Ein Arbeiter bei Schweißerarbeiten
IMAGO/chadchai krisadapong
„Vorläufig“

Plus 8,6 Prozent für Metaller

Nach acht Runden in knapp neun Wochen, Streiks inklusive, gibt es eine „grundsätzliche“ bzw. „vorläufige“ Einigung in den Verhandlungen zum Kollektivvertrag (KV) in der Metalltechnischen Industrie. Das Ergebnis: durchschnittlich plus 8,6 Prozent bei Löhnen und Gehältern und der erste Zweijahresabschluss.

Die Verhandlungsrunde am Donnerstag habe eine „vorläufige Einigung“ gebracht, wurde der Obmann des Fachverbands der Metalltechnischen Industrie (FMTI), Christian Knill, in einer Aussendung zitiert. „Vorläufig“ deshalb, weil der Abschluss noch nicht wirksam und vorbehaltlich einer neuen Wettbewerbssicherungsklausel erfolgt sei. Diese ermögliche Betrieben „mit hoher Personalkostenbelastung“ eine Reduktion der Ist-Erhöhung der Löhne und Gehälter.

Diese sollen laut der Aussendung des FMTI den Beschäftigten sozial gestaffelt plus zehn Prozent rückwirkend für 2023, maximal aber 400 Euro mehr pro Monat bringen, was im Schnitt aller Beschäftigungsgruppen der Branche ein Plus von 8,6 Prozent ausmache. Bis zu einem Bruttoeinkommen von knapp 4.200 Euro gilt die Erhöhung von zehn Prozent, danach schmilzt sie ab. Bei knapp 8.000 Euro sind es 5,5 Prozent brutto. Im ersten Lehrjahr steigt das Einkommen auf 1.000 Euro.

Erstmals Abschluss auf zwei Jahre

Erstmals gibt es bei den Metallern einen Abschluss über zwei Jahre. 2024 sollen die Löhne bzw. Gehälter um den Verbraucherpreisindex (VPI) plus ein Prozent valorisiert werden. Laut rezenter Schätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vom Mittwoch dürfte die Teuerungsrate in Österreich im kommenden Jahr bei 3,9 Prozent liegen.

Die Chefverhandler beim Metaller-KV
APA/Helmut Fohringer
Nach acht zähen Runden mitsamt Streiks gibt es einen Abschluss

„Es ist positiv, dass wir eine grundsätzliche KV-Einigung erzielen konnten, die fair und innovativ zugleich ist“, so Knill in der Aussendung. Der erstmalige Abschluss über zwei Jahre schaffe Planungssicherheit für die Unternehmen, mit der Einigung „erhalten wir die Kaufkraft der Beschäftigten, wobei die soziale Staffelung untere Einkommensgruppen besonders stärkt“.

Reinhold Binder, Verhandlungsleiter der PRO-GE, sprach nach dem Feilschen vom härtesten Arbeitskampf seit 60 Jahren. Die Teuerung sei abgegolten und nicht nachhaltige Einmalzahlungen verhindert worden. Sein Kollege Karl Dürtscher (GPA) ergänzte, dass bei dem Abschluss Besserverdiener solidarisch mit den unteren Einkommensklassen seien. 2025 gebe es dann eine lineare Erhöhung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Auch der Betriebsrat der voestalpine ist zufrieden: Dieser Abschluss könne sich sehen lassen, so Hans Karl Schaller – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Schwierige Gespräche

Vor dem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen Donnerstagabend war nach Warnstreiks und eintägigen Streiks in den vergangenen Tagen die Rede von einem guten Verhandlungsklima („recht konstruktiv“) gewesen. Zuletzt hatten die Gewerkschaften PRO-GE und GPA ein Lohn- bzw. Gehaltsplus von 10,6 Prozent gefordert.

Die ersten Gespräche hatten am 25. September stattgefunden, eine hohe Teuerungsrate auf der einen und eine drohende Rezession in der Industrie auf der anderen Seite machten die Gespräche anschließend ziemlich schwierig.

WIFO-Chef über KV-Einigung der Metaller

Gabriel Felbermayr, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), spricht unter anderem über die KV-Einigung der Metaller. Zudem berichtet er, wie überraschend das Ergebnis sei und wie sehr dieses für die Branche entlastend sein kann.

Positiv kommentierte den Abschluss der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Gabriel Felbermayr, gegenüber der ZIB2. Er sei sehr froh, dass es diese Einigung gibt, dass sich beide Seiten mit dem Zweijahresabschluss auf etwas Neues, Innovatives eingelassen hätten. Es sei ein ganz wichtiges Signal dafür, dass in Österreich die Sozialpartnerschaft noch funktioniere. Dennoch: Der Abschluss sei in seiner Höhe „historisch“.

Forderungen erst weit auseinander

Die Arbeitnehmer waren ursprünglich bei einer durchschnittlichen (rollierenden) Inflation in den vergangenen zwölf Monaten von 9,6 Prozent mit einer Forderung von 11,6 Prozent mehr Lohn bzw. Gehalt in die Verhandlungen gegangen. Runde zwei war nach einem Angebot des FMTI von 2,5 Prozent plus 1.050 Euro Einmalzahlung rasch zu Ende.

Grafik zeigt die Lohnabschlüsse in Relation zur Inflation seit 2017
APA/Statistik Austria

Weitere Runden folgten, nach der vierten Anfang November gab es Warnstreiks, nach einer erfolglosen sechsten Runde Mitte November dann Streiks in zahlreichen Betrieben in ganz Österreich. Der FMTI hatte inzwischen sein Angebot auf im Schnitt plus 6,0 Prozent plus eine steuerfreie Einmalzahlung von 1.200 Euro nachgebessert.

Alternativen für „Härtefälle“ vereinbart

Mit der neuen Wettbewerbssicherungsklausel erhielten nun „Unternehmen mit hohen Belastungen die Möglichkeit, Teile der Lohnerhöhungen flexibel umzuwandeln. Diese vorläufige Einigung ist eine klare Anerkennung für die Leistungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem sehr schwierigen wirtschaftlichen Umfeld“, so Knill, Koeigentümer und Kovorstand der gleichnamigen Knill-Gruppe mit Sitz im oststeirischen Weiz.

Die Klausel bezieht sich laut der Aussendung auf „Härtefälle“. Abhängig von der Personalkostenbelastung des jeweiligen Unternehmens könne „für einen Teil der nachhaltigen Erhöhung auf betrieblicher Ebene im Rahmen eines Interessenausgleiches eine Kompensation in Form von Einmalzahlungen, Freizeit oder Aus- und Fortbildungsmaßnahmen vereinbart werden“, hieß es dazu Donnerstagabend. Details dazu seien noch zu besprechen.

Laut der Aussendung beschäftigt die Metalltechnische Industrie in über 1.200 Unternehmen im Maschinen-, Anlagen- und Stahlbau und anderen Fachgebieten „direkt“ 137.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, rund 85 Prozent der Unternehmen befänden sich in Familienbesitz. Der Produktionswert der Branche habe sich im Vorjahr auf knapp 50 Mrd. Euro belaufen.

Im Handel stocken die KV-Verhandlungen aktuell, am Donnerstag begannen Warnstreiks in rund 300 Betrieben, nachdem am Dienstag eine vierte Gesprächsrunde zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft erneut gescheitert war. Das letzte Angebot der Arbeitgeberseite lag bei plus sechs Prozent bei den Löhnen bzw. Gehältern samt 1.000 Euro Einmalzahlung, die Arbeitnehmerseite reduzierte ihre Forderung zuletzt auf plus 9,4 Prozent und einen Fixbetrag von 15 Euro pro Monat.