George Santos
Reuters/Leah Millis
Skandale ohne Ende

Santos aus US-Repräsentantenhaus geworfen

Der republikanische Abgeordnete George Santos, angeklagt wegen Betrugs, muss das Repräsentantenhaus verlassen. Die Kongresskammer stimmte am Freitag mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit für einen Ausschluss des 35-Jährigen, der mit einer Reihe von Lügen und Betrugsvorwürfen bekanntwurde. Santos ist erst der sechste Abgeordnete der US-Geschichte, der aus dem Repräsentantenhaus ausgeschlossen wird.

Nicht jeder Mandatar des US-Repräsentantenhauses wird auch über seinen Wirkungskreis hinaus bekannt. Santos hingegen schaffte es – allerdings mit zweifelhaften Mitteln. Nun kann er erneut ein Alleinstellungsmerkmal in seinen ohnehin geschönten Lebenslauf einfügen: Am Freitag wurde der skandalumwitterte Abgeordnete im zweiten Anlauf aus seiner Parlamentskammer ausgeschlossen.

Der Rauswurf erfolgte zwei Wochen nach einem Bericht des Ethikausschusses der Kammer über Santos, der schwere Vorwürfe erhoben hat. Darin hieß es, es gebe „hinreichende Beweise“ dafür, dass Santos gegen das Strafrecht und andere Regeln verstoßen habe. „Der Abgeordnete Santos hat auf betrügerische Art versucht, jeden Aspekt seiner Kandidatur für das Repräsentantenhaus für seinen eigenen persönlichen finanziellen Profit auszunutzen.“

Santos habe zudem versucht, „anderen die Schuld für einen Großteil des Fehlverhaltens zuzuschieben“. Die mangelnde Ehrlichkeit des Abgeordneten sei besorgniserregend. Der Politiker habe mit seinem Verhalten „die Würde des Amtes“ verletzt und „das Repräsentantenhaus schwer in Verruf gebracht“.

Santos: Rauswurf aus US-Repräsentantenhaus

Das US-Repräsentantenhaus hat den wegen Betrugs angeklagten Abgeordneten George Santos hinausgeworfen. Die Kongresskammer stimmte mit Zweidrittelmehrheit für einen Ausschluss des 35-jährigen Republikaners, der zunächst mit einer Reihe von Lügen zu seinem Lebenslauf für Schlagzeilen gesorgt hatte.

Verheerender Bericht über Santos

Anfang November noch war ein Antrag eines republikanischen Abgeordneten auf einen Rauswurf von Santos gescheitert. Am Freitag wurde aber die nötige Zweidrittelmehrheit erreicht: 311 Abgeordnete von Republikanern und Demokraten stimmten für den Ausschluss von Santos, 114 Abgeordnete dagegen.

Santos sitzt erst seit Jahresbeginn im Repräsentantenhaus. Er war bei den „Midterms“, den Zwischenwahlen im vergangenen Jahr, für einen New Yorker Wahlkreis in das Repräsentantenhaus gewählt worden. In der Folge gab es immer neue Enthüllungen über bizarre Falschangaben des Politikers in Bezug auf seine Vergangenheit und Malversationen. US-Medien nannten ihn etwa Hochstapler und Politikerdarsteller.

Lügen im Lebenslauf

Zunächst wurde Santos etlicher Lügen in seinem Lebenslauf überführt. Die „New York Times“ hatte aufgedeckt, dass seine Behauptungen, ein „erfahrener Investor an der Wall Street“ gewesen zu sein, falsch waren. Auf Anfrage der Zeitung hatten angebliche Arbeitgeber mitgeteilt, Santos sei nie bei ihnen beschäftigt gewesen. Auch seinen Universitätsabschluss konnte die Zeitung nicht verifizieren.

Trotz seiner Angaben, für internationale Banken gearbeitet zu haben, hatte Santos bis vor einigen Jahren finanzielle Probleme, es gab mehrere Räumungsverfahren in New York. Später aber explodierten seine Einnahmen förmlich, glaubt man einem von Santos eingereichten Finanzbericht. Seine Firma, die Devolder Organization, habe 750.000 US-Dollar pro Jahr verdient und bis zu fünf Millionen US-Dollar an Ersparnissen gehabt.

Falsche Familiengeschichte

Wie er so schnell reich geworden sein will, ist offen. Die Bücher der Firma wiesen auch keine Kunden auf. Der 35-Jährige, mit vollem Namen George Anthony Devolder Santos, gab an, als Berater tätig gewesen zu sein. Anderslautende Vorwürfe gehen davon aus, er habe in den vergangenen Jahren für eine Firma gearbeitet, die ein Schneeballsystem betrieben habe. Auch die Verwendung verschiedener Namen schürte Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Santos.

Santos wurde zudem vorgeworfen, er habe die Öffentlichkeit über seine Familiengeschichte und einen angeblichen jüdischen Hintergrund getäuscht. Santos hatte auch behauptet, seine Mutter sei an Spätfolgen der Anschläge vom 11. September 2001 gestorben, was nicht stimmte, ebenso wenig wie die Behauptung, seine Großeltern hätten während des Zweiten Weltkrieges als ukrainische Juden in Belgien gelebt und seien später nach Brasilien geflohen.

US-Abgeordneter Santos ausgeschlossen

Der US-Abgeordnete George Santos wurde aus dem Repräsentantenhaus ausgeschlossen. Vorgeworfen wurden ihm unter anderem die Fälschung von Unterlagen, Verschwörung gegen die USA, Betrug, schwerer Identitätsdiebstahl, Geldwäsche und Diebstahl öffentlicher Gelder.

Santos soll zudem Geld veruntreut haben, das er für den kranken Hund eines Veteranen im Internet gesammelt hatte. Knapp 3.000 Dollar (rund 2.800 Euro) soll er 2016 für den damals Obdachlosen online gesammelt und sich danach mit dem Geld aus dem Staub gemacht haben.

Die Spur des Geldes

Gerade die Finanzen von Santos ließen in der Vergangenheit viele Fragen offen: Vor allem ist nicht klar, wie er sein vermeintliches Vermögen angehäuft hat, mit dem er seine Wahlkampagne finanziert haben will. Die obligatorischen Finanzberichte, die Santos dazu einreichte, trugen nur noch mehr zur Verwirrung bei. Denn diese Berichte gab es in mehreren Versionen. Woher die mehr als 700.000 Dollar für den Wahlkampf stammten, wurde nicht geklärt. Angebliche Wahlkampfspender wurden nicht gefunden.

Auch in Brasilien wurde die Justiz tätig, wo Santos einige Jahre nach der Highschool verbrachte. Dort soll er 2008 ein gestohlenes Scheckbuch benutzt haben, um Waren im Wert von 700 Dollar zu kaufen.

Anklage mit vielen Vorwürfen

Im Mai wurde Santos von der Bundesjustiz unter anderem wegen Betrugs, Geldwäsche, Diebstahls öffentlicher Gelder und falscher Angaben gegenüber dem Repräsentantenhaus angeklagt. Im Oktober wurde die Anklage unter anderem um Identitätsdiebstahl im Zusammenhang mit der Entwendung von Wahlkampfmitteln ausgeweitet. Santos plädierte vor Gericht auf nicht schuldig.

Santos gab sich als Anhänger des früheren US-Präsidenten Donald Trump. Der republikanische Vorsitzende der Kongresskammer, Kevin McCarthy, wollte die Causa eigentlich intern regeln. Nun aber stimmten genug Konservative für den Ausschluss von Santos – trotz der großen Anhängerschaft Trumps bei den Republikanern. Mit dem nunmehrigen Rauswurf muss eine vorzeitige Neuwahl über die Vergabe des freigewordenen Mandats entscheiden. Das gibt den Demokraten von Präsident Joe Biden die Chance, den Sitz zu gewinnen – und würde die knappe Mehrheit der Republikaner in der Parlamentskammer weiter schmälern.