Touristen beobachten in Kenia am Marafluss die Wanderun einer Gnuherde
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Gnus auf der Flucht

Kenia bremst Safaritourismus aus

Kenias Masai-Mara-Nationalpark, berühmt durch die jährliche Wanderung von Millionen Gnus, gehört zu den Topdestinationen für Safarifans. Doch die Touristenscharen setzen der einzigartigen Wildnis zu. Die ersten Tiere beginnen bereits, die Masai Mara zu verlassen. Kenia reagiert jetzt darauf.

Jährlich folgen etwa eine Million Gnus, eine halbe Million Gazellen und 200.000 Zebras dem Regen von der Serengeti zur Masai Mara und wieder zurück – ein Spektakel, das vor allem zwischen Juli und Oktober Touristinnen und Touristen aus aller Welt anzieht, wenn die Tiere im Naturschutzgebiet haltmachen. Auch Büffel, Elefanten, Strauße, Giraffen, Warzenschweine und viele andere Arten sind in der Region heimisch.

Doch die Wildtiere sind durch die Besuchermassen zunehmend gestresst. Oft werden sie von Geländewagen verprellt, die trotz Verbots offroad die besten Beobachtungsstandorte suchen. Zahlreiche als Guide arbeitende Menschen sind nicht als solche akkreditiert und verfügen nicht über die notwendige Ausbildung. Zudem sind – anders als in vielen Nationalparks – neben organisierten Safaris auch Touren auf eigene Faust möglich.

Eine Gnuherde in Kenia
Reuters/Thomas Mukoya
Die Gnus sind für ihre ausgedehnten Wanderungen bekannt

Steigende Preise

Einige Tiere sollen bereits aus der gerade einmal 1.510 Quadratkilometer großen Masai Mara geflohen sein. Als die „New York Times“ das Thema aufgriff, sahen die Verantwortlichen Handlungsbedarf und erhöhten die Eintrittsgebühr drastisch: Ab 1. Jänner wird die Tagesgebühr pro Person von 70 auf 100 US-Dollar (rund 90 Euro) angehoben, ab Juli sind sogar 200 Dollar fällig. Die zusätzlichen Einnahmen sollen dazu dienen, das Wildreservat zu erhalten und die Infrastruktur zu verbessern.

Die Tourismusbranche ist aufgeschreckt. Das Reservat werde damit zum teuersten Schutzgebiet der Welt, und Kenia zerstöre seinen Tourismus, lautete ihre Kritik. Denn andere Safariparks wollen nachziehen und planen ebenfalls saftige Gebührenerhöhungen ab Jänner, wie „Business Daily“ berichtete. Teilweise sollen die Eintrittsgebühren mehr als verdoppelt werden.

„Nationales Erbe“

Es sei ein „falscher Schritt zur falschen Zeit“, sagte die Kenya Association of Hotel Keepers and Caterers gegenüber der kenianischen Zeitung „The Star“. „Nach Covid hätte die Regierung mehr Geld für den Erhalt des Tourismus bereitstellen und erst dann eine Aktualisierung der Tarife in Betracht ziehen sollen, wenn sich der Tourismus erholt hat.“ Während der Coronavirus-Pandemie war der Safaritourismus komplett eingebrochen und erholte sich nur allmählich.

Zwei afrikanische Löwen in Kenia liegen vor einem Jeep mit Touristen
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Nicht alle Tiere lassen sich von Geländewagen stressen

Der Chef von Kenya Wildlife Service, Erastus Kanga, ließ die Bedenken nicht gelten: „Unsere Überlegungen konzentrieren sich auf die Nachhaltigkeit unserer wertvollen Wildtierressourcen und unser nationales Erbe.“ Die zusätzlichen Einnahmen seien „unverzichtbar, um die ökologische Integrität zu gewährleisten, finanzielle Stabilität zu erreichen und solide kommunale Partnerschaften zu schmieden, die uns auch international ein Standing geben“, sagte Kanga.

Visumchaos und Landeverbote

Doch nicht nur die Gebührenerhöhungen rufen die Tourismusbranche auf den Plan. Auch ein Einreisewirrwarr sorgt für Verunsicherung. Im November beschloss die kenianische Regierung, die Visagebühren von 50 auf 100 US-Dollar zu verdoppeln. Das Vorhaben wurde vorerst nicht umgesetzt, einfacher wird die Einreise damit aber trotzdem nicht. Geplant ist auch, dass Reisende künftig eine zusätzliche kenianische Krankenversicherung vorlegen müssen, auch wenn sie bereits versichert sind.

Zugleich haben viele ausländische Airlines keine Landegenehmigung in Nairobi oder Mombasa, weil die Regierung die eigene Fluglinie Kenya Airways unterstützen möchte. Oft werden Flüge kurzfristig storniert. 1,5 Millionen Touristinnen und Touristen reisten im vergangenen Jahr in das ostafrikanische Land mit seinen rund 48 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Mehr als zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts macht der Tourismus aus, knapp zwei Millionen Jobs hängen daran.