Zerstörung in Rafah, Gaza
Reuters/Mohammed Salem
Augenzeugen

Israelische Panzer in Südgaza

Israels Militär hat seine Bodenoffensive gegen die islamistische Hamas auf den gesamten Gazastreifen ausgeweitet. Montagvormittag wurden Zeugen zufolge israelische Panzer im Süden gesichtet. Der Fokus der israelischen Armee liegt auf der Stadt Chan Junis, wo sich Medienberichten zufolge führende Hamas-Mitglieder verstecken sollen.

Israels Streitkräfte griffen nach eigenen Angaben in der Nacht auf Montag im Gazastreifen 200 Ziele der Hamas an. Sonntagabend hatte Armeesprecher Daniel Hagari die Ausweitung der Bodenoperationen auf den gesamten Gazastreifen bestätigt. Montag drangen Zeugen zufolge Dutzende israelische Panzer, Truppentransporter und Bulldozer auf Höhe von Chan Junis in den südlichen Gazastreifen ein. Die Taktik im Süden des Gazastreifens soll der im Norden ähneln.

„Wir haben im nördlichen Gazastreifen stark und gründlich gekämpft und wir tun es jetzt auch im südlichen Gazastreifen“, teilte Generalstabschef Herzi Halevi mit. Im Norden seien die militärischen Ziele fast erreicht, vollständig abgeschlossen sei der Einsatz aber noch nicht, hieß es.

Medien: Hamas-Chefs in Chan Junis vermutet

Der aktuelle Fokus der Einsätze liegt auf dem Süden und hier vor allem auf Chan Junis. Die Armee vermutet laut israelischen Medien, dass sich hochrangige Hamas-Führer in dem Gebiet versteckt halten, darunter Hamas-Führer Jahja Sinwar und Mohammed Deif, Chef des militärischen Armes der Organisation.

Angriffe im ganzen Gazastreifen

Israel greift im Kampf gegen die Hamas Ziele im gesamten Gazastreifen an. Auch im Süden Gazas sollen mittlerweile Bodentruppen im Einsatz sein. Millionen Binnenflüchtlinge finden keinen sicheren Ort.

Das israelische Militär veröffentlichte eine Karte, auf der etwa ein Viertel von Chan Junis zur sofortigen Evakuierung gelb markiert ausgewiesen war. Drei Pfeile wiesen nach Westen und Süden, um den Menschen anzuzeigen, sich weiter Richtung Mittelmeer oder zur ägyptischen Grenze zu begeben.

Hunderttausende geflüchtet

Neben der lokalen Bevölkerung halten sich Hunderttausende Menschen in Südgaza auf, die vor den Kämpfen aus dem Norden geflohen sind. Die israelische Armee wies Vorwürfe von Hilfsorganisationen zurück, den Hunderttausenden Zivilistinnen und Zivilisten im völlig überfüllten Süden des abgeriegelten Küstenstreifens werde nicht genug Zeit gegeben, sich vor Angriffen in Sicherheit zu bringen.

Armeesprecher Jonathan Conricus betonte, dass die Streitkräfte die palästinensische Zivilbevölkerung nicht aus Gaza vertreiben wollten. Das Militär habe Zivilistinnen und Zivilisten zum Verlassen des Kampfgebiets aufgefordert und dafür eigens eine „humanitäre Zone innerhalb des Gazastreifens“ eingerichtet. Dabei handelt es sich um ein kleines Küstengebiet um den Ort al-Mawasi. Dem Militär sei „durchaus bewusst, dass der Platz und der Zugang begrenzt“ seien, so Conricus.

Rotes Kreuz fordert Schutz der Zivilbevölkerung

Der Sprecher des UNO-Kinderhilfswerks (UNICEF), James Elder, hatte die israelischen Angriffe scharf kritisiert. Im Süden finde ein „Blutbad“ statt. Die Angaben über „sichere Zonen“ für die Bevölkerung in Gaza bezeichnete Elder als „Falschdarstellung“. Auch die USA forderten von ihrem engen Verbündeten Israel einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung. Nach UNO-Angaben wurden seit Kriegsbeginn rund 1,7 Millionen Menschen im Gazastreifen vertrieben.

Die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric, forderte sowohl den Schutz von Zivilpersonen „im Einklang mit dem Kriegsrecht“ und den ungehinderten Zugang von Hilfstransporten als auch den Zugang ihrer Organisation zu den von der Hamas festgehaltenen israelischen Geiseln. „Das Ausmaß des menschlichen Leids ist unerträglich“, sagte sie.

Reaktion auf Terrorangriff

Auslöser des Krieges war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt haben. Auf israelischer Seite wurden etwa 1.200 Menschen getötet und rund 240 Geiseln nach Gaza verschleppt.

Palästinenser kochen im Khan-Younis-Flüchtlingscamp zwischen zerstörten Häusern
Reuters/Mohammed Salem
Chan Junis: Israels Militär nimmt verstärkt Ziele in Südgaza ins Visier

Laut den von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden wurden in Gaza seit Kriegsbeginn über 15.500 Menschen getötet. Die Angaben lassen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen. Das israelische Militär verzeichnete im Rahmen seiner Operation nach eigenen Angaben bisher 76 Tote in den eigenen Reihen.