Elon Musk Feed auf „X“
IMAGO/Jaap Arriens
Weg von X

Musk und sein Problem mit Werbekunden

Im Herbst 2022 hat US-Milliardär Elon Musk Twitter übernommen, seit Juli heißt der Textnachrichtendienst X. Musk hat sich seither bei Nutzerinnen und Nutzern, vor allem aber auch bei großen Werbekunden mit seinem Kurs nicht nur Freunde gemacht. Mehrere haben X den Rücken gekehrt, darunter Apple, IBM und Disney, wie US-Medien berichteten, auch deutsche Großkonzerne wie BASF und VW schalten keine Werbung mehr, weitere dürften folgen. Musk trägt mit wenig charmanten Kommentaren nicht unbedingt zur Deeskalation bei.

Laut einem Bericht des „Handelsblatts“ vom Mittwoch plant aktuell auch der Lebensmitteldiscounter Aldi Nord, sich mit 2024 von X zu verabschieden, wie es bereits mehrere große deutsche Konzerne zuvor getan hatten. Aldi sei kein Einzelfall, schrieb die deutsche Wirtschaftszeitung.

Eine Umfrage unter den 40 im deutschen Börsenindex DAX gelisteten Unternehmen „und 20 größten Werbetreibenden“ aus Deutschland zeige: Nur wenige darunter planten noch Werbeetats für X ein, „immer mehr geben ihre Präsenz bei dem Kurznachrichtendienst sogar vollständig auf“. Acht hätten ihre Werbung auf X gestoppt, fünf sie ausgesetzt, andere werben bereits länger nicht mehr in dem Kurznachrichtendienst.

„Sicherheit der Werbeumgebung“

Der Grund sei: Seit Tech-Milliardär (Tesla, Space-X) Musk X übernommen hatte, fürchteten Firmen um ihre Marke, vereinfacht gesagt wegen möglicher Kollateralschäden, wenn neben dieser bedenkliche Kommentare auftauchten. Der Chemiekonzern Covestro etwa, so das „Handelsblatt“, habe entsprechend Bedenken „hinsichtlich der Sicherheit der Werbeumgebung“ angemeldet und seine Anzeigen Mitte des Jahres auslaufen lassen.

Elon Musk
IMAGO/Jaap Arriens
Musk hat sich seit der Übernahme von X (Twitter) nicht nur Freunde gemacht

Auch für Aldi Nord war der Anlass laut dem Bericht sehr konkret: In einer Werbung für das Weihnachtssortiment vom Oktober zeigte der Lebensmitteldiskonter ein schwarzes männliches Model. Es hagelte rassistische Kommentare (die immer noch nachzulesen sind), angefangen von „widerlich“ und „krank“ bis zur Feststellung, Aldi Nord habe offensichtlich eine „andere Zielgruppe als Deutsche“. Der Diskonter zog die Bremse, da X „Diskussionen nicht mehr ausreichend moderiere“, schrieb das „Handelsblatt“ am Mittwoch.

Auch das Weiße Haus schaltete sich ein

Auch für den Abgang der ersten großen US-Werbekunden hatte es einen konkreten Anlass gegeben. Antisemitische Kommentare tauchten auf und blieben unmoderiert, Musk selbst stimmte einem noch zu. Selbst das Weiße Haus schaltete sich ein und kritisierte den Milliardär scharf. „Wir verurteilen diese abscheuliche Förderung von antisemitischem und rassistischem Hass auf das Schärfste", wurde damals ein Sprecher von US-Präsident Joe Biden zitiert. Das „widerspricht unseren Grundwerten als Amerikaner“.

Anlass der „Debatte“ auf X war eine abstruse rechtsextreme Verschwörungstheorie, nach der Juden einen heimlichen Plan verfolgten, illegale Migranten in westliche Länder zu bringen, um die weißen Mehrheiten dort zu schwächen. Bidens Sprecher Andrew Bates erklärte, es sei „inakzeptabel“, diese „grässliche Lüge“ zu wiederholen. Auch die EU-Kommission schaltete sich wegen der Verbreitung von Desinformation zum Konflikt im Nahen Osten nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober ein.

„Wenn jemand versucht, mich zu erpressen“

Musk holte Ende November auf einer Konferenz der „New York Times“, dem DealBook Summit 2023, zum Rundumschlag gegen abtrünnige Werbekunden aus. „Wenn jemand versucht, mich mit Anzeigen zu erpressen? Mich mit Geld zu erpressen? Go fuck yourself!“ Seine Fans würden die abgesprungenen Werbekunden boykottieren, wurde Musk damals etwa im US-TV-Sender CNBC zitiert. Die „ganze Welt“ werde es wissen, wenn diese Unternehmen Twitter ruinierten. Musk hat auf X über 163 Mio. Follower.

Ende November schrieb die „New York Times“, X könnte bis Jahresende bis zu 75 Mio. Dollar (rund 69 Mio. Euro) an Werbeeinnahmen verlieren. Laut dem Bericht hatten bis dahin zahlreiche weitere Unternehmen ihre Zusammenarbeit mit X gestoppt bzw. würden das in Erwägung ziehen, darunter Airbnb, Amazon, Coca-Cola und Microsoft. Die BBC stellte am Wochenende die Frage, ob ein zunehmender Boykott X in den Bankrott treiben könnte. Musk schloss das laut dem Bericht des britischen Senders nicht dezidiert aus. Er hatte X, damals noch Twitter, 2022 für 44 Mrd. Dollar (rund 40,7 Mrd. Euro) übernommen.