Atomkraftwerk
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COP28

Staatenallianz für Ausbau der Atomkraft

20 Staaten wollen zum Wohle des Klimas die Energieerzeugung aus Atomkraft deutlich in die Höhe schrauben. Bis zum Jahr 2050 sollten die Kapazitäten verdreifacht werden, hieß es in einer am Samstag auf der Weltklimakonferenz veröffentlichten Erklärung, die unter anderem von den USA, Frankreich, Großbritannien sowie dem Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate unterzeichnet wurde.

Man halte fest, dass Atomkraft eine Schlüsselrolle dabei spiele, bis Mitte des Jahrhunderts Klimaneutralität zu erreichen und das 1,5-Grad-Ziel, mit dem die Weltgemeinschaft die schlimmsten Folgen der Erderwärmung verhindern will, im Rahmen des Möglichen zu halten, heißt es in der Erklärung. Andere Länder seien aufgerufen, sich anzuschließen, und Geldgeber, in den Ausbau von Atomkraft zu investieren.

Verlangt wurde von der Staatengruppe, die installierte Leistung der AKWs weltweit bis 2050 zu verdreifachen – verglichen mit dem Stand von 2020. Verbreitet wurde die Erklärung durch den US-Klimabeauftragten John Kerry. Zu den Unterzeichnern zählen auch Belgien, Finnland, Japan, Polen, Schweden und die Ukraine, nicht aber Russland und China, die ebenfalls über eine größere Zahl von Atomkraftwerken verfügen.

Kerry: Atomkraft wichtig für Klimaneutralität

Auf der Klimakonferenz (COP28) haben rund 20 Staaten mehr Atomkraft gefordert. Die installierte Leistung der AKWs soll demnach weltweit bis 2050 verdreifacht werden – verglichen mit dem Stand von 2020. Verbreitet wurde die Erklärung durch den US-Klimabeauftragten John Kerry.

Kerry: Atomkraft entscheidend für Klimaneutralität

Kerry verwies auf Aussagen aus der Wissenschaft, wonach Klimaneutralität bis 2050 ohne Atomkraft „nicht erreichbar ist“. In der Erklärung wird auch gefordert, dass internationale Finanzinstitutionen den Ausbau der Atomkraft fördern sollen. Das ist teilweise derzeit in deren Statuten ausgeschlossen.

Weltklimakonferenz

Bei der Conference of the Parties (COP) kommen die EU und die 197 beteiligten Staaten zusammen, die 1992 in Rio de Janeiro die UNO-Rahmenkonvention zum Klimawandel unterzeichnet haben. Die COP findet jährlich in einer anderen Stadt statt, die zweiwöchigen Verhandlungen dienen der Formulierung eines Beschlusstextes.

Es handelt sich um einen freiwilligen Aufruf der Länder, der im Rahmen der offiziellen Verhandlungen auf der COP28 unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen keinesfalls bindend ist. Ihr Ziel ist es, alternative Energien zu fossilen Brennstoffen zu fördern und Argumente zu liefern, um das Ende von Öl, Kohle und Gas in einem Abschlussabkommen verhandeln zu können.

Umweltschützer und -schützerinnen würden einen Übergang ohne Atomkraft bevorzugen und weisen auf das Problem der Abfälle und der Sicherheit hin. Masayoshi Iyoda von der Umweltorganisation 350.org verurteilte umgehend die Nutzung einer „gefährlichen“ Energie. „Wir haben bereits billigere, sicherere, demokratischere und schnellere Lösungen für die Klimakrise: erneuerbare Energien und Energieeffizienz.“

Umweltschützer halten dagegen

Reinhard Uhrig, Atomexperte von Global 2000, hielt bereits im Vorfeld der COP fest: „Viele der Behauptungen der Atomindustrie halten einem sachlichen Faktencheck auf Basis von seriösen Quellen wie der Internationalen Energieagentur oder dem Weltbericht der Atomindustrie nicht stand. Auch die Ankündigungen von ‚neuen‘ oder ‚modularen‘ Reaktorkonzepten (SMR und Kernfusion) kommen in der für die Klimakrise relevanten nächsten Dekade zu spät – falls sie überhaupt jemals serienreif werden, denn das ist nach Angaben der Nuclear Energy Agency der Internationalen Energieagentur fraglich.“

Zudem würde nach aktuellen Daten der Internationalen Energieagentur Strom aus Atomkraft mehr als doppelt so viel wie Strom aus modernen Erneuerbaren wie Wind und Solar kosten, „selbst wenn man die Kapazitäts- und Flexibilitätskosten der variablen Einspeisung der Erneuerbaren einberechnet“.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris bei der Klimakonferenz in Dubai
AP/Rafiq Maqbool
US-Vizepräsidentin Kamala Harris sprach am Samstag bei der COP28

120 Staaten wollen Energie aus Erneuerbaren verdreifachen

Fast 120 Staaten unterstützen in Dubai das Ziel, die Energieerzeugung aus Erneuerbaren bis 2030 zu verdreifachen. „Ich rufe alle Staaten dazu auf, so schnell wie möglich an Bord zu kommen“, sagte der Präsident der Weltklimakonferenz aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Sultan Ahmed al-Dschaber.

Neben dem Erneuerbaren-Ziel setzen sich die fast 120 Länder – darunter die EU-Staaten – dafür ein, bis zum Jahr 2030 die Rate der Energieeffizienz von rund zwei Prozent auf mehr als vier Prozent zu steigern. Das bedeutet, dass zur Produktion von Gütern oder Leistungen weniger Energie notwendig werden soll.

„Das Versprechen von über 100 Ländern, den Ausbau von erneuerbaren Energien wie Sonne, Wind und Wasser voranzutreiben und gleichzeitig Energie sparsam zu nutzen, ist zu begrüßen“, reagierte Greenpeace Österreich. Gleichzeitig müsse diese Entscheidung Eingang in das Verhandlungspapier finden, gepaart mit einem Bekenntnis zum Ausstieg aus fossilen Energien. „Nur dann kann die Klimakonferenz in Dubai ein Erfolg werden“, sagte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace.

Umkämpfter Ausstieg aus fossiler Energie

Strittig ist dagegen, ob sich die Staaten im Rahmen der Weltklimakonferenz auf einen weltweiten Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas einigen können. Gastgeber Dschaber warb für eine Erklärung, der sich 50 Öl- und Gaskonzerne angeschlossen haben, die nach eigenen Angaben ihre eigenen Aktivitäten bis spätestens 2050 klimaneutral gestalten wollen. Germanwatch bezeichnete das als „Greenwashing in Reinform“. Kritik kam auch von Greenpeace Österreich. „Das Letzte, was die Welt braucht, ist ein weiteres leeres Versprechen der Öl- und Gasindustrie, sich zu bessern.“

Papst-Appell: Zukunft aller hängt von Gegenwart ab

Papst Franziskus hat indessen an die Weltgemeinschaft appelliert, beim Kampf gegen den Klimawandel nationale Egoismen zu überwinden. Wie nie zuvor hänge die Zukunft aller von der Gegenwart ab, „für die wir uns entscheiden“, sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche in einer Rede, die Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am Samstag in Dubai vortrug. Franziskus hatte seine Reise dorthin aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen müssen.

Mit dem Bestreben zu produzieren und zu besitzen sei die Umwelt zum Objekt ungezügelter Ausbeutung gemacht worden, kritisierte der Papst. „Das verrückt gewordene Klima klingt nach einem Warnsignal, einen solchen Allmachtswahn zu stoppen.“ Die Welt erlebe „starre, wenn nicht gar unbeugsame Positionen“, die dazu tendierten, die eigenen Gewinne und die der eigenen Unternehmen zu schützen. Der Ausweg sei „der Weg des Miteinanders, der Multilateralismus“.