beschlossenen Änderungen die Attraktivität des Landes für ausländische Investments beeinträchtigt, schreibt die „FT“. Wie umstritten die Mindeststeuer ist, zeigt sich auch daran, dass das Parlament eine Abstimmung noch dieses Jahr ausgeschlossen hatte, letztlich ging sich der Beschluss aber doch noch heuer aus.

Parlament in Hanoi
ORF/Günther Rosenberger
Die Nationalversammlung beschloss die neuen Steuerregeln

Damit einhergehend wurde erwartet, dass zusätzliche Anreize als Entgegenkommen für ausländische Investoren geschaffen werden. Details dazu wurden am Mittwoch jedoch nicht präsentiert. „Um Vietnams Attraktivität für ausländische Direktinvestitionen kurzfristig aufrechtzuerhalten, muss (die Regierung, Anm.) ihre alternativen Anreize anpassen, um ausländische Investitionen anzuziehen“, zitiert die „FT“ einen Experten von Baker McKenzie in der Metropole Ho-Chi-Minh-Stadt.

Nicht nur steuerliche Anreize

Doch nicht nur die steuerliche Situation mache Vietnam zu einem beliebten Ziel für Investoren, so Fachleute: So seien etwa die Löhne niedrig und auch mit der Erzeugung verbundene Kosten wie Strompreise günstig, zitiert die „FT“ eine Expertin. Dass Investments aus dem Ausland im Vergleich mit anderen China-Alternativen recht stabil geblieben sind, würde das weiter unterstreichen.

Die zusätzlichen Steuereinnahmen müsse Vietnam investieren, um das Land noch attraktiver für Investments zu machen, so der Wirtschaftsexperte Anh Pham gegenüber „Nikkei“. „Vietnam wird die Möglichkeit haben, die Qualität der Arbeitskraft zu steigern, die Logistikinfrastruktur auszubauen und Verwaltungsprozesse zu reformieren“, so der Experte.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Mindeststeuer nach Vorschlag der OECD auf Investments aus dem Ausland auswirken wird. Klar ist aber auch: Vietnam wird nicht das einzige Land bleiben, das derartige Konzernsteuern einführt. Knapp 140 Länder einigten sich auf die globale Mindeststeuer, erwartet wird, dass auch andere Länder, die gerne als China-Alternative herangezogen werden – etwa Thailand –, dem Vorbild Vietnams bald folgen werden.