Teilnehmer bei der UN-Klimakonferenz in Dubai 2023
APA/AFP/Giuseppe Cacace
30 Milliarden Dollar

Emirate wollen Klimaimage aufpolieren

Auf der Weltklimakonferenz in Dubai hat der Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), einen neuen Investmentfonds im Volumen von 30 Milliarden US-Dollar (rund 28 Mrd. Euro) angekündigt, um mehr Kapital in Klimaschutzprojekte zu lenken. Der Fokus liege auf Entwicklungsländern, teilte die Präsidentschaft der COP28 am Freitag mit. Zusammen mit privaten Geldgebern sollen bis 2030 insgesamt bis zu 250 Milliarden Dollar mobilisiert werden.

Schwerpunkte der geplanten Investitionen sind der Mitteilung zufolge die klimafreundliche Energiewende, der entsprechende Umbau industrieller Prozesse sowie neue Klimaschutztechnologien. Aufsichtsratsvorsitzender des Fonds mit dem Namen Alterra wird COP-Präsident Ahmed al-Dschaber. Er ist auch Chef des staatlichen Öl- und Gaskonzerns ADNOC.

Nach welchen Kriterien die Projekte ausgewählt werden, blieb unklar. Ein großes Thema der zweiwöchigen Klimakonferenz ist, wie globale Finanzströme schnell umgelenkt werden können – also vor allem weg von Öl, Kohle und Gas und hin zu erneuerbaren Energieträgern und mehr Energieeffizienz. Auch Italien wird 100 Millionen Euro für einen neuen Fonds bereitstellen, der armen Ländern bei der Bewältigung von „Verlusten und Schäden“ infolge des Klimawandels helfen soll.

Antonio Guterres, Ursula von der Leyen und Mohamed bin Zayed Al Nahyan
Reuters/Cop28/Mahmoud Khaled
Guterres, von der Leyen und Dschaber (v. l. n. r.) fordern mehr Einsatz im Klimaschutz – mit unterschiedlichen Herangehensweisen

Guterres fordert Aus für fossile Energie

Vor allem UNO-Generalsekretär Antonio Guterres drängte vor zahlreichen Staats- und Regierungschefs in deutlichen Worten auf ein rasches Aus für die Nutzung fossiler Energieträger.

Weltklimakonferenz

Bei der Conference of the Parties (COP) kommen die EU und die 197 beteiligten Staaten zusammen, die 1992 in Rio de Janeiro die UNO-Rahmenkonvention zum Klimawandel unterzeichnet haben. Die COP findet jährlich in einer anderen Stadt statt, die zweiwöchigen Verhandlungen dienen der Formulierung eines Beschlusstextes.

Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, lasse sich nur einhalten, wenn „wir das Verbrennen aller fossilen Brennstoffe beenden“, stellte der UNO-Generalsekretär klar. Stattdessen müsse der Umstieg auf erneuerbare Energien beschleunigt werden. Auf dem Spiel stehe nichts anderes als „das Schicksal der Menschheit“.

Guterres wandte sich auch direkt an die Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft. Diese sollten sich von „einem überholten Geschäftsmodell verabschieden“. Die Regierungen sollten das durch entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen, die Bepreisung von CO2-Emissionen und ein Ende von Subventionen für die fossile Wirtschaft unterstützen.

Guterres rief auch zu mehr Klimagerechtigkeit auf. Diese sei „längst überfällig“, mahnte er höhere Zahlungen der Industriestaaten für Klimaschutz und Anpassung an Klimafolgen ein. Er erinnerte an das Versprechen, dafür 100 Milliarden Dollar pro Jahr zur Verfügung zu stellen, davon ab 2025 jährlich 40 Milliarden Dollar für Klimaanpassung.

Von der Leyen will Ausbau von CO2-Bepreisung

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warb indes für einen entschlossenen Ausbau von Bepreisungssystemen für Kohlendioxid. Die CO2-Bepreisung sei eines der mächtigsten Werkzeuge, um klimaschädliche Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig Innovation und Wachstum zu fördern. Starke Umweltverschmutzer müssten dann einen fairen Preis zahlen, und die Einnahmen könnten in den Kampf gegen die Klimakrise reinvestiert werden, so von der Leyen.

Nach ihren Angaben gibt es weltweit bereits 73 CO2-Bepreisungsinstrumente, so auch in der EU. Diese deckten allerdings lediglich 23 Prozent der weltweiten Emissionen ab. „Dieser Anteil muss erhöht werden“, so von der Leyen. Das werde eine schnellere Reduzierung der Emissionen ermöglichen und gleiche Wettbewerbsbedingungen für den internationalen Handel schaffen. „Lassen Sie uns daran arbeiten, einen Preis für alle CO2-Emissionen auf der Welt festzulegen“, forderte sie. Zudem brauche es im Handel mit CO2-Zertifikaten gemeinsame Standards für Projekte, durch die entstandene Emissionen ausgeglichen werden sollen.

Lula: „Wir haben nicht zwei Planeten Erde“

Brasiliens Präsident Luis Inacio Lula da Silva schlug indes in seiner Rede einen neuen Fonds zum Schutz der großen tropischen Regenwälder vor. Trotz des Rückgangs ist Brasilien vom erklärten Ziel der „Nullabholzung“ noch weit entfernt.

Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva
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Lula fordert einen neuen Fonds zum Schutz der Regenwälder

„Wir haben nicht zwei Planeten Erde“, sagte Lula. Es gelte, dringend schneller voranzukommen und die „einzigartige Spezies der Menschheit“ zu schützen. Brasilien habe die Entwaldung im Amazonas bereits deutlich reduziert, bis 2030 soll sie dem Präsidenten zufolge auf null sinken. Unter vergleichbaren Ländern habe man einen der ambitioniertesten Klimaschutzpläne. Brasilien wird 2025 Gastgeber der Weltklimakonferenz sein.

Modi: "Mutter Erde schaut auf uns"

Trotz seiner hohen Emissionen sprach sich Indien für ehrgeizigen Klimaschutz aus. „Die ganze Welt schaut auf uns. Mutter Erde schaut auf uns, um ihre Zukunft zu sichern“, sagte Indiens Premierminister Narendra Modi vor dem Plenum. Die Verantwortung für die Erderwärmung sieht Modi vor allem bei westlichen Industriestaaten. Die Krise sei von einem kleinen Teil der Menschheit verursacht worden, aber alle müssten darunter leiden – besonders die Menschen im Globalen Süden, wie Modi betonte. Tatsächlich spielt auch Indien selbst eine entscheidende Rolle.

Karim El-Gawhary (ORF) zur Weltklimakonferenz

Führende Politiker, Staats- und Regierungschefs haben sich in Dubai zur 28. UNO-Weltklimakonferenz eingefunden.

Das Land will bis zum Jahr 2070 klimaneutral werden, wie Modi in Dubai bekräftigte. Am Vortag hatte Indiens Außenminister jedoch bekräftigt, dass Kohle noch lange eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung des Landes spielen werde. Modi schlug sein Land zudem als Gastgeber für die Weltklimakonferenz im Jahr 2028 vor.

Krieg in Gaza beeinflusst Gipfel

Doch war die COP28 bisher nicht nur von Bereitschaft und positiven Ankündigungen geprägt. Aus Protest gegen die Teilnahme von Vertretern Israels verließ die iranische Delegation am Freitag die Verhandlungen. Der iranische Energieminister Ali Akbar Mehrabian sagte als iranischer Delegationsleiter nach Angaben der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA, dass die Teilnahme der Israelis „den Zielen und Leitlinien der Konferenz zuwiderläuft“. Deshalb verlasse die iranische Delegation die Konferenz.

„Erde gehört nicht uns, wir gehören der Erde“

Der britische Monarch König Charles III. hat die Teilnehmer der COP28 zum raschen Handeln gegen den Klimawandel aufgerufen. Die Hoffnung der Welt ruhe auf den Staats- und Regierungschefs, sagte er in Dubai. Er hoffe, dass die COP28 ein „kritischer Wendepunkt hin zu echten Transformationsmaßnahmen“ sein werde. „Die Erde gehört nicht uns, wir gehören der Erde“, mahnte Charles.

Im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen unterstützt Teheran die Palästinenserorganisation. Eine direkte Beteiligung des Iran an den Vorbereitungen zum brutalen Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober mit rund 1.200 Toten bestreitet Teheran.

Für einen weiteren Boykott sorgten die Präsidenten von Litauen, Lettland und Polen, sie verweigerten das gemeinsame Familienfoto. Nach Angaben der litauischen Präsidialkanzlei in Vilnius lehnten die Staatsoberhäupter die Aufnahme ab, weil sie nicht zusammen mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko auf einem Bild sein wollten. „Das belarussische Regime trägt zur Zerstörung der Zukunft der Welt bei und ist zusammen mit Russland verantwortlich für das, was in der Ukraine geschieht“, wurde der litauische Präsident Gitanas Nauseda zitiert.

Bisher größte UNO-Klimakonferenz

Die COP28 ist mit einer Rekordzahl von 80.000 registrierten Teilnehmenden die bisher größte Veranstaltung dieser Art. Bei der COP27 im vergangenen Jahr im ägyptischen Scharm al-Scheich waren 49.000 Personen akkreditiert. Den offiziellen Zahlen zufolge gehören 23.500 Teilnehmende zu nationalen Regierungsdelegationen.

Dazu kommen 27.208 Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft sowie diversen Firmen und Verbänden, die nur eingeschränkten Zugang zu den offiziellen Verhandlungen haben. Die Akkreditierungsliste umfasst außerdem mehr als 14.000 Mitglieder von NGOs, von Umweltgruppen bis hin zu Industrielobbyisten, sowie 4.000 Journalistinnen und Journalisten. Zum ersten Mal müssen die Akkreditierten angeben, für wen sie arbeiten.