Ärztin: Junge Geiseln nach Freilassung wie „Schatten von Kindern“

Israelische Kinder und Jugendliche haben laut einer Kinderärztin direkt nach ihrer Freilassung aus der Hamas-Geiselhaft nur noch wie „Schatten von Kindern“ gewirkt. Efrat Bron-Harlev, Leiterin des Schneider-Kinderkrankenhauses bei Tel Aviv, sagte gestern, die jungen Freigelassenen seien anfangs sehr eingeschüchtert gewesen. In der ersten Zeit im Krankenhaus hätten viele von ihnen kaum gesprochen oder nur geflüstert. „Ein Junge hat gefragt, ob er aus dem Fenster schauen darf.“

Viele hätten während der Geiselhaft wochenlang nicht duschen können. Ärzte berichten von Misshandlungen durch die Geiselnehmer, viele Kinder und Jugendliche seien stark unterernährt gewesen. Teilweise seien sie unter Drogen gesetzt worden.

Nach dem ersten Lächeln seien viele Fragen vonseiten der Kinder gekommen und viele Geschichten aus der Zeit als Geiseln. „Viele Geschichten, die man sich kaum vorstellen kann.“ Ein dreijähriges Mädchen habe von einem „roten Mann“ erzählt, den sie gesehen habe. Dabei habe es sich um einen blutüberströmten Bekannten gehandelt.

„Unvorstellbar“

Einer 13-Jährigen hätten die Hamas-Entführer gesagt, niemand suche nach ihr und sie sei allen egal. Sie müsse nun erst einmal das Vertrauen in ihre Eltern wiedergewinnen. Das Ärzteteam habe sich gefragt, wie man dafür sorgen könne, „dass diese Erinnerung sie in 40 oder 50 Jahren zu besseren und stärkeren Menschen macht, und dass es keine Erinnerung sein wird, die ihr Leben zerstört“.

Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen hatten am 7. Oktober in Israel mehr als 1.200 Menschen getötet und rund 240 Geiseln verschleppt. Insgesamt seien bisher 36 Kinder und Jugendliche freigekommen und behandelt worden, sagte Bron-Harlev. „Was diese Kinder durchgemacht haben, ist unvorstellbar.“ Man müsse ihnen nun dabei helfen, „sich von dieser Katastrophe zu erholen“.