Schüler in Klassenzimmer
ORF/Ákos Heves
PISA-Studie

Schüler schnitten in Mathe schlechter ab

Die heimischen Ergebnisse der ersten PISA-Studie nach der Coronavirus-Pandemie haben sich im Vergleich zu früheren Erhebungen der OECD verschlechtert. In den Naturwissenschaften blieben die Leistungen stabil, beim Lesen und in Mathematik schnitten die Schüler und Schülerinnen schlechter ab als 2018. Das Minus war aber deutlich geringer als im OECD-Schnitt. Großen Einfluss auf die Leistung hat weiterhin die Herkunft der Jugendlichen.

Weltweit wurden für die Studie „Programme for International Student Assessment“ (PISA) rund 690.000 Schüler und Schülerinnen im Alter von 15 und 16 Jahren getestet. In Österreich waren 6.200 Jugendliche aus über 300 Schulen (AHS, BMHS, Mittelschulen, Polytechnische Schulen, Berufsschulen, Sonderschulen) dabei. In Österreich wurde der Test wie in der Mehrzahl der Teilnehmerstaaten ausschließlich am Computer durchgeführt und dauerte zwei Stunden, für das Ausfüllen eines Fragebogens war noch einmal eine knappe Stunde veranschlagt.

Wegen der Pandemie musste die jüngste Version um ein Jahr verschoben werden. Schwerpunktthema mit besonders vielen Fragen war diesmal Mathematik. Österreich nahm für PISA 2022 außerdem erstmals am Testteil zu „Financial Literacy“ teil. Ergebnisse für diesen Teil gibt es erst 2024.

PISA-Studie

Für PISA werden alle drei Jahre die Kompetenzbereiche Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften abgefragt. Nicht Faktenwissen steht im Fokus, sondern die Anwendung bestimmter Kompetenzen auf praxisnahe Aufgaben.

Deutlicher Rückgang in Mathematik

Im Haupttestgebiet Mathematik sank der Wert in den teilnehmenden OECD-Mitgliedsstaaten von 489 Punkten (2018) auf 472. Das wird als signifikanter Rückgang gewertet. Denn bei den bisherigen PISA-Studien schwankte in Mathematik das Ergebnis dagegen nie mehr als vier Punkte gegenüber der vorherigen Erhebung. In Österreich sank der Wert zwar auch, und zwar von 499 auf 487 Punkte, allerdings war der Rückgang damit auch deutlich geringer als im OECD-Schnitt.

Im Lesen waren die Rückgänge geringer ausgeprägt: Der OECD-Mittelwert sank von 487 (2018) auf 476 Punkte. Bei den bisherigen PISA-Studien waren beim Lesen nur Schwankungen von fünf Punkten gegenüber der vorherigen Erhebung zu beobachten. Auch hier war der Rückgang in Österreich geringer – hierzulande erreichten die Jugendlichen nach 484 Punkten im Jahr 2018 nun 480 Punkte. Laut OECD ist das Minus in Österreich statistisch nicht signifikant.

Grafik zum PISA-Test 2022
Grafik: APA/ORF; Quelle: OECD

Praktisch gleich blieben die Werte in den Naturwissenschaften. Der OECD-Mittelwert sank um statistisch nicht signifikante vier Punkte von 489 auf 485 Punkte. In Österreich stieg der Wert. Die Jugendlichen erreichten nach 490 Punkten im Jahr 2018 vier Jahre später 491 Punkte.

Mathematikwissen litt unter CoV am meisten

International die besten Werte weist mit Abstand in allen Testbereichen Singapur auf (Mathematik: 575 Punkte, Lesen: 543, Naturwissenschaften: 561), es folgen Japan und Südkorea, Europachampion ist Estland. Die unterschiedlichen Ergebnisse je nach Testgebiet erklären sich Fachleute der OECD bzw. in Österreich damit, dass sich Schulschließungen während der Coronavirus-Pandemie vor allem in der Mathematik negativ ausgewirkt haben könnten. In diesem Fach sei besonders viel Erklärungsaufwand durch Lehrkräfte nötig.

ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek interpretierte das Ergebnis am Dienstag als Erfolg. Österreich sei im Vergleich zu anderen Ländern besser durch die Coronavirus-Krise gekommen. Das führte er auf Maßnahmen wie Sommerschule und umfassende Förderungen zurück. Insgesamt sieht er das Abschneiden als „durchaus erfreulich“ an.

Die Pandemie habe die Ergebnisse insgesamt nicht dramatisch beeinflusst, hob OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher hervor. Der Leistungsrückgang sei in vielen Ländern schon davor absehbar gewesen. Ein wichtiger Faktor sei zudem, dass die Schüler und Schülerinnen von weniger Unterstützung durch Lehrpersonal und Eltern und gleichzeitig zunehmende Ablenkung durch digitale Endgeräte berichten. Einige Länder hätten aber trotz der Pandemie ihre Leistungen sogar verbessern können.

Leistungsunterschied größer geworden

Die Leistungen sind das eine, die Gründe für Erfolg oder Misserfolg das andere. Laut der PISA-Studie gehört Österreich weiterhin zu jenen OECD-Ländern, in denen der sozioökonomische Hintergrund (Bildung und Beruf der Eltern, materieller Wohlstand) einen noch stärkeren Einfluss auf die Leistungen der Jugendlichen hat als im Schnitt der anderen OECD-Staaten.

Die Schüler und Schülerinnen aus dem Viertel mit dem höchsten sozioökonomischen Status haben dabei im Schwerpunktfach Mathematik um 106 Punkte mehr erreicht als jene aus dem niedrigsten Viertel. In Österreich ist der Leistungsunterschied im Vergleich zur letzten PISA-Studie sogar größer geworden, weil die Leistung der Schüler und Schülerinnen mit den ungünstigsten Voraussetzungen etwas zurückfiel, während die Ergebnisse der Schüler mit den günstigsten Lernvoraussetzungen gleich blieben.

Insgesamt lassen sich 20 Prozent der Leistungsunterschiede heimischer Schüler in Mathematik mit dem sozioökonomischen Hintergrund erklären, im OECD-Schnitt sind es 15 Prozent. In die Gruppe der Schüler und Schülerinnen mit den Topresultaten schaffen es nur acht Prozent der Jugendlichen mit den schwierigsten Lernvoraussetzungen, im OECD-Schnitt waren es zehn Prozent.

Soziale Herkunft entscheidend

Signifikant schlechtere Ergebnisse liefern auch Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund, wobei die Hälfte darunter gleichzeitig aus einer Familie mit besonders geringen Ressourcen kommt und 75 Prozent angegeben haben, daheim nicht die Unterrichtssprache zu nutzen. In Mathematik erreichten sie diesmal um 58 Punkte weniger als ihre Altersgenossen mit Eltern, die in Österreich geboren wurden (505) – ähnlich groß ist der Unterschied nur in Belgien, Finnland, Deutschland, den Niederlanden, Slowenien und Schweden.

Vergleicht man nur Schüler und Schülerinnen mit demselben sozioökonomischen Hintergrund miteinander, bleibt immer noch ein signifikanter Unterschied von 25 Punkten. Beim Lesen beträgt die Differenz 65 bzw. 30 Punkte. In Österreich waren laut OECD-Definition 27 Prozent der österreichischen Schüler und Schülerinnen Migranten, hatten also Eltern, die im Ausland geboren wurden. Bildungsminister Polaschek betonte, dass er die sozioökonomischen Benachteiligungen etwa über die in der fünften Schulstufe zur Verfügung gestellten digitalen Endgeräte bekämpfen will.

Vergleichsweise geringer, aber immer noch signifikant sind die Leistungsunterschiede nach Geschlecht: Während die Burschen in der Mathematik die Nase vorne hatten (497 gegenüber 478 Punkte), schnitten die Mädchen beim Lesen besser ab (491 gegenüber 470). In Mathematik gehört Österreich mit dem Abstand von 19 Punkten mit Costa Rica, Peru, Macao (China), Chile und Italien zu den Ländern mit der größten Geschlechterkluft, der Schnitt liegt bei neun Punkten. Beim Lesen liegen die Mädchen im OECD-Schnitt um 24 Punkte vorn.